Reinen Herzens
Zustand. Und sie sind so schnell wie möglich wieder über die Grenze nach Hause gefahren. Es waren alles Männer aus dem deutschen Grenzgebiet.« Sie zuckte mit den Schultern. »Vermutlich Freier, denen der Ausflug über die Grenze nicht bekommen ist. Aber ob das mit diesem Gerücht über die Kinderprostitution zusammenhängt, weiß ich wirklich nicht.«
»Ich bin fassungslos«, sagte Larissa. Sie trank einen Schluck von ihrem inzwischen kalten Kaffee. Die Pensionswirtin hatte also offenbar die richtigen Schlüsse gezogen aus den Erzählungen ihrer Freundin. »Sie wissen nicht zufällig, wie diese Männer heißen?«, fragte sie.
»Nein. Die Polizei hat die Namen nicht veröffentlicht.«
»Wissen Sie, wo die Männer gefunden wurden?«
»Hier und da. Unter anderem an einer Straße jenseits von Amerika.«
Larissa sah sie erstaunt an. »Jenseits von Amerika ?«
Sabrina lachte. »Amerika heißt ein See hier in der Gegend, er gehört zu Franzensbad, das sind knapp sieben Kilometer von hier. Dort gibt es die USA im Kleinen – ein Anwesen dort in der Nähe heißt Florida, und ein anderes wird Kalifornien genannt.«
»Und wie kommt man da hin?«, fragte Larissa und notierte sich die Namen. »Sie erwähnten vorhin einen Bus. Ich bin nämlich mit dem Zug hergekommen, nicht mit dem Auto.« Was offensichtlich ein Fehler war, dachte sie. Aber da sie kein Auto besaß, hatte sich die Frage überhaupt nicht gestellt.
»Nach Franzensbad fahren Busse. Und dann könnten Sie mit dem Mini-Zug vom Milano zum See fahren …«
Larissa konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Italien also auch, ja? Und wo liegt dieses Milano? Jenseits von Kalifornien?«
Sabrina lächelte. »Nein. Mehr oder weniger östlich von Amerika – ganz wie es sich geografisch gehört. Sie steigen an der Haltestelle am Kurpark aus und laufen die Straße zurück Richtung Luisen-Bad. Kurz dahinter an der Straße ist die Gaststätte Milano, und von dort fährt der Mini-Zug. Amerika ist die Endstation. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der Zug fährt. Im Winter machen die, glaube ich, Pause. Aber Sie können auch den Weg durch den Park zum See nehmen. Ist ein schöner Spaziergang, allerdings ziemlich lang, weil der Weg einen großen Haken durch den Park schlägt. Kürzer ist es, wenn Sie an der Haltestelle Slatina aussteigen und den kürzeren Weg über die Jezerní-Straße nehmen. Am Hotel Francis Palace vorbei.« Sabrina bemerkte Larissas zweifelnden Blick. »Warten Sie, ich zeige es Ihnen.« Sie stand auf und holte einen Stadtplan aus ihrer Schreibtischschublade. Die nächsten zehn Minuten verbrachten die beiden Frauen über dem Plan, und Sabrina zeichnete alle wichtigen Wege und Stellen ein. »So«, sagte sie schließlich, und reichte Larissa den Plan, »das sollte Ihnen helfen. Vielleicht sollten Sie sich überlegen, ein Auto zu leihen – das würde Ihre Recherchen sicher erleichtern. Allerdings müssten Sie dazu entweder nach Deutschland fahren oder nach Karlsbad.«
»Das wäre beides ein bisschen weit«, erwiderte Larissa, »außerdem geben das meine Spesen nicht her. Ich versuche es erst mal mit dem Bus – und dem Mini-Zug, falls er fährt. Ich bin schließlich noch nie mit der Eisenbahn von Milano nach Amerika gefahren. Und gegen Spaziergänge habe ich auch nichts.«
»Noch eines, Larissa«, sagte Sabrina ernst, »passen Sie bei Ihren Recherchen auf, mit wem Sie worüber sprechen. Und die Sache mit der Kinderprostitution vergessen Sie am besten. Da werden Sie von niemandem etwas erfahren, was über ein kolportiertes Gerücht hinausgeht.«
Larissa lächelte unsicher. »Gerne, aber ich kenne hier niemanden. Ich habe keine Ahnung, mit wem ich sprechen sollte oder nicht. Könnten Sie mir nicht ein paar Leute empfehlen? Wenigstens wegen der Sache mit den zusammengeschlagenen Touristen.« Liebe Güte, das hörte sich ja alles an, als sei sie mitten in Sizilien gelandet.
Sabrina Jandová sah sie eine Weile nachdenklich an, dann zog sie Larissas Notizblock zu sich herüber und notierte ein paar Namen und Telefonnummern. »Diese Leute sind in Ordnung, glaube ich. Aber seien Sie trotzdem vorsichtig, bitte. Vor allem bei dem ersten. Er ist ein komischer Kauz, aber er kennt den Wald wie kein Zweiter.«
Draußen auf dem Platz schlug Larissa noch einmal ihren Block auf und betrachtete die beiden Namen: Gustav Mottl, ein Förster, und Tomáš Marný, Inspektor bei der örtlichen Polizei. Über den letzten Namen musste Larissa lächeln. Ein sprechender
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