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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Wirklichkeit gab es herzlich wenig Abenteuer in dem Buch – ich erinnere mich, daß der Höhepunkt nahte, als die Kinder einen Seestern fanden, der sich an einem Felsen festsaugte –, aber ich liebte es wegen der Illustrationen (von dem begabten J. H. Wingfield, den ich schmerzlich vermisse). Sie zeigten eine Insel mit felsigen Buchten und weiten Ausblicken, die unverkennbar britisch war, aber ein mediterranes Klima hatte. Parkplätze mit Parkscheinautomaten, Bingohallen und die schäbigere Variante von Spielhallen glänzten durch Abwesenheit, und kommerzielle Auswüchse beschränkten sich auf die eine oder andere Konditorei oder einen Tea Room.
    Unter dem seltsamen Einfluß dieses Buches erklärte ich mich jahrelang einverstanden, die Familienferien an britischen Gestaden zu verbringen. Denn immer glaubte ich, daß wir diesen magischen Ort eines Tages finden würden, an dem Sommertage immer sonnig waren, das Wasser so warm wie in einem Sitzbad und Massentourismus unbekannt.
    Als wir uns dann ein Kind nach dem anderen anschafften, erwies sich, daß sie die Bücher überhaupt nicht mochten, weil die Figuren darin nie etwas Dramatischeres taten, als ein Zoogeschäft zu besuchen oder einem Fischer beim Anstreichen seines Bootes zuzuschauen. Ich versuchte ihnen klarzumachen, daß das eine vernünftige Vorbereitung auf das Leben in Großbritannien sei, aber davon wollten sie nichts wissen und schenkten ihre Zuneigung zu meinem großen Kummer lieber einem Paar langweiliger Dummköpfe namens Topsy und Tim.
    Ich erwähne das an dieser Stelle, weil von all den kleinen Badeorten am Meer, die wir über die Jahre besuchten, Lulworth dem idealisierten Bild in meinem Kopf am nächsten kam. Es war klein und heiter und hatte eine schön altmodische Atmosphäre. In den Lädchen verkaufte man Strandspielzeug, die ein unschuldigeres Zeitalter wachriefen – hölzerne Segelboote, bunte Strandbälle in langen Baumwollnetzen –, und in seinen wenigen Restaurants saßen immer glückliche Ausflügler, die ihren Creamtea schlürften. Die überaus hübsche, beinahe kreisrunde Bucht unterhalb des Dorfes war übersät mit Felsen und großen, glatten Steinen, auf denen die Kinder herumklettern, und kleinen flachen Tümpeln, in denen sie winzige Krebse suchen konnten. Alles in allem war es ein entzückendes Fleckchen Erde.
    Stellen Sie sich also meine Überraschung vor, als ich frischgeschrubbt aus meinem Hotel trat, mich auf die Suche nach einem Drink und einem herzhaften, wohlverdienten Abendessen begab und feststellte, daß Lulworth mit meiner Erinnerung absolut nichts mehr gemein hatte. Ich betrat ein großes Pub und bedauerte es unverzüglich. Es roch ekelerregend nach schalem Bier und stand voller Spielautomaten. Ich war beinahe der einzige Gast, aber fast jeder Tisch war von Bierlachen, leeren Gläsern, überquellenden Aschenbechern, Chipstüten und sonstigem Müll verunziert. Mein Glas war klebrig und das Lager warm. Ich trank aus und versuchte es in einer anderen Kneipe in der Nähe, die um eine Spur weniger schmuddelig, aber kaum gemütlicher war. Kein Wunder, daß so viele Pubs ihre Kundschaft verlieren!
    Verzagt begab ich mich zu einem nahegelegenen Restaurant, in dem meine Frau und ich immer Krabbensalat gegessen und uns vornehm gedünkt hatten. Auch hier hatte sich einiges geändert. Die Speisekarte war auf das Niveau von »Scampi, Pommes und Tiefkühlerbsen« gesunken, das Essen wahrhaft mittelmäßig. Aber wirklich kraß war der Service. Eine solch überwältigende Stümperhaftigkeit habe ich noch nie in einem Restaurant erlebt. Die Bude war gerammelt voll, und es war nur allzubald ersichtlich, daß keiner der Beteiligten glücklich war. Bei fast jedem Gericht, das aus der Küche kam, lag etwas, das nicht bestellt, oder fehlte etwas, das bestellt worden war. Manche Leute saßen Ewigkeiten ohne Essen da, während andere an ihrem Tisch fast alle Gänge mehr oder weniger sofort und auf einmal vorgeknallt bekamen. Ich orderte einen Krabbencocktail, wartete dreißig Minuten darauf und mußte dann feststellen, daß etliche Krabben noch gefroren waren. Ich schickte ihn zurück und sah ihn nie wieder. Vierzig Minuten später erschien eine Kellnerin mit einem Teller Scholle, Pommes und Tiefkühlerbsen, und als sie keinen Abnehmer fand, nahm ich ihn, obwohl ich Schellfisch bestellt hatte. Als ich aufgegessen hatte, rechnete ich mir anhand der Speisekarte zusammen, was ich zu bezahlen hatte, hinterließ einen kleinen Betrag für die

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