Rein Wie Der Tod
damit das Wasser aus ihrem Mund laufen konnte. Damit sie atmen konnte.
Vollkommen verrückter Traum. Aber die Gedanken an Iselin Grav rissen auch tagsüber nicht ab. Die kryptische Mitteilung. Ich glaube nicht, dass sie tot ist.
Er war sicher, dass sie ihm etwas verheimlichte.
Nach dem Lunch konnte er sich nicht zurückhalten. Er fuhr vom Polizeipräsidium in Richtung Urtegata. Ging zielstrebig auf den Block zu, in dem Andreas Langeland wohnte. Klingelte. Keine Reaktion.
Er holte das Handy aus der Tasche und wählte die Handynummer des Jungen. Wurde direkt mit einer Mailbox verbunden. Wenn Andreas bei der Arbeit war, dann war es verständlich, dass er sein Handy ausgeschaltet hatte.
Wieder im Büro angekommen, setzte er sich daran, noch einmal die Papiere über die Ortungen von Langelands Handy durchzugehen. Die Schwierigkeit war die Nähe zwischen den Ortungsstationen. In Oslo gab es extrem viele solcher Stationen. Das Merkwürdige war, dass das Handy nicht jeden Tag im Osloer Raum geortet worden war. Hatte Andreas es bei der Arbeit liegen lassen?
Flughafen Oslo Gardemoen, dachte er und betrachtete die Liste der Ortungen.
Das Handy befand sich nicht nördlich von Oslo wie der Flughafen, sondern es war nach Westen und Süden gereist.
Frølich begann zu schwitzen. Wie bescheuert konnte man eigentlich sein?
Er rief noch einmal Langelands Handy an. Es war immer noch ausgeschaltet.
Konnte es sein, dass es sich außerhalb des Ortungsbereichs befand?
Er betrachtete die Karte der Ortungsstationen. Die am weitesten von Oslo entfernte Ortung war die einer Station in Buskerud. Zwischen Filtvet und Tofte, ungefähr hundert Kilometer von der Stadt entfernt. Die Stationen folgten dem Riksvei nach Süden. Frølich studierte die Karte genauer. Dort im Inland, westlich von Filtvet und Tofte gab es Wald, Waldarbeiterstraßen und kleine Seen. Røskestandsvannet. Keine Ortungsstation im Umkreis von vielen Kilometern.
Er rief beim Flughafen an. Wurde von einem zum anderen weiterverbunden. Andreas Langeland war nicht zu finden. Wo konnte er sein?
Andreas Langeland hatte Urlaub genommen.
Frølich studierte die Papiere vor sich auf dem Tisch. Er verglich die Uhrzeiten. Sah auf seine Armbanduhr.
Rosalinds erste Begegnung mit einem Norweger: Andreas Langeland. Zwei Tage später: Rosalind lernt Mattis Langeland kennen. Sie verschwindet. Andreas Langeland im Kreuzverhör mit ihm und Ståle Sender. Keine Reaktion. Andreas Langeland nimmt Urlaub. Kurz darauf taucht eine Sozialarbeiterin vom PPS-Dienst auf, die sein Verhalten besorgniserregend findet und voller beunruhigender Signale ...
Er betrachtete die Liste der Ortungen von Langelands Handy. Es musste möglich sein, darin ein Muster zu erkennen.
Er studierte die Papiere. Die Daten verschwammen. Er rieb sich die Augen, sah wieder auf die Papiere. Suchte nach Verbindungen, aber ohne Erfolg.
Er rief beim norwegischen Mobile-Funk-Anbieter Telenor an und bat um die letzten Ortungen von Langelands Handy. Er legte auf. Wartete. Ging hinaus und kaufte sich aus reiner Frustration eine Cola. Zurück im Büro: kein Fax eingegangen. Er ging wieder hinaus, tigerte auf und ab. Grüßte hierhin und dorthin.
Endlich piepte das Faxgerät. Er griff nach den Blättern. Es gab neue Ortungen. Langeland befand sich jetzt im Deckungsbereich. Mit anderen Worten: Er kam aus einem Wald voller Waldarbeiterwege. Sein Handy hatte vor kurzem Filtvet passiert und befand sich nun also auf dem Riksvei 281, am Oslofjord entlang in Richtung Drammen oder Oslo.
Frølich erinnerte sich wieder an den Moment, als Iselin Grav sich vor dem Fahrstuhl noch einmal umdrehte. Ich glaube nicht, dass sie tot ist.
Noch nicht?
26
Gunnarstranda versuchte umständlich eine CD einzulegen. Man hatte den Fahrern verboten, beim Autofahren zu telefonieren, aber diese Aktion war viel schlimmer. Er fuhr fast in den Graben, weil die CD die Öffnung, in die sie sollte, nicht finden konnte.
Er beschloss, den Ring 3 nach Westen zu nehmen, in Tåsen abzufahren und dann über Sagene, die Uelandsgate und den Maridalsveien entlang. Er wollte lieber von hinten an die Deichmansche Bibliothek heranfahren - über den Fredenborgsvei. Dort bestand sogar die Chance, dass er einen Parkplatz fand.
Der erste Song auf der CD war ein Duett zwischen Jimmy Buffett und Sinatra - eine ziemlich gute Version von Mac the Knife. Zwei ganz verschiedene Stimmen. Büffett, weich und fast sinnlich gegenüber dem erfahrenen und etwas raubeinigen Sinatra.
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