Reine Glückssache
»Tank reist immer mit leichtem Gepäck.«
»Und wo hat er seine geilen engen Slips?«, wollte Lula wissen.
Wieder warf Tank Lula einen Blick zu. »Ich trage keine engen Slips«, sagte er.
»Du Mistkerl, du!«, rief Lula. »Wetten? Der trägt überhaupt keine Unterwäsche.«
Lula und Connie fächelten sich Luft zu. Tank blickte stur geradeaus auf die Straße, aber ich sah, dass er schmunzelte.
Eine Stunde später waren wir am Flughafen und reihten uns in die Schlange vor dem Flugschalter ein. Dreiundsiebzig Passagiere waren vor uns. Ein Angestellter der Fluggesellschaft ging zu jedem Einzelnen hin und schlug denjenigen, die elektronisch gebucht hatten, vor, die Ticketautomaten zu benutzen. Wir sahen hinüber zu den Automaten, um die sich Trauben von Menschen gebildet hatten.
»Ich weiß nicht«, sagte Lula. »Die Automatenbenutzer sehen ziemlich abgenervt aus. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie mehr Glück haben mit den Tickets. Die verschwenden nur ihre Zeit, geben auf und kommen hierher zurück, reihen sich brav wieder ein.«
Wir schickten Connie vor, die Sache zu überprüfen, wir drei hielten unseren Platz in der Schlange. Nach wenigen Minuten kam Connie wieder. »Ich glaube, die wollen uns nur ködern«, sagte Connie. »Ich habe keinen gesehen, der ein Ticket aus dem Automaten gezogen hat.«
»Hätte ich mir denken können«, sagte Lula. »Man versucht, ein Ticket am Automat zu kriegen, und tippt seinen Namen und seine Adresse ein. Aber man bekommt gar kein Ticket, man wird nur auf eine bestimmte Liste gesetzt und kriegt dann lauter Junk-Mails und blöde Anrufe von Leuten, die einem was verkaufen wollen. Die Fluggesellschaften verdienen bestimmt Geld mit diesen Adressenlisten. Die machen ihren Schnitt, weil das Adressen von Leuten sind, die leichtgläubig sind, denen man alles andrehen kann. Du hast denen doch nicht etwa Namen und Adresse genannt, Connie, oder?«
»Lächerlich«, sagte Connie. Und weil sie so schnippisch reagierte, war uns klar, dass sie ihren Namen und ihre Adresse in den Automaten eingetippt hatte.
Eine Dreiviertelstunde später waren wir endlich an der Reihe und bekamen am Schalter unsere Tickets. Lula gab zwei ihrer Gepäckstücke auf, Tank hatte kein Gepäck, ich nahm meine Tasche als Handgepäck und Connie hatte einen kleinen Rollkoffer, den sie ebenfalls aufgab.
»Jetzt kann es losgehen«, sagte Lula. »Das wird lustig. – Moment mal. Wieso müssen wir jetzt schon wieder anstehen?«
»Das ist die Schlange für den Sicherheitscheck«, erklärte ich.
»So’n Quatsch.«
Wieder ging es nur zentimeterweise vorwärts. Von dem Rumoren in der Abfertigungshalle und der langweiligen Warterei hatte ich schon leichte Kopfschmerzen, und vom Tragen der Einkaufstasche um die Schulter bereits Rückenschmerzen. Vor zwanzig Minuten hatte ich die Tasche auf den Boden gestellt, und jetzt schob ich sie beim Weiterrücken mit dem Fuß Stück für Stück vor. Irgendwie wurde ich immer blasser im Gesicht, hatte ich das Gefühl. Noch weitere zwanzig Minuten, und ich würde aussehen, als würde ich seit zwanzig Jahren bei TriBro Schräubchen und Muttern prüfen.
Ich war Erste in der Schlange, hinter mir stand Lula, dahinter Connie, Tank war Letzter in der Schlange. Wir zeigten unsere Tickets vor, zückten unsere Ausweise mit Passfotos. Ich näherte mich dem Transportband, das zum Scanner führte, und stellte meine Einkaufstasche und meine Handtasche darauf.
Ein Sicherheitsbeamter bat mich, auch meine Schuhe auf das Band zu stellen. Ich schaute auf die Riemchensandalen herunter, die ich heute Morgen als Erstes angezogen hatte. Braunes Leder, kein Teil an dem ganzen Schuh dicker als drei Millimeter, außer dem Stöckelabsatz aus übereinander geklebten Holzplättchen, die sechs Millimeter Durchmesser hatten. Wahrscheinlich dachten die Sicherheitsfuzzis, ich hätte eine Bombe im Schuh versteckt. Muss offenbar häufiger vorkommen, dass Bomben in Riemchensandalen versteckt werden.
Ich zog die Schuhe aus und schlurfte barfuß über den schmutzigen Boden durch den Metalldetektor. Alarm wurde keiner ausgelöst, aber der Beamte sagte mir, ich sei ein weiblicher Zufallsproband, deswegen wurde ich zur Seite genommen und gebeten, mich mit gespreizten Beinen hinzustellen. Wahrscheinlich dachten sie, ich hätte unter meinem weißen, fast durchsichtigen Stretchshirt mehrere Teppichmesser versteckt. Ich wurde abgetastet und entlassen, und nach einer pingeligen Durchsuchung erhielt ich auch meine Schuhe
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