Reise durch die Sonnenwelt
Art immerwährenden Siedens hielt seine Moleküle stets in wallender Bewegung. Dieser kleine Meerestheil hätte den Fischern wohl gestattet, ihrer Kunst mit einigem Erfolge nachzugehen. Aber, wie Ben-Zouf sagte, »die Fische darin waren zu hart gesotten, um anzubeißen!«
Mit den ersten Tagen des April änderte sich die Witterung; der Himmel bedeckte sich, ohne daß deshalb eine Steigerung der Temperatur stattfand. Der Thermometerfall stand hier eben nicht mit dem jeweiligen Zustande der Atmosphäre in Verbindung, noch auch mit der größeren oder geringeren Dunstmenge in derselben. Es verhielt sich mit der Gallia in der That nicht so, wie mit den Polarzonen der Erdkugel, welche nothwendig unter dem Einflusse des Atmosphärenzustandes stehen und deren Winter in Folge der von einem Compaßpunkte zum anderen springenden Luftströmungen doch gewisse Unterbrechungen aufweisen. Die Kälte des neuen Sphäroïdes vermochte keine fühlbaren thermometrischen Schwankungen zu veranlassen. Sie rührte in der Hauptsache ja nur von ihrer Entfernung von der Quelle alles Lichtes und aller Wärme her und mußte auch ferner zunehmen, bis sie die von Fourier als untere Temperaturgrenze des freien Weltraumes berechneten Grade erreichte.
Zu dieser Zeit entstand einmal auch ein wirklicher Sturm, ein Sturm zwar ohne Schnee oder Regen, während dessen Dauer aber der Wind mit fast unvergleichbarer Heftigkeit wüthete. Als er sich auf die Feuermassen stürzte, welche den Hauptsaal äußerlich abschlossen, brachte er daselbst höchst merkwürdige Wirkungen hervor. Dabei mußte man sich gegen die Lavatheile, die er nach innen blies, sorgsam schützen. Daß er das Feuer verlöschen sollte, daran war nicht im Entferntesten zu denken. Im Gegentheil steigerte der Orkan dadurch, daß er die Lava mit Sauerstoff sättigte, nur noch die Gluth, etwa wie ein ungeheurer Ventilator. Manchmal wuchs der Druck des Windes so sehr an, daß der flüssige Vorhang einen Augenblick zerriß und ein kalter Luftstrom in die Höhle eindrang; die Spalte schloß sich aber augenblicklich wieder, so daß man diese durchgreifende Lufterneuerung eher für günstig als für verderblich ansah.
Am 4. April begann der neuerdings erworbene Mond sich in Gestalt eines zarten Halbmondes wieder neben der Irradiation der Sonne abzuheben. Er tauchte also nach einer Periode von etwa acht Tagen wieder auf, ganz wie man es seiner schon beobachteten Bewegung nach vermuthet hatte. Die mehr oder minder begründete Befürchtung, ihn niemals wieder zu sehen, ging also zu Ben-Zouf’s besonderer Freude nicht in Erfüllung und der neue Satellit schien bestimmt, regelmäßig seine halbmonatliche Kreisbahn um die Gallia zu beschreiben.
In Folge des Verschwindens alles übrigen cultivirten Erdbodens hatten sich, wie wir wissen, alle in der Atmosphäre der Gallia mit entführten Vögel nach der Insel Gourbi geflüchtet. Dort hatte der angebaute Boden zu ihrer Ernährung während der schönen Tage wohl vollkommen hingereicht und so sah man sie damals auch in Schaaren von vielen Tausenden sich auf der Insel niederlassen.
Mit Eintritt der dauernden Kälte aber bedeckten sich die Felder dort sehr bald mit Schnee, der an der Oberfläche zu einer so harten Kruste zusammenfror, daß sie auch der kräftigste spitze Schnabel nicht mehr zu durchbrechen vermochte. Dieser Umstand veranlaßte wieder eine ganz allgemeine Auswanderung der Vögel, die sich nun, durch ihren Instinct geleitet, Warm-Land zum Wohnsitz erkoren.
Dieser Continent hatte ihnen zwar auch keine Nahrung zu bieten, aber er war doch bewohnt. Statt die Menschen zu fliehen, suchten die Vögel sich diesen vielmehr zu nähern. Aller täglich außerhalb der Galerien abgelagerte Abfall verschwand augenblicklich, doch es hätte ungeheurer Mengen desselben bedurft, um diese Tausende von Individuen jeder Art zu sättigen. Bald wagten sich, durch Kälte und Hunger getrieben, einige hundert Stück Geflügel in den engen Tunnel und erwählten sogar die inneren Räume des Nina-Baues zu ihrer Wohnung.
Man mußte bei der Unerträglichkeit dieses Zustandes also wieder daran denken, auf jene Jagd zu machen. Es bot das wiederum eine Ablenkung von den täglichen Arbeiten und die Jäger der kleinen Kolonie gingen denn auch fleißig an’s Werk. Die Anzahl dieser Vögel war eine so bedeutende, daß ihr Einzug mehr einem massenhaften Ueberfall von Feinden glich. Sie waren so verhungert und in Folge dessen so gierig, daß sie den Leuten, welche im großen Saale
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