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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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aufgeregter Ladies vor mir also gütig an, bis ich an der Reihe war und den hinter mir Wartenden demonstrieren konnte, wie man so etwas richtig macht. Aber ehrlich gesagt, ich fürchte, sie haben es gar nicht mitbekommen.
    Ich verzehrte mein Sandwich auf der Straße, kehrte zum Hotel zurück, sammelte meine Siebensachen ein, bezahlte die Rechnung, trat wieder hinaus und dachte: Was jetzt? Ich wanderte zum Bahnhof und warf einen Blick auf die flackernden Bildschirme. Sollte ich einen Zug nach Plymouth oder Penzance nehmen? Der nächste kam leider erst in ein paar Stunden. Nach Barnstaple allerdings fuhr einer in Kürze. Da beschloß ich, zuerst dorthin und dann mit dem Bus an der Küste von Nord-Devon nach Taunton oder Minehead zu fahren. Unterwegs konnte ich in Lynton und Lynmouth haltmachen und vielleicht noch in Porlock und Dunster. Es schien eine famose Idee zu sein.
    Ich bat den Mann am Fahrkartenschalter um eine einfache Fahrt nach Barnstaple. Er sagte mir, eine einfache Fahrt koste 8,80 Pfund, aber er könne mir eine Rückfahrkarte für 4,40 Pfund geben.
    »Hätten Sie wohl die Güte, mir die Logik dessen zu erklären?« fragte ich ihn.
    »Wenn ich könnte, gern, Sir«, erwiderte er mit löblicher Offenheit.
    Ich begab mich mit Rucksack und Rückfahrkarte zum angegebenen Bahnsteig, wo ich mich auf einer Bank niederließ und die Bahnhofstauben beobachtete. Was sind das für überängstliche, bescheuerte Viecher! Ein unerfüllteres, unbefriedigenderes Leben kann ich mir gar nicht vorstellen. Hier sind die Anweisungen für das Leben als Taube:
    1. Laufen Sie eine Weile ziellos herum und picken Sie an Zigarettenkippen und anderen unzuträglichen Gegen-ständen.
    2. Erschrecken Sie vor einem auf dem Bahnsteig vorbeilaufenden Menschen und fliegen Sie zu einem Eisenträger.
    3. Kacken Sie.
    4. Wiederholen Sie das Ganze.
    Die Bahnsteigbildschirme funktionierten nicht, und ich konnte die Ansagen nicht verstehen – erst nach einer Ewigkeit begriff ich, daß »Ekzem« in Wirklichkeit »Exmouth« bedeutete –, also mußte ich jedesmal, wenn ein Zug einfuhr, aufstehen und Erkundigungen einziehen. Aus Gründen, die sich ebenfalls einer rationalen Erklärung entziehen, gibt British Rail die Zielorte vorne am Zug an, was schrecklich praktisch wäre, wenn die Fahrgäste auf den Schienen sitzend warten würden, aber vielleicht nicht so ideal für die ist, die von der Seite einsteigen. Meine Mitreisenden verstanden die Ansagen offenbar auch nicht, denn als der Zug nach Barnstaple endlich eintraf, bildeten wir zu einem halben Dutzend geduldig eine Schlange vor einem BR-Beamten und fragten ihn, ob das der Zug nach Barnstaple sei.
    Zum besseren Verständnis ausländischer Leser sollte ich erläutern, daß damit ein bestimmtes Ritual verbunden ist. Selbst wenn man gehört hat, wie der Schaffner dem Menschen vor einem sagt, daß das der Zug nach Barnstaple ist, muß man fragen: »Entschuldigung, ist das der Zug nach Barnstaple?« Wenn er bestätigt, daß das große, schlanke Objekt einen Meter rechts neben einem in der Tat der Zug nach Barnstaple ist, muß man darauf zeigen und sagen: »Der?« Wenn man dann in den Zug einsteigt, muß man zusätzlich in den Wagen hineinfragen: »Entschuldigen Sie, ist das der Zug nach Barnstaple?« woraufhin die meisten Leute sagen, ihres Wissens ja.
    Ein vollbepackter Mann gerät daraufhin plötzlich in Panik, nimmt hastig seine Sachen und steigt aus.
    Sie sollten immer seinen Platz einnehmen, denn im allgemeinen werden Sie feststellen, daß er eine gefaltete Zeitung, einen nicht aufgegessenen Schokoriegel und vielleicht noch ein hübsches Paar Schafsfellhandschuhe liegengelassen hat.
    So kam es, daß ich aus dem Bahnhof Exeter St. David’s hinausfuhr, während ein mit Paketen beladener Mann an meinem Fenster entlangstolperte und Gefühlen Ausdruck verlieh, die ich durch das dicke Glas nicht verstand. Ich begutachtete meine neuen Besitztümer, eine Daily Mirror und ein Kitkat . Handschuhe waren leider nicht dabei. Wir ratterten durch die Vororte Exeters in die üppig grüne Landschaft von Devon. Ich fuhr mit der sogenannten Tarka Line – es hatte irgendwas mit einer Geschichte über einen Otter zu tun, die offenbar hier in der Gegend geschrieben worden war. Ringsum war es wunderschön und außergewöhnlich grün. Man hätte glatt auf die Idee kommen können, daß der Hauptindustriezweig Großbritanniens die Chlorophyllerzeugung sei. Wir tuckerten an bewaldeten Höhen entlang, einsamen Bauernhöfen

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