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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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blubb, versenkt. Sie hatte dieses Froschspiel, wie ihr Vater es genannt hatte, als Kind sehr geliebt. Auch jetzt versuchte sie ehrgeizig, die ersten fünf Sprünge zu übertreffen. Es gelang ihr trotz mehrerer Versuche nicht. Sie sah den sich schnell ineinander verlaufenden Wellen, die immer neue Muster auf der Wasseroberfläche bildeten, eine Weile nach, dann griff sie mit beiden Händen in den Kies und warf mit Schwung die zwei Handvoll Steine so weit wie möglich in den See. Die Steine prasselten wie ein Landregen in das ruhige Wasser. Herrliche Wellen bildeten sich, die ineinander liefen, sich hier gegenseitig verstärkten und dort auslöschten. Als sie sich schließlich umdrehte, um ihren Weg fortzusetzen, fiel ihr unter einem Gebüsch im Wasser etwas auf, das mit den Wellen, die ihre Steine verursacht hatten, gegen das Ufer schwappte. Müll, dachte sie, dass die Leute solche Ferkel sein mussten. Gustav Mottl hatte völlig recht. So ein schöner See, und sie kippten ihren Abfall rein. Ein großer schwarzer Müllsack. Sie wollte schon weitergehen, als ihr etwas Helles in dem dunklen Müll auffiel. Ohne nachzudenken, trat sie näher. Es sah aus wie Seegras, wie es gemächlich im Wasser an der Oberfläche hin und her wogte. Helles Seegras, dachte sie verwundert, vielleicht abgestorbenes Seegras … aber das wäre wohl eher braun, vielleicht hellbraun … aber dieses hier sah … ja, es sah tatsächlich blond aus. Blondes Seegras? Sie trat einen Schritt näher. Eindeutig blond. Und wie Seegras sah es auch nicht wirklich aus. Irgendetwas dort funkelte in der Sonne. Noch ein Schritt – dann sah sie die Hand, deren seltsam zerfranste Finger sich nach dem Ufer zu strecken schienen. An einem davon glitzerte ein Ring.
    Fünfzehn Minuten später hielt der Wagen von Inspektor Marný auf dem Weg neben ihr. Larissa hatte nach dem ersten Schock die Notrufnummer gewählt und von ihrem Fund berichtet. Dann hatte sie sich etwas abseits an die Straße gestellt und gewartet. Die Minuten waren ihr endlos erschienen, und sosehr sie auch versucht hatte, nicht mehr hinzusehen, war ihr Blick doch immer wieder zu der bleichen Hand im Wasser gewandert.
    Der Inspektor sprang aus dem Wagen und kam die wenigen Meter vom Wagen zu ihr gelaufen. Larissa deutete auf die Leiche, die inzwischen wieder ruhig an der Wasseroberfläche schwamm.
    »Verdammte Scheiße«, fluchte der Inspektor, ohne zu grüßen, »wo kommt das denn her?« Er trat näher ans Ufer und betrachtete die nackte Hand. »Bisschen angefressen. Wiederbelebungsmaßnahmen können wir uns schenken.« Er drehte sich zu Larissa um, die ihm gefolgt war. »Und was zum Teufel machen Sie hier? Sie müssen Ihre neugierige Nase wohl überall reinstecken, was?«
    Larissa verzog das Gesicht. »Auf das hier hätte ich gut verzichten können. Und auf Ihre Bemerkung dazu ehrlich gesagt auch«, erwiderte sie gereizt. »Ich wollte zu der Bushaltestelle da hinten, und weil es hier so hübsch war, habe ich Frösche geworfen und dabei das da entdeckt.«
    Marný grinste. »So, Sie werfen Frösche.« Er nickte. »Gute Stelle. War hier auch oft, als Kind. Tut mir leid wegen … na, Sie wissen schon. Ist gerade viel los.« Er ging zum Wagen zurück und benutzte das Funkgerät.
    Larissa riss sich endlich von dem unerfreulichen Anblick los und folgte ihm. »Kann ich gehen?«, fragte sie, als er fertig war. Sie wollte nicht dabei sein, wenn man diese Wasserleiche aus dem See fischte. Der Anblick der zerfaserten Finger hatte ihr vollauf genügt. Wie die Vorderseite aussah, wollte sie lieber nicht wissen.
    »Ja, ja. Gehen Sie nur. Gleich wird es hier unappetitlich.« Er wippte ungeduldig auf den Zehenspitzen und blickte unverwandt den Weg entlang Richtung Bushaltestelle.
    »Ich habe gehört, dass man auf einer Lichtung hier in der Gegend einen ausgebrannten Wagen mit menschlichen Knochen gefunden hat. Können Sie mir etwas dazu sagen?«, fragte Larissa und versuchte, so zu klingen, als sei diese Frage das Natürlichste der Welt. Sie wollte die Gelegenheit am Schopfe packen, solange sie die Möglichkeit dazu hatte.
    »Woher wissen Sie davon?«, fragte Marný misstrauisch und warf ihr einen verärgerten Blick zu.
    »Ach, man hört so dies und das«, erwiderte sie ausweichend. Plötzlich fiel es ihr wieder ein. Nähmaschinen. Die Frau aus Prag, die alte Nähmaschinen kaufen wollte. Und Mottl hatte gesagt, in dem ausgebrannten Kombi seien welche gewesen. Warum nur hatte sie den Förster nicht nach dem Namen der

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