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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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mir etwas weniger Albernes anzuziehen, Katzenwäsche zu machen und in die Stadt zu gehen.
    Weymouth gefiel mir viel besser, als ich erwartet hatte. Es erhebt aus zweierlei Gründen Anspruch auf Ruhm. 1348 hatte hier die Pest ihre englische Premiere, und 1789 wurde es der Welt erstes Seebad, als dieser dröge George III. die Mode einführte, im hiesigen Meer zu baden. Heute versucht die Stadt, die Atmosphäre georgianischer Eleganz zu bewahren. Durchweg erfolgreich. Trotzdem durchwehte sie wie die meisten Seebäder ein Hauch von unabwendbarem Niedergang, jedenfalls, was den Tourismus betraf. Das Gloucester Hotel, in dem George und seine Entourage immer residierten (damals war es ein Privathaus), hatte gerade erst geschlossen, und nun besaß Weymouth kein einziges anständiges großes Hotel mehr. Was für ein trauriger Mangel in einem alten Seebad. Aber ich freue mich, berichten zu können, daß es eine ganze Menge guter Pubs und ein außerordentlich gutes
    Restaurant, Perry’s, gibt, und zwar allesamt in dem herausgeputzten Hafenviertel, wo Fischerboote auf dem Wasser schaukeln und eine flotte Seefahreratmosphäre herrscht und man immer meint, daß gleich Popeye um die Ecke biegt. Im Gegensatz zu den Pubs in Lulworth war Perry’s gutbesucht und fröhlich, und meine Lebensgeister kehrten zurück. Ich speiste Miesmuscheln aus heimischem Fang, aus Poole – nach drei Tagen harter Laufarbeit war es ein Schock, daß Poole immer noch »heimisch« war –, und einen höchst lobenswerten Seebarsch und zog mich danach in ein dunkles Pub mit niedriger Decke zurück, in dem man eigentlich einen dicken Pullover aus Arranwolle und eine Kapitänsmütze tragen sollte. Ich fühlte mich sauwohl und trank so viel, daß mir die Füße nicht mehr weh taten.
    Im Westen Weymouths erstreckt sich der fünfzig Meilen lange Bogen der Lyme Bay. Da aber die Gegend direkt westlich der Stadt absolut nichts Besonderes oder Markantes hat, nahm ich ein Taxi nach Abbotsbury und begann meine Wanderung auf der Mitte des Chesil Beach. Er bestand aus großen Verwehungen kleiner, nieren-förmiger Kiesel, die die Meereswellen in Millionen Jahren gleichmäßig glatt geschliffen haben. Man kann kaum darüber laufen, weil man mit jedem Schritt knöcheltief einsinkt. Der Küstenpfad direkt hinter dem Strand verläuft zwar auf festerem Grund und Boden, aber man kann nicht über die Steindünen schauen. Man hört nur, wie das Meer auf der anderen Seite an den Strand kracht und unablässig Kieselsteine ans Ufer klappern läßt. Der langweiligste Spaziergang, den ich je gemacht habe. Bald begannen sich auch meine Blasen bemerkbar zu machen. Eigentlich kann ich Schmerzen aller Art ertragen, aber Blasen finde ich äußerst unerquicklich. Als ich West Bay erreichte, war ich reif für ein nettes Essen im Sitzen.
    West Bay ist ein komisches kleines Nest, wie Kraut und Rüben in einer Dünenlandschaft verstreut. Es hatte etwas von der Atmosphäre einer Goldgräberstadt, als sei es eiligst aus dem Boden gestampft worden. Ich ging auf Jagd nach einem Lokal und stieß auf ein unscheinbares Etablissement namens Riverside Café. Als ich die Tür öffnete, fand ich mich allerdings in einem außergewöhnlichem Ambiente wieder. Hier war der Bär los. Durch die Luft schrillten Wortfetzen und Geplapper, als wäre man in London, und die Gäste sahen alle aus, als seien sie gerade einer Ralph-Lauren-Werbung entsprungen: Pullover lässig über die Schultern geschlungen, Sonnenbrillen ins Haar geschoben. Als sei ein kleines Stück Pulham oder Chelsea wie durch Zauber an diese gottverlassene Küste Dorsets geweht worden.
    Ein solches Tempo habe ich jedenfalls noch nie in einem Restaurant außerhalb Londons erlebt. Kellner und Kellnerinnen wieselten umher, um den augenscheinlich unerschöpflichen Bedarf der Gäste nach Essen und vor allem Wein zu befriedigen.
    Normalerweise mache ich mir nicht viel aus Lunch, aber das Essen roch so wunderbar, und das Drum und Dran war so anregend, daß ich zuschlug wie ein Berserker. Als Vorspeise gönnte ich mir eine Hummer-Jakobsmuschel-Terrine, dann ein exquisites Seebarsch-Filet mit grünen Bohnen und einem Berg Pommes frites, zwei Glas Wein und als krönenden Abschluß Kaffee und ein fettes Stück Käsekuchen. Der Besitzer, ein richtig netter Mann namens Arthur Watson, wanderte zwischen den Tischen umher und blieb sogar bei mir stehen. Er erzählte mir, das Lokal sei bis vor zehn Jahren ein ganz normales Café gewesen und habe zum Lunch Braten,

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