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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zwölf Stunden von ihren vierundzwanzig verloren hatten.
    Kapitän Servadac zog es nicht ohne Grund, und vorzüglich um klarer zu bleiben, vor, nach der gewohnten Methode zu rechnen. Wenn die Sonne also auch schon zwölfmal über dem Horizonte der Insel auf-und untergegangen war, so zählte er vom 1. Januar um Mitternacht, dem Anfange des bürgerlichen Jahres, doch bis jetzt erst sechs Tage. Es liegt auf der Hand, daß eine Pendeluhr ihm in Folge der verminderten Schwerkraft nur falsche Zeit hätte weisen können; eine Federuhr aber unterliegt nicht den Gesetzen der allgemeinen Anziehung und, die Güte der Uhr Hector Servadac’s vorausgesetzt, mußte diese trotz der Störung der physikalischen Ordnung aller Dinge dennoch regelmäßig weiter gehen. Das war aber unter gegenwärtigen Verhältnissen wirklich der Fall.
    »Potz Wetter, Herr Kapitän, ließ sich da Ben-Zouf, der in der schönen Literatur etwas bewandert war, vernehmen, mir scheint, Sie spielen hier ganz die Rolle des Robinson und ich die Freitag’s! Bin ich nicht etwa schon zum Neger geworden?
    – Nein, Ben-Zouf, sagte Kapitän Servadac, bis jetzt bist Du noch immer hübsch – dunkelweiß.
    – Ein weißer Freitag ist zwar nur ein halber, versetzte Ben-Zouf, es ist mir aber doch lieber so!«
    Als sich auch am 6. Januar nichts zeigte, beschloß der Kapitän, wie es alle Robinson’s zu thun pflegen, die vegetabilischen und animalischen Hilfsquellen seines Landes zu untersuchen.
    Die Insel Gourbi – diesen Namen legte man ihr bei – hatte eine Oberfläche von etwa 3000 Quadratkilometer, d.h. von ungefähr 300,000 Hectaren. Ochsen, Kühe, Ziegen und Schafe fanden sich in großer Menge, ihre Anzahl konnte jedoch nicht sicher festgestellt werden. Wild gab es in Ueberfluß, ohne daß man zu befürchten brauchte, daß es entfliehen könnte. An Cerealien fehlte es nicht. Drei Monate später mußte die Korn-, Reis-und Maisernte beginnen. Alles in Allem schien die nöthige Nahrung für den Gouverneur, die Bevölkerung und die beiden Pferde mehr als gesichert. Selbst wenn die Insel noch weitere Einwohner erhielt, konnte sich kein Mangel fühlbar machen.
    Vom 6. bis zum 13. Januar regnete es in Strömen. Fortwährend erschien der Himmel mit dicken Wolken bedeckt, welche trotz der stattfindenden Condensation nicht merkbar abnahmen. Dazwischen traten einige tüchtige Gewitter auf – eine in dieser Jahreszeit sehr seltene meteorologische Erscheinung. Hector Servadac beobachtete dabei auch sehr bald, daß die Temperatur ganz abnormer Weise in raschem Steigen begriffen war. Welch’ ein wunderbar frühzeitiger Sommer, der schon im Januar begann! Noch mehr. Jene Temperaturzunahme war nicht nur eine sehr constante, sondern auch eine entschieden progressive, so als ob die Erdkugel sich der Sonne regelmäßig und fortwährend näherte.
    Mit der Wärme der Luft stieg gleichzeitig die Intensität des Lichtes und ohne den dichten Wolkenschleier zwischen dem Himmel und der Insel hätte die Bestrahlung der Sonne die irdischen Gegenstände in ganz ungewohnter Weise hell beleuchten müssen. Zu seinem größten Leidwesen konnte Hector Servadac niemals die Sonne, den Mond, die Sterne oder irgend einen anderen Punkt des Himmels beobachten, der ihm, wenn jene Nebelmassen sich verzogen, doch eine weitere Aufklärung geben mußte.
     

    Ben-Zouf mit einem Fernrohr vor den Augen … (S. 54.)
     
    Ben-Zouf versuchte zwar einige Male, seinen Herrn darüber zu beruhigen, indem er auch ihm jene Resignation empfahl, die ihm bis zur Indifferenz eigen war; er kam damit jedoch so übel an, daß er kein Wort mehr davon zu äußern wagte und sich begnügte, seine Wachtdienste zu erfüllen.
     

    »Nein, nein, das ist nimmermehr der Mond!« erklärte Hector Servadac. (S. 59.)
     
    Trotz Regen, Sturm und Ungewitter bezog er Tag und Nacht seinen Posten auf einem Felsen am Ufer und gönnte sich nur wenige Stunden Schlaf. Aber vergeblich durchirrten seine Augen den leeren Horizont. Welches Schiff übrigens hätte diesem abscheulichen Wetter mit seinen wilden Böen zu widerstehen vermocht? Das Meer wälzte seine Wogen zu einer wahrhaft ungeheuren Höhe und der Orkan heulte dazu mit ganz unvergleichlicher Wuth. Selbst in der zweiten Schöpfungsperiode, als die ersten, vorher durch die innere Erdwärme in Dampfform erhaltenen Wasser sündfluthartig auf die junge Erde niederstürzten, konnten diese Processe sich nicht mit größerer Intensität abspielen.
    Am 13. hörte die Sündfluth wie durch Zauber

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