Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
Gelegenheit nutzte, um Rebecca zur Seite zu nehmen und mit ihr über Nigel Jennings zu sprechen.
Doch dem war nicht so. Wie sich herausstellte, zog die Königsfamilie es vor, in ihren Privatgemächern zu dinieren, die ganz in der Nähe lagen, und von dort aus dem Orchester zu lauschen. Nigel hatte zwar gesagt, dass es eine Weile dauern könnte, bis der Prinz das Gespräch mit ihr suchte, was anfangs auch akzeptabel war, aber so langsam regte sich Unruhe in Rebecca, weil sie in der Zwischenzeit im Besitz wichtiger Neuigkeiten war.
Wenngleich Rebecca entschieden hatte, Nigel zu helfen, würde sie erst dann die Informationen an ihn weitergeben, wenn der Prinz ihr bestätigt hatte, dass er auf königliches Geheiß agierte. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als sich an Rupert zu wenden, dem sie mehr Vertrauen entgegenbrachte. Immerhin war sein Onkel der Duke of Norford. Rupert würde mit Sicherheit wissen, ob das, was sie herausgefunden hatte, für Nigel von Bedeutung war.
Rebecca ärgerte sich, ihre Begegnung in der Bond Street nicht dafür genutzt zu haben. Stattdessen hatte sie Anstoß daran genommen, dass er sie auf eine höchst plumpe Art aus horchen wollte. Ganz zu schweigen davon, dass es ihm mit seiner unwiderstehlichen Charmeoffensive gelungen war, sie vollkommen aus dem Konzept zu bringen. Wie töricht sie sich doch verhalten hatte! Jetzt hatte sie keine andere Wahl, als sich auf die Suche nach ihm zu machen.
Zum wiederholten Mal ließ Rebecca ihren Blick durch den Raum schweifen. Vergebens, er war nicht unter den geladenen Gästen. Ob er schon von dem Besuch seiner Mutter zurückgekehrt war? Oder hatte er womöglich seine Meinung geändert und kam gar nicht wieder? Die Erkenntnis, dass er nur vorübergehend im Palast wohnte und dieser Besuch jederzeit enden konnte, war niederschmetternd.
Mit jedem Bissen wuchs Rebeccas Panik, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte. Was, wenn Sarah ein Komplott mit Lord Alberton schmiedete, das die beiden noch heute in Gang setzten? Die Vielzahl von Möglichkeiten brachte Rebecca während des Essens an den Rand des Wahnsinns. Als sie anschließend auf dem Rückweg in ihr Zimmer war und in einem Korridor John Keets begegnete, der dort Wache schob, hielt sie es nicht länger aus und bat ihn um Hilfe.
John war mehr als hilfsbereit. Nein, erklärte er ihr mit stolzgeschwellter Brust, der Marquis hätte das Gästezimmer noch nicht geräumt. Ja, er könnte ihr den Weg zu Lord Ruperts Gemach zeigen. Allerdings zögerte er ein wenig, als sie ihn bat, sie dort hinzubringen. Sogleich versicherte Rebecca ihm, dass sie nicht lange bleiben würde. Sie wollte nicht, dass John ein falsches Bild von ihr bekam. Der Diener warf ein, dass Lord Rupert womöglich noch gar nicht zurück war, dazu war es zu früh. Zu früh? Es war bereits zehn Uhr durch. Oder wusste John etwas, das er vor einer unschuldigen Hofdame lieber nicht ausbreiten wollte? Konnte es sein, dass Rupert sich gerade mit einer Gespielin zwischen den Laken wälzte? Das würde zumindest seine Abwesenheit während des Essens erklären.
Bis zu Ruperts Gemach war es ein weiter Weg. Rebecca war John sehr dankbar, dass er sie begleitete. Als sie Licht unter der Tür sah, bedankte sie sich bei ihm, woraufhin der sich umgehend entfernte.
Rebecca klopfte zaghaft an. Keine Antwort. Auch ihr zweiter Versuch war erfolglos. War Rupert womöglich eingeschlafen und hatte vergessen, das Licht zu löschen? Rebecca klopfte abermals, dieses Mal allerdings wesentlich lauter. Mit jedem Augenblick wuchs ihre Ungeduld. Er musste doch da sein! Es stand außer Frage, dass sie noch lauter klopfte oder mit den Fäusten gegen die Tür trommelte. Was sollte sie sagen, wenn einer der Nachbarn seinen Kopf zur Tür herausstreckte oder ein Bediensteter sah, wie sie zu so später Stunde an das Gemach eines Mannes klopfte? Es war zum Heulen! Aber wenigstens wusste sie jetzt, wo sich sein Gemach befand.
Betrübt darüber, dass sie das, was sie belastete, nicht loswerden konnte, wandte Rebecca sich um. Sie gab sich größte Mühe, die Enttäuschung darüber, dass sie Rupert nun doch nicht noch einmal zu Gesicht bekam, herunterzuschlucken. Besonders schmerzlich war dieser Umstand, weil er ihr unmissverständlich klargemacht hatte, dass seine Tage im Palast gezählt waren. Hinzu kam die Wichtigkeit der Informationen, die sie ihm mitteilen wollte. Es stand ihr natürlich frei, im Laufe der Nacht noch einmal herzukommen - nein, das war keine gute Idee. Wie
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