Reise in die arabische Haut
Total lecker.
Das Rezept für alle Suppentester:
Zwei Esslöffel Olivenöl,
zwei Teelöffel Tomatenmark im Kochtopf umrühren und erhitzen,
mit einem halben Liter kochendes Wasser auffüllen.
Erbsen,
eine Zwiebel,
eine Karotte kleinschnippeln und
in den Topf geben.
Etwas Pfeffer,
etwas Salz,
einen halben Teelöffel Kreuzkümmel,
zwei gestrichene Teelöffel scharfes Paprikapulver
hinzufügen.
Alles fünfzehn Minuten köcheln.
Eine halbe Tasse rote Linsen und
eine halbe Tasse Hopfenkörner hinzufügen.
Die Suppe weitere zwanzig Minuten köcheln.
Gesamtkochzeit: 35 Minuten.
Guten Appetit.
Als Krönung klatscht Jadda ein hart gekochtes Ei in den Suppentopf.
Aus zwei niedrig quadratischen Tischgestellen baut sie einen bequemen Esstisch, indem sie die Teile aufeinander stellt. Wir setzen uns gegenüber und essen die Suppe aus dem Topf. Jadda teilt das Ei und schubst mir eine Eihälfte zu. Es ist zwar eine klassische Suppe für arme Menschen, aber nichtsdestotrotz außerordentlich köstlich.
Jadda will das Geschirr abspülen, was ich nicht zulassen werde. Ich zerre sie von der Spüle weg und stupse sie in den weißen Gartenstuhl. Sie greift nach einer Orange, die auf dem Küchentisch liegt, und schält die harte Schale ab, um mir das Obst aufzudrängen.
Ich nehme eine Hälfte und deute ihr an, dass sie den anderen Teil selbst essen soll.
Der Abwasch gestaltet sich umständlich, da es anstatt einer Spülbürste einen mickrig dünnen Schwabbelschwamm gibt. Und dieser ist bedeckt mit Hartweizenkörnern, die trotz Auswaschen des Schwamms an selbigem kleben bleiben. Unerträglich. Ich vermisse meine Mikrofasertücher, die jeden Schmutz aufsaugen. Als ich mir die Finger im heißen Spülwasser verbrenne, wünsche ich mir meine Spülmaschine herbei, die mir in Germany jegliche Spülarbeit abnimmt.
Ich weiche unser Geschirr im Spülstein ein. Inzwischen suche ich nach einem sauberen Lappen, um die Abstellfläche ordentlich zu reinigen. Ich entdecke zwei abgenutzte Trockentücher. Das eine benötige ich zum Geschirr abtrocknen. Das andere werde ich zum Putzen verwenden.
Nach einer halben Stunde ist mein Akt vollbracht.
Zum Abschluss fege ich gründlich die Küche durch, da allerhand Gemüseabfälle von den Vortagen auf dem Küchenboden liegen.
Derweil sitzt Jadda im Sonnenschein und bräunt ihre glatten Modell-Beine. Keine Dellen, keine Falten, keine Cellulitis. Die Beine werden nur entblößt, wenn niemand zuschaut. Schade, sind doch so schöne Beine.
Als ich den Dreck in die blaue Tüte scheffele, kommt die Frau in Rot mit den Kindern zurück.
Als die Kids zu übermäßig toben, schreit Jadda: »Mehdi, Latifa.«
Schade, dass der Innenhof kein grüner Garten mit Bäumen und Blumen ist. Aufgrund der Trockenheit in der Sahelzone ist der gesamte Hof mit einer Betondecke gepflastert. Eine leicht angehobene Terrasse umrundet den riesigen Platz. Sie ist mit orientalisch bunt gemusterten Steinfliesen belegt. Ich befinde mich im Palast des Sultans, aber wo bleibt die Nachtigall? Auf den niedrigen Emporen stapeln sich Wannen, Siebe und Schüsseln. Ausrangiertes Zeug aus meinem Gemach. Das Beste an diesem Hof ist, dass man den ganzen Tag mit der Sonne mitziehen kann. Mit dem Plastikstuhl im Nacken wandert man halbstündlich in eine andere Ecke, um genug Sonne oder Schatten zu tanken.
In Tunesien findet der Alltag überwiegend draußen statt, ergo wird auch kein Wert auf Zimmer-Zierrat und Gemütlichkeit gelegt. Je weniger man hat, desto geringer ist der Zeitaufwand, sich darum zu kümmern. Lieber widmet man seine Zeit den Kindern und der Essenszubereitung. Man erkennt an dem klebenden Sahara-Staub, dass nur das Allernötigste geputzt wird.
An drei kreuz und quer gespannten Wäscheleinen flattern Kleider und Decken beschwingt im Wind. Unterhosen und BHs werden im Schuppen getrocknet. Jamilas Statement zum Unterwäscheverstecken: »Männer kommen auf dumme Gedanken, wenn sie die Leibwäsche der Frauen erblicken.«
Jadda und Walda tragen blaue Pumphosen mit anrüchiger schwarzer Spitze. Libidoquäler der ersten Wahl. Shirin und Jamila besitzen aufreizende Dessous. Bügel-BHs und mickrige Spitzenhöschen. Meine Familie. Weniger weltfremd, als ich annahm.
Der vierjährige Mehdi saust mit seinem roten Plastiktraktor über den Hof. Ich versuche, ihn zu fangen. Der kleine Kerl ist viel zu schnell und ich habe keine Kondition. Latifa stellt sich immer wieder kichernd in den Weg. Ich muss aufpassen, dass ich
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