Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)
weißen Steinen bedeckt war, die allesamt perfekt quadratisch zugeschnitten waren. Zwischen den Fugen sah man immer wieder Grünzeug, das sich doch irgendwie einen Weg durch den Stein gebahnt hatte.
Vor uns lag das schmucklose Gebäude des Se nders. Hier fanden sich kaum noch Wachen oder Kameras. Alles war ruhig. Zu ruhig.
Wir liefen in geduckter Haltung über den Platz. Deckung hatten wir hier nicht. Vielleicht wurde der Platz absichtlich so gestaltet.
Vorsichtig näherten wir uns dem vermeintlichen Haupteingang.
„Kommt dir die ganze Situation hier nicht etwas zu ruhig vor?“, fragte ich verunsichert.
„Das kann sein, aber vielleicht will es das Schicksal auch so“, spottete Sam. Man hörte den Sarkasmus in ihrer Stimme heraus.
„Vincent Van Datz“, hallte die Stimme der Sekretärin durch Maximilians Büro.
Der Präsident wusste nicht einmal, was Frau B unansa damit genau meinte.
„Sie wollten doch wissen, wie dieser Abgeordn ete im Parlament hieß, oder etwa nicht?“ Die Sekretärin sah ihn fragend an.
„Er ist noch nicht lange hier?“
Frau Bunansa trat nun vollständig in das Büro ein und schloss die Tür. „Ich rechnete bereits mit dieser Frage und habe mir deshalb erlaubt, ein paar Recherchen anzustellen.“
Provokativ stellte sie sich vor den Stuhl, der übl icherweise für Gäste war. Maximilian zeigte auf den Stuhl, um ihr klar zu machen, dass sie sich hinsetzen solle.
Die Sekretärin nickte. „Er ist ein Adeliger aus Brüssel, gehört dementsprechend zur Oberschicht. Vorher hat er eine der größten Banken geleitet, die sein Vater zuvor aufgebaut hatte. Und nun scheint er sich für die Politik zu interessieren.“
Maximilian nickte und hörte aufmerksam zu. „Er ist also womöglich wirklich ein Problem.“
„Wenn er sich weiterhin so in das Geschehen einmischt, wird er das sein.“
Der Präsident verschränkte die Hände vor seinem Gesicht. Er musste nachdenken.
Einen politischen Gegner, der versucht, ihn au szuschalten, war äußerst unpassend. Das Parlament hatte ihn wahrscheinlich durch seine Reaktion an der Grenze schon im Visier und dieser Van Datz könnte somit der ideale Bluthund für die Abgeordneten werden.
„Ich sollte vielleicht erwähnen, dass er sich in mehreren Netzwerken, auch im internen Parl amentsnetzwerk, über sie informiert hat. Was genau er sich angesehen hat, können wir nicht nachverfolgen, aber wir sehen zumindest, unter welchen Namen er gestöbert hat.“
Der Präsident war überrascht von seiner Sekret ärin. Er hätte nicht gedacht, dass sie derartige Methoden anwendet.
Frau Bunansa lächelte nur und zuckte mit den Achseln.
„Sie haben wohl einige Tricks unter Monroe gelernt?“
„Präsidentin Monroe hat sich immer sehr gut über ihre Kollegen und politischen Kontrahenten informiert.“
Maximilian war wieder einmal in seine Akten ve rtieft. Man sollte die bürokratische Arbeit eines Politikers wahrlich nicht unterschätzen. Er musste unzählige Unterschriften leisten unter Schriftstücke, die er sich erst einmal durchlesen musste. Theoretisch hätte das auch seine Sekretärin machen können, aber solch wichtige Angelegenheiten klärte er lieber selbst.
Es klopfte kraftvoll an seine Tür.
„Herein!“, forderte Maximilian, ohne auch nur kurz den Blick anzuheben.
Langsam und mit einem ungewöhnlich leisen Quietschen öffnete sich die Tür. Leise Schritte von Herrenschuhen waren zu hören.
„Sie wollten mich sprechen, Herr Präsident?“, hallte die scharfe Stimme durch das Büro.
Augenblicklich schnellte der Blick des Präside nten nach oben und beinahe hätte er den Stift fallen lassen, mit dem er all die Unterschriften zu leisten hatte.
„Ich hoffe, ich komme nicht allzu ungelegen? Leider haben mich einige meiner Termine verhi ndert. Vielleicht wissen sie ja noch, wie schwierig es in der Anfangszeit ist. Zahllose Treffen und man lernt nahezu jeden Tag einen neuen und ach so wichtigen Menschen kennen.“ Ein Grinsen huschte über das Gesicht.
Für einen Politiker, der neu in diesem Geschäft war, war Vincent Van Datz selbstbewusst. Mit einem Nadelstreifenanzug stand er locker in der Bürotür. Im Hintergrund hörte man Frau Bunansa eifrig telefonieren.
„Nun kommen sie schon herein, Herr Van Datz“, forderte Maximilian mit einem aufgezwungenen Lächeln auf den Lippen.
Er nickte, trat ein und schloss die Tür. Ohne eine weitere Aufforderung nahm er auf dem Gästestuhl direkt vor dem Schreibtisch
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