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Reise im Mondlicht

Titel: Reise im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antal Szerb
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nehmen«, fuhr Erzsi fort. »Er wird die Sache ausstreuen, so daß du dich nicht mehr auf
     der Straße zeigen kannst. Die Ehrlosigkeit, die du begehen wolltest, kommt zwar weiß Gott nicht so selten vor, es laufen eine
     Menge Leute in Budapest umher, die in irgendeiner Form ihre Frau verkauft haben und sich doch der allgemeinen Hochachtung
     erfreuen, besonders wenn sie nett verdienen und Gottes Segen auf ihren weiteren Geschäften ruht. Aber Zoltán wird dafür sorgen,
     daß die Tagespresse und die anderen Lenker der öffentlichen Meinung die Sache so sehen, daß du dich nicht mehr blicken lassen
     kannst. Du wirst im Ausland bleiben müssen, was dich nicht besonders stören wird, aber deine Familie wird dich kaum unterstützen,
     oder gar nicht. Denn Zoltán wird bestimmt alles in seinen Kräften Stehende tun, um die Firma deines Vaters zu ruinieren.«
    »Erzsi!«
    »Ja. Zum Beispiel wird er mich auf irgendeine Art zwingen, mein Geld aus der Firma herauszunehmen; und ich werde es tun müssen,
     wenn diese Sache ruchbar wird, dein Vater selbst wird darauf bestehen – und schon das wird für euch ein fürchterlicher Schlag
     sein.«
    Sie schwiegen lange.
    »Wenn ich wenigstens wüßte«, sagte Mihály schließlich, »warum er mich so haßt. Er war doch so verständnisvoll und nachsichtig,
     daß es schon gar nicht normal war.«
    »Gerade deshalb haßt er dich jetzt dermaßen. Du hast keine Ahnung, was für Ressentiments schon damals unter seiner Güte schwelten,
     was für ein verzweifelter Haß seine Nachsicht eigentlich war. Wahrscheinlich meinte er selbst, er habe dir verziehen, bis
     sich die Gelegenheit zur Rache ergab. Und da hat er Blut gerochen   …«
    »Er ist mir immer so weich, so schleimig vorgekommen.«
    |212| »Mir auch. Und ich muß dir gestehen, daß er mir jetzt, wo er sich als ein Shylock entpuppt, viel mehr Eindruck macht. Er ist
     doch ein Kerl   …«
    Wieder schwiegen sie lange.
    »Aber«, sagte Mihály dann, »du hast bestimmt einen Plan, was ich tun soll oder wir tun sollen, du bist doch deswegen nach
     Rom gekommen.«
    »Vor allem will ich dich warnen. Zoltán denkt, du wirst auch in die nächsten Fallen so ahnungslos hineintappen wie in diese.
     Zum Beispiel will er dir einen hervorragenden Posten anbieten, damit du nach Budapest zurückkommmst. Und präsent bist, wenn
     der Skandal ausbricht. Du darfst jetzt aber keinsfalls nach Hause gehen. Und dann wollte ich dich vor einem   … Freund warnen. Du weißt schon, vor wem.«
    »Vor János Szepetneki?«
    »Ja.«
    »Wie bist du denn in Paris auf ihn gestoßen?«
    »Wir haben uns in Gesellschaft getroffen.«
    »Bist du oft mit ihm zusammen?«
    »Ja. Ziemlich oft. Zoltán hat ihn über mich kennengelernt.«
    »Und wie findest du János? Ein merkwürdiger Mensch, nicht?«
    »Ja, ein merkwürdiger Mensch.«
    Doch das sagte sie so gequält, daß Mihály ein Verdacht kam. Ob die beiden wohl wirklich? Das wäre ja ganz seltsam   … Doch dann erwachte in ihm sogleich seine hochgradige Diskretion, und er unterdrückte seine Neugier; falls die Sache so stand,
     durfte er János Szepetneki nicht mehr erwähnen.
    »Ich danke dir, Erzsi, daß du mich gewarnt hast, du bist sehr gut zu mir, obwohl ich das überhaupt nicht verdiene. Und ich
     vermag nicht zu glauben, daß du mir gegenüber so bösartig werden könntest wie Zoltán Pataki.«
    »Nein, das glaube ich auch nicht«, sagte Erzsi ernst. »Ich habe dir gegenüber keine Rachegelüste. Für die gibt es eigentlich
     auch keinen Anlaß.«
    »Ich sehe,daß du noch etwas sagen willst.Was soll ich noch tun?«
    »Ich muß dich noch vor etwas anderem warnen, doch das ist |213| sehr heikel, denn du könntest es mißverstehen. Du könntest vielleicht glauben, aus mir spreche die Eifersucht.«
    »Eifersucht? So selbstgefällig bin ich nicht. Ich weiß, daß ich jegliches Recht auf deine Eifersucht verspielt habe.«
    Doch insgeheim wußte er wohl, daß er Erzsi auch jetzt nicht gleichgültig war. Sonst wäre sie nicht nach Rom gekommen. Aber
     die Ritterlichkeit verlangte von ihm, nicht zu merken, daß Erzsi immer noch von ihm angezogen war. Im übrigen verlangte das
     auch die Männerbequemlichkeit.
    »Lassen wir meine Gefühle aus dem Spiel«, sagte Erzsi gereizt, »die haben mit der Sache nichts zu tun. Also   … wie soll ich sagen   … schau, Mihály, ich weiß genau, um welcher Person willen du in Rom bist. János hat es gesagt. Die betreffende Person hat
     ihm geschrieben, ihr hättet euch

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