Reinen Herzens
aus. »Wir – das heißt, David Anděl, mein Chef, hat ihn im Fall Hermes um Hilfe gebeten. Wir brauchten jemanden, der sich mit Verschlüsselungen auskennt, und er sagte, ein alter Studienfreund von ihm sei da genau der Richtige. Er sei nämlich beim …« Sie stockte. Kalaschnikows. Entfernte Finderabdrücke. Zigarettenmafia. Rote Rosen. »Skarlet«, sagte sie langsam, »ich weiß, es klingt wie im Film, aber ich glaube, dein Liebster ist beim Geheimdienst.« Das würde einiges an diesem seltsamen Fall erklären, dachte sie. Ihr Kollege Otakar Nebeský suchte verzweifelt nach einem Motiv für den Mord an seinem Partner und konnte nichts finden. Er hatte bisher noch nicht einmal herauszufinden vermocht, wie und von wem David Anděl vom Tatort weggebracht worden war. Und Oberst Kohout hatte den Fall mit einer Schnelligkeit zu den Akten gelegt, die mehr als merkwürdig war.
»Du denkst das also auch«, sagte Skarlet und wirkte erleichtert. »Ich habe mir seither immer wieder den Kopf darüber zerbrochen, und diese Möglichkeit war die einzige, die halbwegs plausibel ist.«
Sie schwiegen eine Weile nachdenklich, dann fragte Meda: »Skarlet, du musst das Ota erzählen. Möglicherweise war es dein Freund Felix, der David vom Tatort weggebracht hat …«
»Wieso vom Tatort weggebracht? Ich verstehe nicht …«
»Nun, wir haben erst zwei Tage später von der ganzen Sache erfahren, und wir wissen noch immer nicht genau, was eigentlich passiert ist.« Als sie das Unverständnis im Gesicht ihrer Freundin bemerkte, erzählte Meda ihr, was sie bisher erfahren hatten. »Und obwohl das alles nicht ganz geklärt ist, hat der Oberst den Fall zu den Akten gelegt. Keine Zeugen, keine Spuren. Ende der Fahnenstange.«
»Ich verstehe dich, aber ich möchte Felix keinen Ärger machen, Meda. Wenn er tatsächlich mit dem Geheimdienst zu tun hat …« Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Sie erwähnte nicht, dass sie auch Angst um ihren eigenen Job hatte. Das erschien ihr angesichts des Todes von Medas Chef als kleinlich und unpassend.
»Da kannst du Gift drauf nehmen, Skarlet. Felix Benda ist bei dem Verein, das hat David gesagt, und nach allem, was du mir erzählt hast, kann man auch nur zu diesem Schluss kommen. Ich verstehe ja, dass du ihm keinen Ärger machen willst, aber es geht um den Tod meines Chefs, und ich will wissen, wer ihn auf dem Gewissen hat. Wir müssen mit Ota reden, glaub mir.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Wie lange hast du noch Zeit? Oder noch besser, kannst du nicht im Büro anrufen und sagen, dass du später kommst? Denk dir irgendwas aus. Ich rufe inzwischen Ota an, damit er herkommt. Ich glaube nicht, dass wir das im Büro besprechen sollten.« Sie holte ihr Handy aus der Handtasche und wählte Otas Nummer.
17
Sentimentalita a bezcitnost jsou siamská dcvojčata.
Sentimentalität und Gefühllosigkeit
sind Zwillingsschwestern.
Larissa stand unschlüssig auf dem großen Marktplatz von Cheb und sah sich um. Das Gespräch gestern Abend mit der Wirtin hatte ihr sehr zu denken gegeben. Ob etwas an diesem scheußlichen Gerücht dran war, konnte sie noch immer nicht sagen, aber möglicherweise hing die Sache mit den zusammengeschlagenen Männern im Straßengraben damit zusammen. Sie hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Aber ihr journalistisches Interesse war auch erwacht. Allem Ekelgefühl zum Trotz wollte sie der Sache auf den Grund gehen. Mit wem sollte sie zuerst sprechen? Ihr Blick blieb am Stöckl hängen, einer Gruppe mittelalterlicher Fachwerkhäuser am unteren Ende des Platzes. In einem davon befand sich, nach Auskunft ihrer Wirtin, die Redaktion der örtlichen Zeitung.
Zehn Minuten später stand sie im Büro der Chefredakteurin.
» Dobrý den , Frau Redakteurin«, begrüßte die Frau sie freundlich lächelnd. »Mein Name ist Sabrina Jandová. Setzen Sie sich doch bitte.« Die Chefredakteurin deutete auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. »Möchten Sie etwas trinken? Einen Kaffee? Wasser?«
»Ein Kaffee wäre schön, vielen Dank.« Larissa setzte sich und holte ihr Notizbuch aus der Tasche.
Sabrina Jandová nickte der Sekretärin zu, die Larissa hereingebracht hatte, und wandte sich wieder an ihre junge Kollegin. »Was kann ich für Sie tun? Die Hauptstadtpresse scheint sich ja gerade sehr für uns zu interessieren. Sie sind schon die dritte in zwei Tagen. Gerade war ein Redakteur von MFDnes da und vorgestern der Korrespondent irgendeiner amerikanischen Zeitung. Deutsche Presse
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