Rein Wie Der Tod
die Doktor spielen. Sie kichern und freuen sich darüber an einem Ort zu sein, an dem man hässliche Worte aussprechen darf, die sonst verboten sind. Diese Abende sind der Traum eines jeden Mannes, Frank. Es gibt keine bessere Gelegenheit, Frauen aufzureißen. Die Mädels quietschen, wenn ich ihnen erzähle, dass ich mir diesen Gummianzug anziehe und bis zu den Schultern im Dreck wate, nur weil irgendeine unbedachte Tussi Tampons in die Toilette geworfen hat. Sie lieben solche Geschichten. Und sie erzählen ihre eigenen kleinen sündhaften Geheimnisse. Aber vor allem wollen sie die Scheiße mit eigenen Augen sehen. Ist es nicht faszinierend, wie das Schöne immer vom Hässlichen angezogen wird?«
Karl Anders wandte sich abrupt um und trat ganz nah an Frank Frølich heran. »Aber dich interessiert es nicht. Sag, was du zu sagen hast!«
»Ich habe zuhause im Regal eine Bierdose stehen«, sagte Frølich. »Das ist die Bierdose, aus der du getrunken hast, als du mich besuchtest. Erinnerst du dich?«
Karl Anders würdigte ihn keiner Antwort. Er drehte sich um und ging. Frølich folgte ihm. Sie näherten sich dem Eingang zu der Halle mit dem ruhigen Wasser.
»Du hast gesagt, du seist mit Janne zusammen gewesen, als Veronika ermordet wurde. Ich habe sie gefragt, aber sie hat gelogen. Janne hat dich verraten, Karl Anders. Sie hat gelogen, um sich selbst und ihrem Sohn ein Alibi zu verschaffen. Deshalb wurdest du verhaftet!«
»Was hat diese Bierdose damit zu tun?«
Karl Anders trat an die Wand.
»Ich habe sie aufgehoben. Der Punkt ist, dass Veronika einen Nachbarn hatte, der von ihr besessen war. Du weißt, von wem ich spreche, denn du hast uns den Tipp gegeben. Dieser Typ hat Veronika heimlich fotografiert. Er hat sie beobachtet und ist ihr überall hin gefolgt. Am Tag, nachdem du aus der Untersuchungshaft entlassen wurdest, wurde er ermordet.«
Das Licht ging aus.
Es wurde stockdunkel. Frølich blinzelte, um den Lichtreflex von der Netzhaut zu bekommen.
Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit.
Frølich tastete sich an das Geländer vor. »Wo bist du?«, rief er.
»Hier.«
Frølich sah sich um. Er konnte nichts erkennen. Die Stimme des anderen hätte ebenso gut aus der Luft über ihm kommen können wie von hinten.
»Wo?«
Karl Anders' Lachen erklang hohl aus einer unbestimmbaren Richtung. »Ja, ich weiß von dem widerlichen Nachbarn. Er hat mich und Veronika fotografiert, wenn wir miteinander geschlafen haben. Stell dir das mal vor! Die Frau wollte ich heiraten! Sie wusste davon, Frank. Sie ließ sich von mir ficken und wusste, dass der arme Kerl wie im Kino hinter seiner Glasscheibe saß und sich einen runterholte, während wir Sex hatten. Wahrscheinlich hat sie dabei daran gedacht. Aber hat sie mir davon erzählt? Nein, nein ...« Karl Anders verstellte seine Stimme: »Können wir nicht das Licht anlassen, Karl Anders? Wenn ich jetzt daran denke, dann erinnert mich der Typ an dich. Er wollte in unser Leben eindringen, in meins und Veronikas, und sie hat es zugelassen. Aber du hast deine Frage noch nicht gestellt. Komm zur Sache.«
Frølich tastete sich in die Richtung vor, aus der die Stimme kam. »Mach das Licht wieder an«, sagte er.
»Ich kann nicht. Alles hier drinnen wird automatisch gesteuert.«
»Das glaube ich dir nicht.«
Frølich tastete sich weiter vor, mit der Hand am Geländer.
»Also los, raus mit der Sprache. Was ist mit dem Widerling, der ermordet wurde?«
»Der Mann, der diesen Nachbarn getötet hat, hat DNA-Spuren hinterlassen. Auf der halbleeren Bierdose ist deine DNA, Karl Anders.«
Der Lärm hatte spürbar abgenommen, aber es half nichts. Frank Frølich hatte keine Ahnung, wo er sich befand.
Während er sprach, tastete er sich weiter am Geländer entlang. »Du wusstest, wer Almeli war, du wusstest, wo er wohnt, du glaubtest, er hätte Veronika umgebracht, und vielleicht wolltest du dich rächen. Vielleicht hast du ihn nur aufgesucht, weil du die Fotos haben wolltest, die er von euch gemacht hatte. Du bist mit in den Keller gegangen und hast Almeli dort unten umgebracht. Hinterher bist du in seine Bude zurück und hast den Computer und den Fotoapparat mitgenommen. Ich weiß, dass die Fingerabdrücke auf der Bierdose das nachweisen werden. Aber ich bin bereit, diesen Beweis wegzuwerfen. Ich möchte dich bitten, dich selbst zu stellen.«
Es war jetzt so still, dass das Lachen von Karl Anders in der Dunkelheit zwischen den Wänden widerhallte. »Du bist verdammt noch
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