Reinen Herzens
nicht reingegangen.«
»Gustav Mottl wusste von Ihnen?«, fragte Agáta den alten Mann.
Er nickte. »Schon lange. Er ist seit vielen Jahren Förster hier. Man kann nicht jahrzehntelang nachts im Wald herumlaufen, ohne dass man irgendwann dem Förster über den Weg läuft. Aber Gustav konnte ein Geheimnis für sich behalten. Jedenfalls kamen die beiden herein, als die Frau hier tot am Boden lag. Ich habe sie um Hilfe gebeten. Ich hatte bei Gustav was gut. Ich habe ihm vor langer Zeit geholfen, wissen Sie. Er war im Bergwerk, im Uranbergwerk bei Stará Voda. Ich habe ihm geholfen, da rauszukommen – aber das ist eine andere Geschichte. Und außerdem … Ach …«
Agáta sah ihn fragend an. »Ja?«
»Er hat diese angeblichen Touristen aus dem Wald geprügelt, wenn er sie erwischt hat. Ich habe ihn mehrfach gesehen. Er wusste das. Sie haben die Frau weggebracht. Ich habe nicht gefragt, was sie tun wollten.«
»Ich verstehe.«
»Später kam dieser Trojan wieder, allein. Ich hatte Hana ins Bett gepackt und ihr ein Schlafmittel gegeben, sie konnte sich gar nicht beruhigen. Er sagte, er brauche meine Hilfe. Gustav hatte ihm von unserem alten Schuppen erzählt, deswegen waren sie hergekommen. Trojan brauchte ein Lagerhaus für irgendwelche Ware. Nur für kurze Zeit, ein paar Tage, sagte er. Ich war ihm etwas schuldig, also habe ich ihm geholfen.«
»Was hat er denn in dem Schuppen untergebracht?«
Richard Ackermann zuckte mit den knochigen Schultern. »Es waren Obstkisten. Ich habe nicht hineingesehen.«
Hermiona sprang von der Spüle hinunter und rannte aus der Küche. Kurz darauf hörten sie sie die Treppe hinauflaufen.
Agáta nutzte die Gelegenheit. »Was hat Ihre Frau umgebracht, Richard?«
»Der Inspektor ist gekommen und wollte wissen, was sie über einen Wagen weiß, der nicht weit von hier auf einer Lichtung ausgebrannt ist. Man hat menschliche Knochen darin gefunden. Er wird bestimmt wiederkommen.« Er warf einen Blick zur Zimmerdecke. »Hermiona weiß nichts davon. Glaube ich.«
»Die beiden haben also versucht, die Leiche zu verbrennen. Ich verstehe.« Dass das Mädchen nichts davon wusste, hielt sie für ziemlich unwahrscheinlich. Hermiona war ein tiefes, stilles Wasser.
»Hana hatte ein schwaches Herz. Zu viel Angst. Auch das zweite Kind zu verlieren … es hat sie umgebracht.«
Hermiona kam zurück und hielt Agáta eine tennisballgroße schwarze Kugel hin. »Das war in den Obstkisten. Unter den Melonen.«
Agáta drehte das seltsame Ding in den Händen. Sie hatte keine Ahnung, was das sein mochte. »Wo sind denn die Obstkisten?«
»Die Kisten sind noch in der Scheune. Aber die Kugeln sind weg.«
32
Symbolism sucks
Biografie je autosugesce.
Symbolism sucks
Biografie ist Autosuggestion.
»Haben Sie noch Lust auf einen Absacker, Martin ?«, fragte Larissa mit einem ironischen Unterton, als sie vor ihrer Pension standen. Er hatte sie hingefahren, nachdem sie zusammen mit Gustav Mottl und John Ketchum das Lokal verlassen hatten. John wollte den Förster nach Hause bringen. Sie fühlte sich glücklich, fast berauscht von diesem Abend. Er lebte. Die Erleichterung, die sie verspürt hatte, als ihr aufgegangen war, wer dieser Sonnenbrillen-Typ sein musste, war unbeschreiblich gewesen. Der Abend war wie ein Rausch gewesen, das Klavierspiel, der Tanz … Nur John und der Förster hätten nicht auftauchen müssen. Aber immerhin hatten sie Interessantes zu erzählen gehabt. Sie wollte den Abend nicht einfach auf dem Bürgersteig zu Ende gehen lassen, wollte an ihm festhalten, solange sie konnte.
»Haben Sie nicht schon genug getrunken?« Sie hält sich erstaunlich gut, dachte er, für die Menge Wein, die sie intus hatte. Klare Sprache, kein Schwanken. Sie vertrug offenbar eine ganze Menge. Vielleicht war es auch nur die Aufregung, die sie nüchtern hielt. Er wollte ihr den Spaß nicht verderben. Sich selbst auch nicht. Seit er von den Toten auferstanden war, hatte er sich nicht so lebendig gefühlt wie heute Abend. Er genoss das fremde Leben inzwischen weit mehr, als es ihn störte.
»Ich möchte wissen, was Sie von Johns Geschichte halten.« Was für eine fadenscheinige Begründung, dachte sie, Johns Agentenstory interessierte sie im Moment so sehr wie das Wetter in der Inneren Mongolei.
»Also rein berufliches Interesse.«
»Das haben Sie gesagt. Ich kann sowieso noch nicht schlafen. Wenn keinen Absacker, dann wenigstens einen Kaffee.« Sie legte keck den Kopf schräg. »Also?«
Er lachte. »Ein
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