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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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Sabrina?« Larissas Neugier gewann endgültig Oberhand. Sie würde ganz sicher nicht den nächsten Zug nach Prag nehmen, sondern der Sache auf den Grund gehen.
    »Teile der Polizei stecken mit drin in gewissen Geschäften. Aber das habe ich Ihnen nie gesagt – verstehen wir uns? Es geht nicht nur um Prostitution, es geht auch um Zigarettenschmuggel, Menschenhandel, krumme Immobiliengeschäfte, Drogen und allerlei anderes illegales Zeug. Was immer Sie sich an kriminellen Machenschaften vorstellen können, es existiert hier in unserer verschlafenen Provinz. Es gibt prominente Leute in dieser Stadt, die in diesem Sumpf groß geworden sind und zum Teil wohl noch immer drinstecken. Wir haben vor einigen Monaten in unserer Zeitung über Machenschaften berichtet, an denen ein Unternehmer aus unserer Gegend beteiligt sein soll. Es ging um Zigarettenschmuggel – unter anderem. Es wird viel gemunkelt, aber man kann ihm nichts nachweisen – sagt die Polizei. Ich bekam sehr unangenehme Anrufe, um nicht zu sagen Drohanrufe.« Sie lehnte sich zurück und trank einen Schluck Kaffee.
    »Das hört sich alles ziemlich unglaublich an«, erwiderte Larissa, »ich meine, wenn alle davon wissen, wieso wird nichts getan?« Der Wilde Westen, dachte sie, Steve hatte offenbar nicht so unrecht gehabt mit seiner Beschreibung der Gegend. Oder waren das nur haltlose Verschwörungstheorien?
    »Sehen Sie, ein großes Problem in diesem Land ist die allgegenwärtige Korruption, Larissa. Aber als Journalistin, die in diesem Land arbeitet, wissen Sie das. Nun, die Polizei ist nicht sonderlich angesehen, die Beamten verdienen nicht besonders viel. Manche – sicherlich bei Weitem nicht alle – sind empfänglich für Zuwendungen, machen die Augen zu … Sie wissen doch, wie so etwas läuft. Es ist wie mit den drei Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Sie können in diesem Land genehme Gerichtsurteile kaufen – und nicht nur die. Mit genügend Geld und Verbindungen kann man fast alles erledigen und organisieren . Eine Kollegin aus Karlsbad ist im letzten Jahr fortgezogen, wohin weiß ich nicht. Sie wollte es niemandem sagen. Aber ich weiß warum: Man hatte ihr den ganzen Tagesablauf ihrer kleinen Tochter minutiös aufgeschrieben. Mit dem Hinweis, sie solle gut auf die Kleine aufpassen. Dabei hatte sie lediglich über die allseits bekannten Aktivitäten der Russen im Immobiliengeschäft in Karlsbad geschrieben – Dinge, die alle wissen.«
    Larissa starrte die Chefredakteurin entsetzt an. Sie konnte es nicht fassen. Natürlich wusste sie, dass Korruption ein großes Problem war. Alle naselang tauchten in der Hauptstadtpresse irgendwelche Skandale und Skandälchen auf, ohne dass sich wirklich etwas zu ändern schien. Aber hier, in der friedlichen, verschlafenen böhmischen Provinz?
    »Und die Sache mit der Kinderprostitution?«, kam Larissa auf ihre ursprüngliche Frage zurück.
    »Das ist nichts als ein scheußliches Gerücht«, erwiderte Sabrina Jandová, »und das ist die Wahrheit. Ich habe nie etwas in der Art gesehen. Aber ja, das Gerücht geht um – wie ein hässliches Gespenst.«
    »Und warum geht dem niemand nach?«
    »Die Polizei sagt, es sei eine Erfindung dieser Hilfsorganisation für Prostituierte, damit sie mehr Aufmerksamkeit – und damit wohl auch mehr Gelder – für ihre Arbeit bekommen. Keine Ahnung, ob da was dran ist. Für mich hört sich das nach einer gemeinen Unterstellung an. Ich hoffe, dass es nur eine Art Missverständnis ist. Außerdem heißt es, dass es Roma sind, die ihre Kinder verkaufen. Vermutlich ist das nur eine weitere Rufmordkampagne. Sie wissen ja, was für einen Ruf diese Volksgruppe hierzulande hat – schlecht ist gar kein Ausdruck. Man traut ihnen alles zu, vor allem alles Schlechte. Ob berechtigt oder nicht. Andererseits ist es schon so, dass es mit dieser Volksgruppe viele Probleme gibt – auch krimineller Art. Außerdem – wer sollte es anzeigen? Die betreffenden Familien? Die Freier? Auf frischer Tat wurde noch niemand erwischt. Allerdings …« Sie zögerte.
    Larissa war erschüttert. Aber Sabrina hatte recht. Wo kein Kläger, da kein Richter. »Ja?«, hakte Larissa gespannt nach.
    »Nun, in letzter Zeit wurden immer mal wieder Männer am Straßenrand außerhalb der Stadt gefunden, die offensichtlich zusammengeschlagen worden waren und denen die Brieftaschen fehlten. Aber keiner der Männer wollte bisher Anzeige erstatten. Sie hatten alle mehr oder weniger plausible Erklärungen für ihren

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