Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)
helfen, aber ich musste meine Tarnung weiter aufrechterhalten.
Warum tut man Kindern so etwas an? Nur weil sie von armen Eltern abstammen?
„Nun kommen wir in den kritischen Bereich. Hier werden die Kinder experimentell modifiziert. Ich betone, dass all diese Modifikationen noch in der Experimentierphase sind, aber wenn sie sich als zuverlässig erweisen, umso besser.“
Wir betraten eine Art gläserne Kammer. Sowohl der Boden als auch die Wände waren aus spiegelndem Glas. Und direkt unter uns befanden sich durch dünne Wände abgetrennte Räumlichkeiten, die allesamt wie Operationsräume aussahen.
In einem Raum waren sogar Ärzte zu sehen, die in irgendeiner Weise an einem Kind operierten. Ich konnte es nicht genau erkennen, aber es sah so aus, als würden sie die Extremitäten des kleinen Körpers amputieren. Die Dame musste meinen fragenden Blick sehen.
„Sie werden sich jetzt sicher fragen, inwiefern die Kinder hier modifiziert werden, nicht wahr? Diese Art der Modifikation ist noch einzigartig. Wir amputieren die Gliedmaßen der Kinder und ersetzen sie durch leistungsfähige Prothesen.“
„Welchem Zweck soll das dienen?“
„Sie sind leistungsfähiger. Ein künstliches Bein und ein künstlicher Arm ermüden nicht und sie sind in der Regel deutlich belastbarer als die Gliedmaßen von Kindern.“
So langsam wurde mir bewusst, was hier passie rte. Offensichtlich sollten diese Kinder zu Arbeitern umfunktioniert werden.
„Ich hoffe, ihnen hat unsere Einrichtung gefallen und wenn sie es wünschen, werde ich sie auch weiterhin über den Verbleib der Kinder informi eren. Nur wenn sie dann adoptiert werden, kann ich ihnen nichts mehr sagen. Sie werden sicher die Gesetze kennen“, erklärte die Frau mit freundlicher Stimme.
„Es war sehr aufschlussreich und ich bin übe rzeugt, dass diese Kinder gute Eltern bekommen werden.“
Sie nickte. „Das wünschen wir uns für all unsere Kinder.“
Maximilian zögerte kurz, dann umarmte er die Frau kurz. Sie war viel zu paralysiert, um diese Geste zu erwidern, aber daran störte sich der Präsident nicht.
Dann wandte er sich zu dem Gleiter herum und öffnete dessen Tür. Sein persönlicher Pilot schien gerade ein kleines Nickerchen zu halten. Und er wachte erst auf, als er die Tür des Gleiters z uschlug.
„Na, auch schon wach?“, fragte Maximilian l achend.
„Entschuldigen sie, Sir.“
„Sitzen sie bequem.“
„Wo soll es hingehen?“
„Jetzt will ich mit dem Gefangenen reden.“
„In Ordnung.“
„Nun kommen wir zum letzten Abschnitt, den die Kinder hier durchlaufen müssen.“
Wieder betraten wir eine gläserne Kammer und wieder befanden sich unter unseren Füßen abg etrennte Räumlichkeiten. Diese Räume jedoch waren keine Operationssäle mehr. Es waren Matten auf dem Boden, Schießstände und andere Sportgeräte zu sehen.
„Hier werden die Kinder zu Soldaten ausgebildet.“
„Wo werden diese Soldaten eingesetzt?“
„Nun, das weiß hier niemand so recht. Ihr Verwendungszweck ist ein streng gehütetes Geheimnis.“
Ich sah diese entstellten Kinder, wie sie auf dem Boden herum rollten, wie sie auf Ziele schossen. Das waren keine Kinder mehr. Sie hatten ihre Kin dlichkeit, ihre Naivität, all dies hatten sie verloren, und zwar genau in dem Moment, in dem man sie von ihren Eltern fortnahm.
Das war weitaus schlimmer gewesen als alles, was ich mir vorstellen konnte. Es war kaum vo rstellbar, dass Sams Kinder auch hier waren.
„Wenn sie möchten, können sie auch persönlich mit einigen ausgebildeten Soldaten sprechen. Nur damit sie sehen können, dass sie keinen Schaden davongetragen haben.“
Wie konnte sie nur so etwas sagen? Keinen Schaden, wenn man so behandelt wurde?
Ich nickte. Es war schwer, den Blick von diesen Kindern abzuwenden.
Die Dame klatschte in die Hände und die Tür, durch die wir in die Kammer gekommen waren, öffnete sich und zwei dieser entstellten Kinder traten ein.
Ihre metallenen Beine verursachten ein unang enehmes Geräusch auf dem gläsernen Boden und es sah fast so aus, als würden sie ein wenig auf dem Boden rutschen.
Ihre Gesichter waren kalt, ihre Blicke leer. Sie hatten offenbar jede Hoffnung auf ein besseres Leben verloren.
„Wie geht es euch?“, fragte die Dame und ihre Stimme war anders. Sie klang nicht mehr so freundlich, sie klang plötzlich viel autoritärer.
„Sehr gut, Madame“, antworteten die beiden Kinder gleichzeitig und in einer Tonlage, die man
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