Reise durch die Sonnenwelt
Oberfläche.
Die Einrichtung der verschiedenen, in der Bergmasse des Vulkanes vorhandenen Aushöhlungen vollzog sich mit einsichtiger Benützung aller erreichbaren Vortheile. Wiederholte Nachsuchungen hatten zur Entdeckung noch mehrerer Gänge und Schächte geführt. Der ganze Berg glich einem riesenhaften Bienenstock mit einer ungeheuren Anzahl von Zellen. Die Bienen – d.h. hier die Kolonisten – mußten darin bequeme, ja mit hinreichendem Comfort ausgestattete Wohnungen finden. Zu Ehren des kleinen Mädchens nannte man das Ganze auf Grund jener inneren Anordnung den »Nina-Bau«.
Kapitän Servadac’s und seiner Genossen erste Sorge war es nun, jene vulkanische, von der Natur so freigiebig gelieferte Wärme den Bedürfnissen des täglichen Lebens nutzbar zu machen. Durch Eröffnung neuer kleiner Rinnen für die feurig-flüssige Lava wurde ein hinreichender Theil nach geeigneten Stellen abgeleitet. Als die Küche aus der Dobryna auf diese Weise an gelegenem Orte eingerichtet war, erhielt sie also ihre Feuerung durch die Lava, und Mochel, der Oberkoch der Goëlette, machte sich sehr bald mit dieser neuen Art von Herdfeuerung vertraut.
»He, meinte Ben-Zouf, wenn in der alten Welt jedes Haus so einen kleinen Vulkan als Wärmelieferanten haben könnte, der für seine Leistungen keinen Heller beansprucht, das wäre doch einmal ein Fortschritt!«
Die größte Höhle, jene Ausmündungsstelle, nach der die Schächte des Berginnern alle zusammenliefen, wurde zur gemeinsamen Wohnung bestimmt und mit den hauptsächlichsten Möbeln des Gourbi und der Dobryna ausgestattet. Die Segel der Goëlette waren abgenommen und nach dem Nina-Bau geschafft worden, wo sie zu den verschiedensten Zwecken dienen sollten. Selbstverständlich fand auch die mit russischen und französischen Werken reichlich ausgestattete Schiffsbibliothek in dem großen Wohnraume Aufnahme. Tische, Stühle, Lampen u.s.w. vervollständigten dessen Einrichtung, während die Wände mit den Seekarten der Dobryna geschmückt wurden.
Wir erwähnten schon, daß der Feuer-Vorhang, welcher vor der Oeffnung der Haupthöhle herabfiel, dieselbe gleichzeitig erwärmte und erleuchtete. Dieser Lava-Katarakt stürzte sich in ein kleines, von einem Kranze zusammenhängender Klippen umschlossenes Bassin, das mit dem Meere in keinerlei Verbindung zu stehen schien, letzteres stellte offenbar die Ausmündung eines sehr tiefen Schlundes dar, dessen Wasser durch die glühenden Auswurfsmassen ohne Zweifel auch dann noch im flüssigen Zustande erhalten werden mußte, wenn die Kälte auch das ganze übrige Gallia-Meer in Fesseln und Banden schlug. Eine zweite, im Hintergrunde und links von dem allgemeinen Wohnraume sich anschließende Höhle wurde zum Privatgemach für Kapitän Servadac und Graf Timascheff hergerichtet Der Lieutenant Prokop und Ben-Zouf bewohnten zusammen eine andere, sich zur Rechten anschließende Felsenkammer, und ganz im Hintergrunde des Hauptraumes fand sich auch noch ein freilich nur beschränktes Stübchen für die kleine Nina Die russischen Matrosen und die Spanier errichteten ihre Lagerstätten in den nach dem größeren Saale ausmündenden Gängen, für deren Erwärmung das Centralfeuer des Berges hinlänglich sorgte Diese Einzelräume zusammen bildeten den erwähnten »Nina-Bau«. Die kleine auf diese Weise untergebrachte Kolonie konnte nun ohne Zagen den langen, rauhen Winter erwarten, der sie im Berginnern von Warm-Land gefangen halten mußte. Hier konnte sie ungestraft jede beliebige Erniedrigung der Außentemperatur aushalten. Wie weit letztere herabgehen konnte, im Falle die Gallia nur bis zur Bahn des Jupiter gelangen sollte, dafür giebt die Rechnung einen Anhalt, daß letztgenannter Planet nur noch den fünfundzwanzigsten Theil derjenigen Sonnenwärme erhält, welcher der Erde in ihrer Bahn zuströmt.
Was wurde denn aber während dieser Auszugsarbeiten, dieser fieberhaften Thätigkeit, welcher sich selbst die Spanier nicht entziehen konnten, aus Isaak Hakhabut, der starrsinnig am Ankerplatze der Insel Gourbi zurückblieb?
Immer ungläubig, trotz aller Beweise, welche man ihm aus Menschlichkeit darlegte, um sein Mißtrauen zu besiegen, harrte er an Bord seiner Tartane aus, wachte über seine Waarenvorräthe, wie der Geizhals über seine Schätze, murrte jetzt und jammerte dann, und spähte, freilich vergeblich, nach dem Horizonte hinaus, ob nicht ein anderes Schiff in Sicht der Insel erschiene. Die Anderen waren nun wenigstens, und Niemand
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