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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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sie nicht umwerfe. Recht kalorienverbrauchend, dieses tunesische Leben.
    Befreit atme ich auf, als Walda und meine Schwägerinnen den Hof betreten. Feierabend.
    Ihre laute, arabische Konversation lässt meine Ohren klingeln. Inschallah. Ich verstehe nur Babel.
    Nayla zeigt mir ihre modern eingerichtete Villa. Eine zusammengewürfelte große Küche mit einer vollautomatischen Waschmaschine, zwei hübschen Kinderzimmern und ein Schlafzimmer mit karger Einrichtung bestimmen das Haupthaus. Die Matratzen, die auf dem Teppich liegen, sind vermaledeite Stolperfallen.
    Ich schlafe gern auf dem Boden. In Tunesien bietet sich mir die Chance, mein Faible gezielt auszuleben. Jadda bekommt ihre Pritsche wieder, und alles ist so, wie es immer war.
    Wann teile ich den anderen meinen Wunsch mit? Ich denke wie Scarlett: Morgen ist auch noch ein Tag.
    Naylas gute Stube ist europäisch altdeutsch eingerichtet. Im überdimensionalen Schrank stapelt sich vielfältiger Kitsch. Die rustikale, bratenbraune Couch und ein Marmortisch, an dem man notfalls speisen kann, laden zur Bequemlichkeit ein. Mein scheuer Blick fällt auf ein großes Farbfernsehgerät, das eine tunesische Kochshow sendet. Ein orientalischer Mälzer brät Auberginenscheiben knusprig. Gefällt mir, dass Tim auch hier Einfluss genommen hat. Ich habe Mühe, mich mit der Frau in Rot zu verständigen, da sie nur tunesisch spricht. Sie ist davon überzeugt, dass ihre Englischkenntnisse eins a sind. Spricht man sie allerdings auf Englisch an, versteht sie alles falsch.
    Der Hof liegt grau und extrem kühl im Dämmerlicht dar. Ich ziehe mir meinen Anorak über das Shirt.
    Walda entfacht vor der hellerleuchteten Küche ein Feuer. Sie hockt vor dem kleinen Holzgrill und röstet vorsichtig, fast zärtlich, die silbernen Fische in einem Fischgrillgitter. Shirin bereitet einen knackigen Salat aus Tomaten, Paprika, Möhren und Gurken zu.
    Als die Fische gar sind, kommt Baba aus seiner Autowerkstatt heim. Wie tags zuvor hocken wir auf Knien vor dem Esstisch, auf dem eine Schüssel steht. Der Salat schmeckt essigsauer frisch.
    Nach dem Abendessen gucken wir fern. Eine tunesische Serie nach Art der Lindenstraße. Im Gegensatz zur deutschen Folge ohne Sex, ohne Homosexualität und ohne nackte Frauenkörper.
    Mich wundert, dass niemand das Geschirr wegräumt. Fischgräten verteilen sich im gesamten Wohnraum. Vom Salat blieb ein Rest übrig, der dringend in den Kühlschrank gehört.
    Ich warte ab und schaue in das Fernsehgerät, ohne zu kapieren, worum es geht. Eintönig. Wenn ich sowieso nichts verstehe, kann ich genauso gut die Küchenarbeit verrichten. Ich räume den Tisch ab und gehe mit dem Geschirr hinaus. Niemand nimmt von meiner Aktion Kenntnis. Gebannt richten sich alle Augen auf die Glotze.
    Das Geschirrspülen geht mir flink von der Hand. Aber den Grill zu reinigen, ist keine leichte Aufgabe, zumal dieser so aussieht, als wäre er niemals zuvor gesäubert worden. Ich scheuere eine knappe Stunde an dem rostigen Teil herum.
    Im Wohnzimmer ist aktuelle Gebetsstunde. Jadda rumort in ihrer Residenz. Es spricht nichts dagegen, ihr einen kleinen Besuch abzustatten. Jadda entblößt sich erneut und ich reibe und klopfe, bis ihr Rücken glatt und geschmeidig ist. Für heute habe ich genug massiert.
    Ich murmele ein »Bonne nuit« und verschwinde in meine Kemenate.
    Die ersten Eindrücke vom Alltag innerhalb des Clans rauben mir die Erholung. Ich frage mich, warum die Wäscheklammern auf der Leine hängen und nicht in einem Korb verstaut werden. Unpraktisch, weil man vor dem Aufhängen die Leinen entklammern muss. Ich habe hier noch einiges zu tun, um das Leben der Araberinnen zu erleichtern. Ich bedenke nicht, dass alles im Leben einen Sinn hat. In Deutschland sowie in Tunesien. Wer kommt schon darauf, dass Mehdi ein Wäscheklammer-Fetischist ist und die Klammern in luftiger Höhe gesichert werden müssen.

Alltagstücken
     
    Um halb fünf weckt mich die Tonbandstimme des Muadhins. Er bittet die Moslems zum ersten Gebet des Tages.
    Ich springe aus dem Bett und schleiche mich durch den dunklen Hof zur Toilette. Wo sind Ali Baba, Walda und Jadda? Der Gebetsverkünder singt mit knarzendem Timbre verschiedene Koranverse.
    Im Haus gibt die Schläfrigkeit den Ton an. Niemand ist zu sehen oder zu hören.
    Ich, als Ungläubige betitelt, höre auf den Muadhin und eile zum Gebet, während die Moslems, denen der Ruf gilt, den Schlaf der Gerechten auskosten. Typisch.
    Weil ich nicht weiß, wie ich

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