Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)
Person handeln, die zum inneren Kreis des Präsidenten zählt, denn nicht jeder Mensch käme in den Genuss eine persönliche Aussage des Präsidenten aufzunehmen.“
„Aber vielleicht ist genau das die Falle“, bemer kte ich plötzlich. „Jemand aus der Regierung hat uns diese Information gesendet und wenn wir sie jetzt verbreiten, dann können sie uns ausfindig machen.“
Bloomquvist schüttelte seinen Kopf. „Keine So rge, Mails in solche Bunker lassen sich nicht verfolgen. Wir sind hier sicher.“
Mit Schmerz hallten diese Worte in meinem Kopf nach. Wir seien hier sicher, hatte Bloomquvist recht oft verlauten lassen, aber letztlich gab es keine Sicherheit. Und als ich mir Sams Gesicht ansah, wusste ich, dass sie genau die gleichen Gedanken hegte, wenn sie diese Worte hörte.
„Also, wie wollen wir nun verfahren?“, fragte Bloomquvist noch einmal. „Ich möchte diese Entscheidung ungern über eure Köpfe hinweg und ohne euer Einverständnis treffen.“
„Wir müssen sie verbreiten“, sagte Sam mit einer enormen Entschlossenheit.
„Sehe ich auch so“, fügte ich hinzu.
„Wie sieht die Situation aus? Sind weitere Flüch tlingskonvois über die Grenze gekommen?“, fragte Maximilian nüchtern. Er machte nicht einmal einen Hehl daraus, dass er gerade unschuldige Zivilisten getötet hat.
„Keine weiteren Konvois“, schallte ihm eine ebenso nüchterne Stimme entgegen.
Der Präsident nickte zufrieden. Je weniger Opfer, desto leichter lassen sie sich vertuschen. Er nahm auf einem Stuhl Platz.
De Croon betrat die Zentrale und erschrak fast, als er den Präsidenten dort sitzen sah. „Hallo, Herr Präsident.“
„De Croon.“
Der Leiter der Anlage stellte sich direkt neben Maximilian und sah auf ihn herab. Abscheu lag in seinem Gesicht. „Gab es weitere unnötige Opfer?“
„Nein, bislang nicht“, antwortete Maximilian a nstatt eines Mitarbeiters.
De Croon nickte. „Gut.“
Die Stimmung war komisch. Zuvor wirkten die beiden Männer wie gute Freunde, doch jetzt waren sie distanziert. Selbst einige Mitarbeiter sahen sich gegenseitig fragend an.
„Wann werden sie wieder abreisen?“, fragte De Croon mit nach vorn gerichtetem Blick.
„Bald. Ich muss diese Sache vor dem Parlament rechtfertigen.“
Der Leiter nickte und ging wieder.
„Ich stehe heute vor ihnen mit einer schlechten Botschaft, meine Damen und Herren.“ Maximilian bemühte sich darum, möglichst schuldbewusst zu wirken. „Wie sie sicher alle ihrem Dossier entnehmen konnten, wissen sie bereits, dass eine meiner Handlungen zum Tod hunderter Flüchtlinge führte. Doch ich möchte diese Sache nicht unkommentiert stehen lassen, denn meine Reaktion, und das möchte ich hier klar machen, war begründet.“
Die meisten anwesenden Parlamentarier saßen mit verschränkten Armen da. Sie hörten dem Pr äsidenten widerwillig, aber dennoch geduldig zu.
„Ich möchte ihnen kurz die Situation erläutern. Als ich im SATurn-Zentrum angekommen bin, e rhielt ich bereits den Hinweis, dass sich eine feindliche Kolonne der osteuropäischen Grenze näherte. Sie befanden sich zu jenem Zeitpunkt bereits im grünen Streifen. Es lag also an mir, zu entscheiden, ob wir angreifen oder lieber warten sollten. Wie es das Protokoll verlangt, wies ich die dort stationierten Soldaten dazu an, den anrückenden Truppen klar zu machen, dass wir im Notfall schießen werden. Wir gaben den, wie sich später herausstellte, Flüchtlingen eine klare Linie vor, die sie nicht überschreiten durften.
Nichtsdestotrotz überschritten sie die Linie und missachteten jede Warnung, also musste ich den Befehl geben, sie abschießen zu lassen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass diese Flüchtlinge in militärischem Gerät g ereist sind, das genauso gut von der russischen Armee hätte stammen können. Es stand also zu Gebote, so zu handeln.“
Ein kleiner Teil der Anwesenden nickte. Sie schluckten Maximilians Geschichte. Für den Präs identen ging es hier vor allem um eine Vertrauensfrage, denn wenn der größere Anteil des Parlaments seine Handlung in Zweifel zieht, kann dies zu einem Misstrauensvotum führen.
„Gestatten sie eine Zwischenfrage“, sagte der Parlamentspräsident. Üblicherweise fragte dieser den Redner, ob er eine Zwischenfrage zuließ, doch diesmal klang es eher nach einer drohenden Au fforderung.
Ein Parlamentarier, den Maximilian noch nie g esehen hatte, erhob sich, richtete seine Krawatte
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