Reise durch die Sonnenwelt
beklagte sich darüber, von dem Anblick seiner abschreckenden Erscheinung vorläufig befreit. Der Jude hatte mit aller Bestimmtheit erklärt, er werde seine Waaren nur gegen coursfähige Münze ausliefern. In Folge dessen verbot Kapitän Servadac strengstens, ihm irgend etwas zu nehmen, aber gleichzeitig auch, ihm nur das Geringste abzukaufen. Man werde ja bald sehen, ob dieser Starrkopf nicht der zwingenden Nothwendigkeit und den thatsächlichen Verhältnissen, über die ihm bald die Augen aufgehen mußten, nachgeben werde.
Offenbar glaubte Isaak Hakhabut jetzt noch ganz und gar nicht an die merkwürdige und furchtbare Lage, in welche sich die kleine Kolonie versetzt sah. Seiner Meinung nach befand er sich noch immer auf der Erdkugel, von welcher ein unerhörtes Naturereigniß nur einige Theile verändert habe, und hoffte früher oder später Gelegenheit zu finden, die Insel Gourbi verlassen und seinen Handel längs der Küsten des Mittelmeeres wieder aufnehmen zu können. Bei seinem überall hervortretenden Mißtrauen bildete er sich ein, es bestehe gegen ihn ein Complot mit der Absicht, ihm seine Güter zu rauben. Er wollte sich nun einmal, wie er sagte, nicht zum Besten haben lassen, verwarf also jene Hypothese bezüglich eines ungeheuren, von der Erde losgerissenen und in den Weltraum hinausgeschleuderten Blockes, und wollte sich nicht plündern lassen, weshalb er sein Schiff Tag und Nacht bewachte.
Es zeigte sich eine große, blendend erleuchtete Höhle. (S. 195.)
Da aber bis jetzt Alles damit übereinstimmte, die Existenz eines neuen, durch die Sonnenwelt wandelnden und nur von den Engländern in Gibraltar und den Ansiedlern der Insel Gourbi bewohnten Gestirns vorauszusetzen, so mochte Isaak Hakhabut sein altes, wie ein langgebrauchtes Ofenrohr geflicktes Fernrohr auf den Horizont richten, so viel er wollte, es zeigte sich doch kein Schiff, es traf kein Händler ein, der sein Geld gegen die Schätze der Hansa vertauscht hätte.
Dem Juden waren die Vorbereitungen für die projectirte Ueberwinterung nicht unbekannt geblieben. Seiner eingefleischten Gewohnheit nach wollte er zuerst überhaupt nicht daran glauben. Als er aber die häufigen nach Süden gerichteten Fahrten der Dobryna und die Fortschaffung der Ernten und der Hausthiere sah, schloß er daraus nur, daß Kapitän Servadac und seine Gefährten im Begriff ständen, die Insel Gourbi zu verlassen.
Was drohte denn nun aus dem armen Hakhabut zu werden, wenn sich Alles bestätigte, was er jetzt hartnäckig leugnete? Nicht mehr auf dem Mittelländischen, sondern auf dem Gallia-Meere zu sein! Sein schönes, deutsches Vaterland nicht wiederzusehen! In Tripolis und Tunis nicht mehr sein »Profitchen« zu machen! – O, das mußte sein Untergang sein!
Nun sah man ihn wohl häufiger die Tartane verlassen und sich dort an eine Gruppe Russen oder Spanier herandrängen, die ihn mit irgend einem schlechten Witze heimschickten. Er versuchte wohl auch Ben-Zouf zu kirren, indem er diesem einige Prisen Tabak anbot, welche die Ordonnanz »auf ergangenen Befehl« abschlug.
Ben-Zouf executirte eine im Elysium des Montmartre sehr beliebte Tanzpièce. (S. 205.)
»Nichts da, alter Zabulon, sagte er, nicht einmal eine Prise! Du bist im Bann, Du wirst Deine Vorräthe selbst essen und trinken, Deinen Tabak selbst aufschnupfen, Du ganz allein, alter Sardanapal!«
Als Isaak Hakhabut einsah, daß er von den »Heiligen« keine Aufklärung erlangen konnte, wandte er sich an deren »Gott« selbst und fragte eines Tages Kapitän Servadac, ob Alles, was man ihm vorher gesagt, auf Wahrheit beruhe, indem er sich versichert halte, daß ein französischer Officier einen armen Mann, wie ihn, nicht werde täuschen wollen.
»Zum Teufel, ja, das ist Alles wahr, antwortete Hector Servadac, dem ob solch’ hartnäckigen Unglaubens die Geduld ausging, Ihr habt nur noch Eins zu thun, nämlich nach dem Nina-Bau überzusiedeln.
– Steh’ mir bei der ewige Gott und der Mohamed! seufzte der Jude, der als halber Renegat beide Anrufungen vereinigte.
– Wollt Ihr drei oder vier Mann haben, die Hansa nach dem neuen Ankerplatz bei Warm-Land überzuführen?
– Ich möchte gehen nach Algier! erwiderte Hakhabut.
– Aber, ich wiederhole Euch, Algier existirt hier nicht mehr.
– Herrgott Israel’s, wäre das möglich?
– Zum letzten Male also, wollt Ihr uns mit der Tartane nach Warm-Land folgen, wo wir zu überwintern denken?
– Erbarmen! Erbarmen! Das geht um mein Hab’
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