Reine Glückssache
beschlossen, bei ihr einzuziehen.
Das Haus war typisch für das ganze Viertel, ein bescheidener einstöckiger, verputzter Bungalow. Im Vorgarten wuchs ein Josuabaum, der Garten hinterm Haus war eingezäunt. Buuh war nicht zu sehen, allerdings war der Garten von der Straße aus größtenteils nicht einsehbar.
»Ich wäre ja nicht abgeneigt, bei Singh zu schellen und dem Lahmarsch Beine zu machen«, sagte Lula. »Dann könnten wir ihn in den Kofferraum sperren und shoppen gehen.«
»In so was sind wir nicht geübt«, sagte ich zu Lula. »Wir haben ja nicht mal Handschellen dabei. Ich will nicht das Risiko eingehen, die Festnahme zu versauen.«
Mein Handy klingelte. Es war Lou Califonte. Er sagte mir, er hätte Singh bisher noch nicht erreicht, hätte aber mit Susan Lu gesprochen, und sie hätte ihm gesagt, Singh sei bereits aus dem Haus gegangen und gegen Mittag zurück. Califonte hatte vorsorglich einen Termin um zwei Uhr angesetzt.
»Findest du den Zeitpunkt nicht auch saublöd?«, fragte Lula. »Das ist mitten am Tag, und das, wo wir doch sowieso so wenig Zeit in Las Vegas haben. Wie soll da Freude aufkommen? Ich habe gehört, dass Siegfried und Roy ihre Tigershow vorführen. Wann kriegt man schon mal die Gelegenheit, Siegfrieds Tiger zu sehen?«
»Du brauchst mir nur dabei zu helfen, Singh ins Hotelzimmer zu verfrachten, danach kannst du shoppen so viel du willst. Zum Flughafen brauchen wir erst um halb sieben aufzubrechen.«
»Ja, ja, und um mein Gepäck brauche ich mich vorher wohl auch nicht zu kümmern.«
Um kurz nach eins kehrten wir auf unser Zimmer zurück. Connie schlief immer noch, mit dem Kissen überm Gesicht. Auf dem Sofatisch stand ein kleiner versiegelter Pappkarton. Die Lieferung von Ranger. Daneben ein Blumenarrangement, rote Rosen und weiße Nelken. Auf der beigelegten Grußkarte stand:
Schon wieder hinken Sie einen Schritt hinterher. Singh ist eliminiert. Das Spiel geht weiter.
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. »He?«, sagte Lula.
»Was ist denn mit dir los?«
Ich wich zurück, stieß gegen einen Sessel und ließ mich hineinfallen. Im ersten Moment war ich ganz benommen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war total überrumpelt. Der Killer wusste, dass ich mich in Las Vegas aufhielt. Schlimmer noch, er war sogar hier in meinem Zimmer gewesen. Er wollte mir mitteilen, dass er Singh getötet hatte, da war ich mir ziemlich sicher, und Lu zufolge hatte Singh heute Morgen noch gelebt.
»Ich habe das Gefühl, dass er tot ist«, sagte ich.
»Wer?«
»Singh.«
Ich ließ die Karte zu Boden fallen. Lula hob sie auf und las sie sich durch. »Kapier ich nicht«, sagte sie.
»Nur eine Sekunde, dann erkläre ich es dir.« Ich schlug mich durch bis zum Badezimmer, da stand ich so lange vor dem Klobecken, bis ich wusste, dass ich mich nicht übergeben würde. Lula war in der Badezimmertür und beobachtete mich. Ich hob abwehrend die Hand. »Ich komme schon zurecht«, sagte ich. »Es hat mich nur gerade kalt erwischt. Ich habe keine Luft mehr gekriegt.« Ich verließ das Badezimmer, ging zum Tisch und sah mir die Karte noch mal an. Es war das übliche Hotelbriefpapier, auch die Blumen waren vom Hotel aus aufs Zimmer geschickt worden.
Ich rief den Portier an und blieb in der Warteschleife, während er den Auftraggeber für die Blumen ermittelte. Er sagte, die Bestellung sei telefonisch eingegangen, bezahlt mit der Kreditkarte von Carl Rosen. Die Nummer des Anrufers konnte das Hotel nicht ermitteln.
10
Lula beugte sich über Connie. »Ist sie tot? Sie bewegt sich gar nicht unter dem Kissen.«
»Nimm das Kissen weg.«
»Lieber nicht. Ich mag den Anblick von Toten nicht.«
Ich ging ans Bett und nahm das Kissen von Connies Gesicht.
Connie schlug ein Auge auf und sah mich an. »Hast du Singh verhaftet?«, fragte sie.
»Nein. Ich glaube, Singh ist tot.«
»Ob tot oder lebendig«, sagte Connie. »Das ist mir egal.«
Sie richtete sich im Bett auf. »Ich kann in diesem Hotel einfach nicht schlafen. Dauernd kommen Leute rein und bringen irgendwas. Hast du schon gesehen? Jemand hat dir Blumen geschickt.«
»Übrigens, was die Blumen betrifft«, fing ich an und erzählte ihnen von dem Nelkenkiller.
»Du kriegst die Motten«, sagte Lula. »Warum hast du mir das nicht schon vorher gesagt?«
»Was hätte ich sagen sollen? Das Ganze ist so absonderlich. Und die Polizei wollte nicht, dass Einzelheiten an die Öffentlichkeit dringen, solange sie den Fotos noch kein Opfer zugeordnet hatte.«
»Was
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