Reigen des Todes
mäßigen Beleuchtung, die in der Wohnung herrschte, als schwierig. Trotzdem hatte er Erfolg. Im Badezimmer entdeckte er hinter einer Armatur eingetrocknete Blutspritzer. Er befahl der Vermieterin, die Wohnung gut abzusperren und informierte sie, dass er am nächsten Morgen Beamte seiner Gruppe vorbeischicken würde. Die würden sich die Wohnung ganz genau anschauen. Schließlich deutete alles darauf hin, dass der Oberstleutnant Vestenbrugg hier ermordet und zerstückelt worden war. Die Spitzmaus schnappte nach Luft. Nechyba grinste und ließ sie vor der versperrten Tür stehen. Nicht, ohne vorher noch »einen guten Abend« gewünscht zu haben.
Bevor er heimging, schaute er noch auf einen Sprung im Café Sperl vorbei. Bei einem kleinen Mokka und einem kleinen Trebernen ließ er den Tag vor seinem geistigen Auge Revue passieren. Und als er so dasaß und in die Luft starrte, kam die Erleuchtung. Steffi hieß die frühere Sitzkassierin des Sperls. Sie hatte lange dunkle Haare und einen gewaltigen Busen gehabt. Das war’s! Da im Sperl neben Künstlern und Anrainern auch jede Menge Offiziere der nahen k.u.k. Kriegsschule verkehrten, schloss sich der Kreis. Vestenbrugg war wahrscheinlich des Öfteren gemeinsam mit Offizierskollegen Gast im Sperl gewesen. Hier hatte er die Moravec kennengelernt. Erleichtert und zufrieden zahlte Nechyba und ging beschwingten Schrittes nach Hause.
Daheim umarmte er seine Frau lange und leidenschaftlich. Besonders genoss er es, die weichen Formen ihres recht beachtlichen Busens zu spüren. Und als ihm die Geschichte mit Goldblatt und der dicken Endlweber durch den Kopf ging, flüsterte er ihr ins Ohr: »Ich bin so froh, dass ich dich gefunden hab.«
Worauf sie spöttisch erwiderte: »Geh! Du hast mich ja gar nicht gefunden. Du bist mir zugelaufen …«
III/2.
Wo zum Kuckuck ist die Steffi? Diese Frage quälte den Leutnant Popovic seit über einer Woche. Seine Jugendfreundin war wie vom Erdboden verschluckt. Sie ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Obwohl sie sich ihm gegenüber so grausam und kalt verhalten hatte, fühlte er sich noch immer heftig zu ihr hingezogen. Wenn er bei einem Glas Bier und einem Schnaps saß und über sie nachdachte, überkam ihn immer ein unglaublich warmes Gefühl. Und als ihn einmal der Oberleutnant Dunzenberger bei seinen Träumereien beobachtete, stellte er zynisch fest: »Der Popovic ist ja bis über beide Ohren verliebt …«
Hansi Popovic widersprach nicht. Diese unbeschreibliche Sehnsucht und Zärtlichkeit, die er für die Steffi empfand, war vielleicht wirklich Liebe. Wer weiß? Er wusste nur eines: Sie ging ihm unglaublich ab. Und gegen dieses Mangelgefühl kannte er nur ein Mittel – Alkohol!
Er saß – wie so oft in letzter Zeit – in der Gastwirtschaft ›Zum Alten Heller‹ und betrank sich. Da es Abendessenszeit war, bestellte er mehr aus Gewohnheit als aufgrund von Appetit ein saures Rindfleisch. Als diese erfrischende und pikante Speise vor ihm auf dem Tisch stand, stocherte er lustlos darin herum, ohne davon zu essen. Stattdessen bestellte er noch ein großes Bier. Als der Kellner ihm das Bier brachte, fragte er den Leutnant, ob er noch einen Herren an seinen Tisch setzen dürfe. Popovic blickte sich kurz in der Gaststube um und sah, dass alle Tische belegt waren. Also gestattete er dem neuen Gast, sich an seinem Tisch niederzulassen. Der Fremde hatte augenscheinlich großen Hunger, denn ungeachtet der Tatsache, dass Popovic nichts aß, ließ er es sich schmecken. Nach einer Leberknödelsuppe verspeiste er einen Zwiebelrostbraten und danach einen Mohr im Hemd. Popovic beachtete ihn nicht, sondern sah still in sein Bierglas, das er immer wieder nachfüllen ließ.
Als der andere sich satt und zufrieden in den Sessel zurücklehnte und beim Ober einen Barack 26 bestellte, sprach er den Leutnant an. »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie störe. Aber ich würde Sie sehr gerne auf ein Schnapserl einladen.«
Popovic, der dadurch aus seinen Grüblereien gerissen wurde, akzeptierte erfreut. Als Begleitung zum Schnaps lud ihn sein Gegenüber außerdem auf eine Zigarre ein. Als beide Männer nun rauchend dasaßen und Barack tranken, fing der Mann zu plaudern an. Er erzählte Popovic mit leicht böhmischem Akzent, dass er heute allen Grund habe, ein bisschen zu feiern.
»Nach langer Suche habe ich endlich eine herrliche Lokalität für mein Unternehmen gefunden. Sie eignet sich ideal für die von mir geplante Geschäftserweiterung.«
»Darf
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