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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Freund Zouf, sieh einmal hier!«
    Mit diesen Worten zeigte sie Ben-Zouf die Taube hin, die sie immer sorgfältig in den Händen hielt.
    Auf dem linken Flügel des Vogels sah man sehr deutlich einen Farbenstempel-Abdruck, in welchem nur ein einziges Wort, aber gerade dasjenige, dem die höchste Bedeutung zukam, zu lesen war; es lautete: »Formentera«.

Vierundzwanzigstes Capitel.
In welchem dem Kapitän Servadac und Lieutenant Prokop endlich die Lösung dieses kosmographischen Räthsels gelingt.
    »Formentera!« riefen Graf Timascheff und Kapitän Servadac fast gleichzeitig aus.
    Es war dies der Name einer kleinen Insel aus der Gruppe der Balearen im Mittelländischen Meere. Der Ort, an dem sich der Urheber jener wiederholt aufgefangenen Schriftstücke befand, ward hierdurch hinlänglich genau bezeichnet. Was trieb aber dieser Franzose daselbst und war er jetzt auch noch am Leben?
    Von Formentera aus hatte jener Gelehrte offenbar die verschiedenen Notizen abgesandt, in welchen er nach einander die Positionen des von ihm »Gallia« genannten Bruchstückes der Erde angab.
    Jedenfalls bewies das von der Taube überbrachte Document durch sein Datum des 1. April, daß Jener vor vierzehn Tagen dort noch anwesend war. Die letzte Depesche unterschied sich von den früheren vor Allem durch das Fehlen jedes Ausdrucks der Befriedigung des Verfassers. Sie schloß nicht mit »
Va bene«, »All right
« oder »
Nil desperandum!
« Dagegen enthielt die nur in französischen Ausdrücken abgefaßte Depesche mehr einen Hilferuf, da auf Formentera die Lebensmittel auszugehen anfingen.
    Diese Bemerkungen äußerte Kapitän Servadac in kurzen Worten.
    »Meine Freunde, setzte er hinzu, wir werden diesem Unglücklichen natürlich sofort zu Hilfe eilen …
    – Oder diesen Unglücklichen, verbesserte Graf Timascheff. Ich bin bereit, mit Ihnen aufzubrechen, Kapitän.
    – Ganz sicher ist die Dobryna, bemerkte Lieutenant Prokop, nahe bei Formentera vorübergekommen, als wir nach der Balearengruppe suchten. Wenn wir dabei kein Land entdeckten, mag das daher rühren, daß nur ein sehr beschränktes Eiland, ganz wie in Gibraltar und Ceuta, von diesem Archipel übrig geblieben ist.
    – Und wäre es noch so klein, wir müssen es wiederfinden! entgegnete Kapitän Servadac. Wie weit mag es von Warm-Land bis Formentera sein, Lieutenant Prokop?
    – Ungefähr hundertzwanzig Lieues (76 Meilen), Kapitän. Darf ich Sie aber fragen, wie Sie dahin gelangen wollen?
    – Nun zu Fuß, natürlich, antwortete Hector Servadac, da das Meer nicht fahrbar ist; das heißt, auf unseren Schlittschuhen! Nicht wahr, Graf Timascheff?
    – Reisen wir ab, Kapitän, sagte der Graf, der einer Frage der Humanität gegenüber niemals indifferent oder unentschlossen war.
    – Vater, fiel da Lieutenant Prokop ein, ich möchte mir einen Einwurf erlauben, nicht um Sie an der Erfüllung einer Menschenpflicht zu hindern, sondern nur um deren Erfüllung auch zu sichern.
    – Sprich, Prokop.
    – Kapitän Servadac und Sie wollen diese Reise wagen. Die Kälte ist schon sehr streng geworden; das Thermometer zeigt zweiundzwanzig Grad unter Null und diese Temperatur wird bei der herrschenden steifen Brise aus Süd nahezu unerträglich. Angenommen, Sie legten zwölf Meilen täglich zurück, so wären sechs Tage nöthig, um Formentera zu erreichen. Dazu bedarf es eines Lebensmittelvorrathes, nicht allein für Sie selbst, sondern auch für Diejenigen, denen Sie zu Hilfe springen wollen …
    – Wir reisen mit dem Futtersack auf dem Rücken, wie zwei echte Soldaten, erwiderte schnell Kapitän Servadac, der nur die Schwierigkeit, nicht aber die Unmöglichkeit einer solchen waghalsigen Fahrt begriff.
    – Zugegeben, antwortete Lieutenant Prokop sehr ruhig. Sie werden unterwegs aber nothwendiger Weise mehrmals ausruhen müssen. Das Eisfeld nun ist völlig eben; Sie werden keine Gelegenheit haben, etwa nach Art der Eskimos eine Hütte in einem Eisberge herzustellen …
    – Wir reisen Tag und Nacht weiter, Lieutenant, entgegnete Hector Servadac, und statt sechs Tage brauchen wir nur drei, nur zwei, um Formentera zu erreichen.
    – Auch das mag sein, Kapitän Servadac. Ich will einmal – was übrigens so gut wie unmöglich ist – annehmen, Sie kämen in der kurzen Frist von zwei Tagen dort an. Was beginnen Sie mit den etwaigen Bewohnern des Eilandes, die vielleicht nahe daran sind, vor Hunger und Kälte umzukommen?
    Wollten Sie diese sterbend mitnehmen, so dürften Sie nur Leichname nach

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