Reine Glückssache
stimmt’s?«, sagte Vinnie. »Und ich bin gut. Ich bin ein guter Kautionsmakler. Ich leiste einen Dienst an der Gemeinschaft. Bezahlt mir der ehrliche, brave Steuerzahler dafür einen Lohn? Nein. Muss die Stadt Trenton Polizisten einstellen, um ihre Gesetzesbrecher aufzuspüren? Nein. Und das nur wegen mir. Ich fange die Drecksäue ein, ohne Kosten für die Allgemeinheit. Und dafür riskiere ich meinen Hals!«
Connie, Lula und ich sahen ihn fragend an.
»Na gut, ich riskiere Stephanies Hals«, sagte Vinnie. »Aber es bleibt doch in der Familie, oder?«
»Meine Güte«, stöhnte Lula.
»Es wäre besser gewesen, ich hätte Sebring diese blöde Visumskaution überlassen«, sagte Vinnie. »Was habe ich mir bloß dabei gedacht?«
Les Sebring war Vinnies schärfster Konkurrent. Es gab mehrere Kautionsbüros in Trenton und Umgebung, aber Sebrings Agentur war die größte.
»Na los, was steht ihr hier rum«, sagte Vinnie und wedelte mit den Armen. »Sucht den Kerl, verdammte Hacke.«
Vinnie sah sich um und schnupperte. »Was riecht hier eigentlich so komisch? Ich tippe auf Lammkeule.«
»Das war mein Snack von heute Nachmittag«, sagte Lula.
»Den habe ich mir vom Griechen liefern lassen. Ich mache gerade eine Fleischdiät. Man darf so viel Fleisch essen, wie man will. Ich habe allerdings nicht die ganze Keule gegessen. Man soll’s ja nicht übertreiben.«
»Ja, ja«, sagte Connie. »Sie hat nur die halbe gegessen.«
Vinnie verschwand wieder in seinem Büro und schloss die Tür ab.
»Dann wollen wir uns mal auf die Suche machen«, sagte Lula. »Klingt dringend.«
Liebend gerne hätte ich mich auf die Suche nach Samuel Singh gemacht, aber ich wusste nicht, wie ich vorgehen sollte. Schlimmer noch, ich konnte mich kaum auf die Jagd nach ihm konzentrieren. Ständig geisterte diese Lillian Paressi in meinem Kopf herum. Ich sah sie vor mir, wie sie ins Blue Bird stapfte, die Finger wütend um die Blumen gekrallt. Rote Rose, weiße Nelke. Die beigelegte Karte war harmlos. Darüber brauchte man sich nicht zu ereifern. Es waren die Blumen, die mussten Hauptaccessoire einer kontinuierlichen Belästigung sein. Und bestimmt hatte sie mit jemandem darüber geredet. Blieb mir nur die Hoffnung, dass Carl Rosen diese Person war.
»Erde an Stephanie«, sagte Lula. »Hast du eine Idee?«
»Nein.«
»Ich auch nicht«, sagte Lula. »Diese Diät verstopft mich irgendwie innerlich. Es ist keine Diät, die kreatives Denken fördert. Dafür sind Cheese Doodles am besten. Und Geburtstagstorten. Dick mit Zuckerguss und fetten rosa und gelben Marzipanrosen oben drauf.«
Connie und ich sahen Lula an.
»Keine Sorge, solches Zeug werde ich nie wieder essen«, stellte Lula klar. »Ich wollte damit nur sagen, dass ich deswegen keine guten Ideen mehr habe.«
Da uns allen die Ideen in dem Spiel Wo-finde-ich-Samuel-Singh ausgegangen waren, fragte ich Lula, ob sie mich nach Hause fahren könne, damit ich von da mit meinem Auto zu Joe fahren konnte.
»Klar doch«, sagte Lula. »Ich könnte etwas frische Luft vertragen. Es ist viel zu schön draußen, um an so einem Tag im Büro zu hocken. Außerdem riecht es hier nach Lammkeule. Hier müsste mal ordentlich gelüftet werden.«
Wir hatten erst ein paar hundert Meter zurückgelegt, als Lula in den Rückspiegel schaute. »Ich glaube, wir werden verfolgt. Der schwarze Geländewagen ist gleichzeitig mit uns losgefahren, und seitdem klebt er mir an der Stoßstange.«
»Das ist Tank. Ranger meint, ich brauche einen Babysitter.«
Lula sah ein zweites Mal hin. »Schick, schick. Nicht so ein geiles Teil wie Ranger, aber trotzdem schick. Den würde ich nicht von der Bettkante stoßen.«
»Ich dachte, du hättest einen neuen Freund.«
»Deswegen darf ich doch andere Männer schick finden. Ich bin nur in festen Händen, meine Liebe. Ich bin nicht
tot
untenrum.«
Nach wenigen Minuten waren wir an meinem Haus angelangt und Lula stellte den Wagen auf dem Parkplatz ab, neben den Escape.
»Ich finde, du solltest wenigstens eben hoch in deine Wohnung gehen, nur um nachzugucken, ob alles in Ordnung ist und so«, sagte Lula. »Ich kann mit dir gehen, und unser King Kong kommt sicher auch nach. So kriege ich ihn wenigstens mal von nahem zu sehen.«
»Stimmt«, sagte ich. »Wahrscheinlich besser, wenn ich mal oben nachschaue.«
Wir stiegen aus unseren Autos und gingen zum Hintereingang. Tank ist über 1,80 Meter groß und gebaut wie ein Schrank. Kein Gramm Fett zu viel, Bürstenschnitt, wie ein Soldat,
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