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Reine Glückssache

Reine Glückssache

Titel: Reine Glückssache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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ausgespannt?«
    »Nein. Nichts dergleichen. Ich kenne ihn wirklich nicht.«
    Howies Augen huschten von einer Ecke der Terrasse zur anderen. »Ich muss wieder reingehen. Ich habe nicht gerne Umgang mit den Kunden. Die Amerikaner sind ein komisches Volk. Nur die Spiele, die sind gut. Die amerikanischen Spiele sind spitze.«
    Ich schaute mich um. Ich konnte keine komischen Leute sehen …
    »Warum finden Sie die Amerikaner komisch?«
    »Sie sind ziemlich fordernd. Einmal sind nicht genug Pommes im Karton. Dann sind sie nicht heiß genug. Oder der Burger ist falsch verpackt. Ich habe überhaupt keinen Einfluss auf diese Dinge. Ich packe die Burger gar nicht in die Schachtel. Und Amerikaner werden laut, wenn etwas falsch verpackt ist. Den ganzen Tag schreien sie mich an: Mach schneller. Mach schneller. Gib mir dies. Gib mir das. Verlangen um elf Uhr ein Egg McMuffin, wo es doch Vorschrift ist, dass man nach halb elf kein Egg McMuffin mehr verkaufen darf.«
    »Eine saublöde Vorschrift.«
    Howie schob die Verpackungen auf seinem Tablett zusammen. »Und noch etwas. Amerikaner fragen zu viel. Wie viel Gramm Fett enthält ein Cheeseburger? Sind die Zwiebeln auch echt? Woher soll ich das wissen? Die Zwiebeln werden in einem Beutel angeliefert. Sehe ich vielleicht wie der Zwiebellieferant aus?«
    Er stand von seinem Platz auf und nahm das Tablett in die Hand. »Lassen Sie mich jetzt in Ruhe. Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen. Wenn Sie mich weiter verfolgen, melde ich das der Polizei.«
    »Ich verfolge Sie nicht. Das hat mit Verfolgung gar nichts zu tun. Ich habe Ihnen nur ein paar Fragen gestellt.«
    Der Verkehrslärm der Umgebung ließ vorübergehend nach. Ich hörte ein
plopp, plopp.
Howies Augen weiteten sich, der Mund öffnete sich, das Tablett glitt ihm aus der Hand und fiel auf den Betonboden der Terrasse. Howie knickte in den Knien ein und brach wortlos zusammen.
    Hinter mir kreischte eine Frau, und ich war sofort auf den Beinen, überlegte: Er ist angeschossen, hilf ihm, rühr dich, tu etwas! Mein Verstand raste, aber mein Körper reagierte nicht entsprechend. Ich war wie gelähmt vor Schreck, vor dem Unbegreiflichen, starrte zu Boden, in Howies ungerührte Augen, wie hypnotisiert von dem Loch in der Stirnmitte, der Blutlache unter ihm, die sich immer weiter ausdehnte. Noch eben hatte ich mit ihm gesprochen, und jetzt war er tot. Das kam mir alles so irreal vor.
    Menschen um mich herum liefen durcheinander und schrien. Ich hatte niemanden mit einer Waffe wegrennen sehen. Keiner in meiner Nähe hatte eine Waffe in der Hand. Auch auf der Straße oder in dem Gebäude sah ich keinen Bewaffneten. Howie schien das einzige Opfer zu sein.
    Lula kam auf mich zugerannt, in der einen Hand eine dicke Tüte mit Essen, in der anderen einen riesigen Schokoladen-Shake. »Ach, du liebe Scheiße«, sagte sie und sah mit weit aufgerissenen Augen hinunter auf Howie. »Verflixte Scheiße. Verdammte Scheiße. Dreimal verfluchte Scheiße.«
    Ich rückte etwas von der Leiche ab, wollte Howie nicht bedrängen, ich brauchte etwas Distanz zu der Szene. Ich wollte die Zeit anhalten, zehn Minuten zurückdrehen und den Ablauf der Dinge verändern. Ich wollte, ich bräuchte nur mit den Augen zu blinzeln und Howie wäre wieder am Leben.
    Auf dem Highway hinter uns kreischten schon die Sirenen, und Lula saugte wie eine Verrückte an dem Strohhalm in ihrem Shake. »Ich kriege überhaupt nichts hoch in diesem behämmerten Strohhalm«, kreischte sie. »Wieso kriegt man einen Strohhalm dazu, wenn nichts drin hochkommt? Wieso kriegt man keinen Scheißlöffel? Wieso machen sie dieses bescheuerte Zeug überhaupt so dickflüssig? Shakes sind keine feste Nahrung. Das ist ja, als würde ich ein Fisch-Sandwich mit einem Strohhalm aufsaugen.
    Und jetzt sag bloß nicht, dass ich hysterisch bin«, sagte Lula. »Ich werde nie hysterisch. Hast du mich je hysterisch erlebt? Das hier nennt man
Übertragung.
Das habe ich in einer Zeitschrift gelesen. Das ist, wenn man sich wegen einer Sache aufregt und man sich in Wirklichkeit aber über was anderes ärgert. Das ist was anderes als hysterisch. Und selbst wenn ich hysterisch wäre, was nicht der Fall ist, hätte ich ein Recht dazu. Der Kerl hier wurde vor deinen Augen erschossen. Wenn du nur ein paar Zentimeter weiter links gesessen hättest, hättest du wahrscheinlich ein Ohr verloren. Und der Mann ist tot. Guck doch. Der ist tot! Tod ist eklig.«
    Ich zog eine Schnute. »Wie gut, dass du nicht hysterisch

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