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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Gefrierkrabben und verließ den Ort des Geschehens.
    Dann ging ich wieder in mein Hotel, einen Ort tiefster, deprimierendster Freudlosigkeit mit Nylonbettwäsche und kalten Heizkörpern, legte mich ins Bett, las noch ein Weilchen im Schein einer 7-Watt-Glühbirne und tat einen kleinen Schwur aus tiefstem Herzen, solange ich lebte, nie wieder nach Lulworth zurückzukehren.
    Als ich am Morgen erwachte, blies der Wind mächtige Regenschauer über die Berge. Ich frühstückte, bezahlte die Rechnung und verbrachte längere Zeit damit, mich in meine wasserdichten Klamotten zu wursteln. Komisch, normalerweise ziehe ich mich ohne besondere Vorkommnisse an, aber geben Sie mir ein Paar wasserdichte Hosen, und es ist, als habe ich nie ohne fremde Hilfe stehen können. Zwanzig Minuten lang krachte ich gegen Wände und Möbel, fiel in Topfpflanzen und hüpfte bei einem besonders tüchtigen Ausbruchsversuch etwa fünf Meter weit, bevor ich den Hals um einen Geländerpfosten schlang.
    Endlich in voller Montur, erwischte ich in dem großen Wandspiegel einen Blick auf mich und stellte fest, daß ich eine ausgesprochene Ähnlichkeit mit einem großen blauen Kondom aufwies. Dergestalt hergerichtet und bei jeder Bewegung von einem irritierenden Nylon-Rascheln begleitet, ergriff ich Rucksack und Spazierstock. Der Berg rief. Ich erstieg den Hambury Tout, am Durdle Door und dem tief eingeschnittenen, engen Tal mit dem reizenden Namen Scratchy Bottom vorbei, und dann einen steilen, schlammigen Zickzackpfad hinauf zu einer einsamen, nebelumhüllten Anhöhe namens Swyre Head. Das Wetter war grauenhaft, der Regen zum Verrücktwerden.
    Ach bitte, tun Sie mir doch einen Moment lang einen Gefallen. Trommeln Sie sich mit den Fingern beider
    Hände auf den Kopf und überprüfen Sie, wie lange es dauert, bis es Ihnen ernsthaft auf die Nerven geht – oder alle Leute in der Nachbarschaft Sie anstarren. In beiden Fällen werden Sie bemerken, daß Sie froh sind, wenn Sie damit aufhören können. Jetzt stellen Sie sich vor, daß die trommelnden Finger Regentropfen sind, die unaufhörlich auf Ihre Kapuze schlagen, und daß Sie nichts daran ändern können. Ihre Brille besteht aus zwei kreisrunden, nutzlosen, beschlagenen Glasscheiben, und Sie schlittern einen glitschigen Pfad entlang, immer nur einen Fehltritt entfernt von einem tiefen Sturz auf einen felsigen Strand – ein Fall, der Sie zu wenig mehr als einem Klatscher auf einem Felsen reduzieren würde, einem Marmeladenklacks auf Brot. Ich jedenfalls sah schon die Schlagzeile vor mir: »Amerikanischer Schriftsteller stürzt in den Tod – Wollte sowieso das Land verlassen.« Mir schwante Übles.
    Von Lulworth nach Weymouth sind es zwölf Meilen. Paul Theroux vermittelt einem in Kingdom by the Sea den Eindruck, man könne da einfach mal so hinüberspringen und habe noch Zeit für einen Creamtea und über die Einwohner herzuziehen, aber er hatte garantiert besseres Wetter als ich. Ich brauchte fast den ganzen Tag. Nach dem Swyre Head verlief der Weg Gott sei Dank über ebene Klippen, wenn auch in luftiger Höhe über einer kadavergrauen See, doch man fand nur trügerischen Halt und kam nur langsam vorwärts. An der Ringstead Bay endeten die Berge dann in einem finalen rasanten Abstieg zum Strand. Ich rutschte auf einer Schlammflut den Hügel hinunter und hielt nur inne, um gegen Felsbrocken zu donnern und ein paar Baumelastizitätstests durchzuführen. Auf sicherem Boden angelangt, zog ich meine Karte heraus und errechnete mit Hilfe meiner Finger, die ich als Meßzirkel benutzte, daß ich fast fünf Meilen zurückgelegt hatte. Und dazu hatte ich fast den ganzen Morgen gebraucht. Angesichts dieses Schneckentempos runzelte ich die Stirn, stopfte die Karte in die Tasche und trottete trübsinnig weiter.
    Der Regen ließ allmählich nach und verwandelte sich in ein heimtückisches Nieseln – dieses besondere englische Nieseln, das in der Luft hängen bleibt und einem die Lebensgeister raubt. Um etwa ein Uhr erstand Weymouth im Nebel, am Ende einer weit geschwungenen Bucht, und ich stieß einen kleinen Freudenschrei aus. Seine scheinbare Nähe indes war eine grausame Täuschung. Ich brauchte beinahe zwei Stunden, um den Rand der Stadt zu erreichen, und noch eine, um an der Uferpromenade entlang zum Zentrum zu laufen, aber da humpelte ich auch nur noch müde vorwärts. Ich fand ein Zimmer in einem kleinen Hotel und blieb so lange in Schuhen und Kondom auf dem Bett liegen, bis ich die Kraft sammeln konnte,

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