Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)
fest in seinen Händen. So fest, dass seine Finger sich bereits weis färbten.
„Ja.“
Er nickte und riss das Steuer urplötzlich zurück und gleichzeitig zur Seite, wobei er noch abbremste. Dabei wandte er das Gefährt um einhundertachtzig Grad und ich hatte die Drohne sofort im Visier.
Nun drückte ich nur noch auf den unübersehbar roten Knopf an der Spitze des Joysticks und kleine, lang gezogene, silberfarbene Projektile verließen den Gleiter.
Die Drohne unternahm nicht einmal einen Ve rsuch, um auszuweichen. Stattdessen ging sie in einem glühenden Feuerball auf.
Bloomquvist nickte zufrieden und flog eine Ku rve, um wieder auf den ursprünglichen Kurs zu kommen.
Langsam näherten wir uns Bloomquvists Haus. Er flog eine kleine Schleife über der Holzhütte und dann ging er langsam nach unten.
Als ich zu ihm herüber sah, fiel mir auf, dass er, während er die Schleife flog, den Himmel abzusuchen schien. Sicher war diese Drohne, die wir abgeschossen hatten, nicht die einzige Möglichkeit der Regierung, uns zu verfolgen.
„Was ist, wenn sie uns mit einem Satelliten ve rfolgen können?“, fragte ich verunsichert. Die Idee kam mir so plötzlich und erschien mir auch noch so erschreckend, dass ich die Frage stellen musste.
Doch Bloomquvist schüttelte nur den Kopf. „M ache dir keine allzu großen Gedanken, Serah. Hier sind wir erst einmal sicher.“
Sanft setzte er den Gleiter inmitten des weichen Schnees ab.
Ich sprang sofort aus dem Gefährt und direkt in den kalten Schnee hinein. Ich genoss die Luft, die es hier gab. Sie kam mir so viel reiner und belebender vor als die Stadtluft und von der Luft im Getto will ich erst gar nicht anfangen.
„Ruh dich aus“, forderte mich Bloomquvist auf, als ich gerade die Tür des Gleiters zuschlagen wol lte.
Ich nickte ihm zu und lief in das Haus.
Sam erwartete mich bereits an der Tür. Sie hatte wieder dieses warme Lächeln im Gesicht. „Du hast es wirklich geschafft. Du, Serah, hast der Regierung gezeigt, welche Macht der Widerstand hat.“
Ich nickte. „Aber dennoch hat mein Schuss nichts bewirkt. Es war nicht einmal der echte Präsident.“
Doch sie schüttelte den Kopf. „Das spielt keine Rolle, Serah. Du hast ein Zeichen gesetzt.“
Sie tätschelte meine Schulter und ich lief an ihr vorbei die Treppe hinauf. Ich fühlte mich plötzlich so müde.
Ich weiß nicht mehr, warum, aber ich wurde mitten in der Nacht wach. Mein Mund fühlte sich sehr trocken an, also beschloss ich, nach unten in die Küche zu gehen und mir ein Schluck Wasser zu gönnen.
Es war ein merkwürdiges Gefühl, dass das Wa sser einfach so aus der Wand zu kommen schien. Im Getto war das unvorstellbar, es war lediglich ein Gerücht oder eine vage Illusion. Und jetzt war es die Realität.
Was meine Mutter wohl dazu gesagt hätte?
Ich trank das Glas Wasser langsam aus, als müsste ich jeden einzelnen Tropfen genießen. Irgendwie hatte ich mich an diesen Luxus noch nicht gewöhnt. In meinem Inneren war immer die Sorge, all dies verlieren zu können. Dann würde ich wieder im Getto landen. Aber jetzt, wo ich weiß, dass es eine solche Welt gibt, wäre der Aufenthalt im Getto umso schwieriger.
Ich wollte gerade wieder die Treppe nach oben gehen, als mir das helle Licht auffiel, das scheinbar aus dem Vorraum des Kellers kam. Meine Neugier war zu groß, als dass ich es hätte ignorieren kö nnen.
Ich schlich mich förmlich nach unten. Je näher ich der Tür kam, desto lauter hörte ich auch Bloomq uvists Stimme.
Eigentlich hätten mich seine Angelegenheiten nicht interessieren sollen, aber irgendw ie verspürte ich den Drang, mir seine Worte genauer anhören zu müssen.
„Ja, es läuft soweit alles nach Plan. Und ich gla ube, dass Serah genau die richtige Person für diese Mission ist.“
Wovon redete er da? Plante er etwa schon die nächsten Attentate? Aber dann war die drängende Frage, wer die Person am anderen Ende der Le itung war?
„Diese Mission war kein Fehlschlag. Sicher, sie hat nicht den Präsidenten erwischt, aber das war beileibe nicht ihre Schuld. Niemand hätte damit rechnen können, dass Maximilian nur ein Double auf die Bühne schickt.“
Ich presste meinen Körper stark gegen die Wand und versuchte meine Atmung zu regulieren.
„Keine Sorge, ich werde darauf achten, dass ihr nichts passiert. Serah ist zu wertvoll für unseren Widerstand. Ich glaube, sie wird noch große Taten vollbringen.“
Tatsächlich fühlte ich mich bei
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