Reinlich & kleinlich?! - wie die Deutschen ticken
wenn es schmerzen kann, auf einen Fußballspieler reduziert zu werden: Früher gab es im Zusammenhang mit unserer Nation deutlich unerfreulichere Assoziationen!
Wobei auch die Verbindung zu Michael Ballack in einigen Teilen der Welt ihre Tücken hatte und hat. In den Medinas marokkanischer Königsstädte etwa, also in Marrakesch, Fes oder Rabat, kann es dem auf seine Fußballspieler stolzen Bundesbürger passieren, dass ihm Händler an jeder Ecke „Ballack! Ballack!“ zurufen. Doch Vorsicht! So sehr dem einen oder anderen deutschen Mann der Gedanke an eine Verwechslung mit dem Capitano schmeicheln dürfte: Bilden Sie sich nicht zu viel darauf ein! Denn phonetisch hat der Name böse Ähnlichkeit mit einem arabischen Wort, das übersetzt so viel heißt wie: „Aus dem Weg!“ Auf dem Weg zum freundlichen Deutschen wäre das ein ziemlicher Rückschritt …
Zumal wir es dem Fußball zu verdanken haben, dass der Rest der Welt uns heute nicht mehr nur für pünktlich, gründlich, ordentlich und ansonsten langweilig hält. 2006, bei der WM im eigenen Land, sind wir zwar nicht Weltmeister geworden, wie früher mit unseren typischen deutschen Tugenden. Dafür haben wir den anderen aber gezeigt, dass es Fernsehsendungen wie Verstehen Sie Spaß? bei uns nicht umsonst gibt. Ganze Kontinente wunderten sich über die tanzenden, lachenden, schwarz-rot-gold-bemalten Deutschen und über das unglaubliche Wetter in dem Land, das den Regen erfunden hat.
War der Klimawandel schuld? Das Ozonloch? Die Abgase der deutschen Autos?
Nein: Das alles hatten wir dem Fußball zu verdanken. Unserem Sport. Mag sein, dass der alte englische Spruch von dem Spiel, bei dem sich 22 Männer gegenüberstehen, und das am Ende immer die Deutschen gewinnen, nicht mehr bei jedem großen Turnier gilt. Aber das Wichtigste, das ist urdeutsch und wird es bleiben, liebe Brasilianer, Spanier, Italiener: Selbst wenn ihr uns besiegen solltet, macht ihr das immer – mit einem Ball von Adidas!
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Käuferinnen und Käufer, liebe Kritikerinnen und Kritiker!
Es ist an der Zeit, über eine Grundtugend der BundesbürgerInnen zu sprechen, die, obwohl noch jung, unser Land, unsere Sprache und unsere Rechtschreibung verändert hat wie wenige andere zuvor: die political correctness. Sie ist, der Begriff deutet es an, keine deutsche Erfindung. Aber erst die EinwohnerInnen dieser Nation, an erster Stelle MinisterInnen, BürgermeisterInnen und andere SpitzenpolitikerInnen, haben das politisch korrekte Bewusstsein und Verhalten zu einer beispiellosen Reife gebracht. Vorbei die Zeiten, in denen BundespräsidentInnen zwischen NegerInnen und DeutschInnen unterschieden, vorbei die furchtbaren Jahre, in denen AusländerInnen einfach AusländerInnen genannt wurden. Heute heißt es bereits auf der untersten Stufe politischer Korrektheit: „Liebe ausländische Mitbürgerinnen und liebe ausländische Mitbürger!“ Wer es hundertprozentig richtig machen will, spricht von „liebe Mitbürgerinnen mit Migrationshintergrund und liebe Mitbürger mit Migrationshintergrund“ und sollte es im weiteren Verlauf seiner Rede tunlichst vermeiden, etwa auf deren überproportionalen Anteil an kriminellen Machenschaften zu sprechen zu kommen. Das mag wahr sein, ist aber noch lange kein Grund, es auch zu sagen! Wo wir doch endlich aus dem Neger- einen „Schaumkuss“ gemacht haben, Farbige wie selbstverständlich „AfroamerikanerInnen“ und Nutten „Prostituierte“ nennen.
Dass Letztere von sich selbst als „Huren“ sprechen, ist ihr Problem. Wir bleiben korrekt, auch wenn es um unsere SoldatInnen geht, die seit Jahren lediglich auf einer Friedensmission in Afghanistan sind. PolitikerInnen kriegen nicht genug davon, den Einsatz zu verniedlichen, und distanzieren sich permanent von anderslautenden Aussagen.
Das ist im Übrigen ein Schlüsselwort des/der politisch korrekt Handelnden. Sie/er distanziert sich, wann und wo es nur geht, vor allem natürlich von allen Äußerungen, die in irgendeiner Form Menschen, Pflanzen, Fische oder sonstige Lebewesen beleidigen, angreifen oder kritisieren könnten. Das gilt selbst für solche (Menschen, Pflanzen, Fische, Säugetiere), gegen deren Verhalten man/frau zu Recht etwas einwenden dürfte. Ein Straftäter ist bitte schön so lange ein „mutmaßlicher Straftäter“, bis ihn ein Gericht letztinstanzlich verurteilt hat. Legt man/frau ihm zur Last, die Verlobte umgebracht zu
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