Reise mit Hindernissen nach England und Schottland
über Stirling nach Glasgow bringen sollte. Sie vergalten die Aufmerksamkeit ihres freundlichen Führers mit einer eher französischen denn britischen Großzügigkeit und verließen endlich dieses bezaubernde Landgut unmittelbar an der Eisenbahnstation.
Kurze Zeit später erreichten sie Stirling, wo sie umsteigen mußten. Von Stirling sahen sie absolut nichts, denn sie durchquerten den Bahnhof auf einer Art überdachter Brücke, unter der die Lokomotiven fauchten, und auf der anderen Seite gelangten sie zu ihrem Abfahrtsbahnsteig. Jonathan kaufte Fahrkarten nach Glasgow zum Preis von drei Shilling und drei Pence in der zweiten Klasse, und in Anbetracht der Unfähigkeit und des Unwillens der Angestellten hatte er große Mühe, den richtigen Zug herauszufinden. Schließlich stieg er, gefolgt von Jacques, in ein Abteil, das bereits mit englischen Damen überfüllt war; diese wirkten nicht gerade erfreut über die männlichen Reisenachbarn, und als Jonathan die Bemerkung fallen ließ, er wolle nach Glasgow, beeilten sich diese alten Mistresses auch sogleich, ihm verständlich zu machen, daß er sich im Zug geirrt hatte. Und tatsächlich wären die beiden Reisenden auf diesem Geleise nach Ockley zurückgefahren; sie stiegen schleunigst aus, gerade als die Lokomotive nach Glasgow ihren Pfiff ertönen ließ, und mit typisch französischem Ungestüm stürzten sie sich in ein Abteil.
Bei der Ausfahrt aus Stirling entfernt sich der Railway vom Forth, der an dieser Stelle das Tiefland vom Hochland trennt, aus diesem Grund wird er auch »Zügel der Bergbewohner« genannt. Walter Scott findet in
Rob Roy,
daß er eher wie ein englischer als ein schottischer Fluß aussieht; zu seinem großen Bedauern konnte sich Jacques von der Richtigkeit dieser Beobachtung nicht überzeugen. Der Zug brachte ihn wieder nach Süden, und ohne es einzugestehen, verspürte er darob ein gewisses Unbehagen, denn sein Streben war beständig auf den Norden gerichtet; doch er tröstete sich, als Jonathan ihn daran erinnerte, daß ihr Ausflug an die Seen sie in höhere Breiten fuhren würde.
Ein paar Meilen vor Stirling rollt die Eisenbahn ganz nahe an dem Dorf Bannockburn vorüber, wo Robert Bruce einen gewaltigen Sieg über den englischen König Edward II. davongetragen hat. Sie zieht sich am Forth-Kanal entlang, auf dem sich zahlreiche plattbodige Schiffe tummeln, deren Masten mit den Bäumen der Landschaft in ein wirres Durcheinander geraten. Der Abend brach bereits herein, als Castlecary auftauchte, in dem noch die Überreste jener alten römischen Mauer zu sehen sind, die Agricola gegen die unabhängigen Kaledonier im Norden erbauen ließ; die Eroberer der Welt mußten vor diesem stolzen und tapferen Volk haltmachen, das noch immer unter der englischen Herrschaft stöhnt. Schließlich verschwand der Zug in einem langen Tunnel und hielt mitten im Stadtzentrum von Glasgow.
Dreißigstes Kapitel
Es riecht nach Chester
Als sie den Bahnhof verließen, standen die Reisenden sogleich auf einem hübschen Platz mit einer Grünanlage in der Mitte, auf der mehrere statuengeschmückte Säulen emporragten; wegen der Dunkelheit konnten sie allerdings nichts Genaueres erkennen, sie schafften es gerade, den Namen des Platzes zu entziffern, auf dem sie standen: George Square. Comrie’s Royal Hotel sprang ihnen in die Augen, sie traten ein und wurden von reizenden, überaus einnehmenden jungen Damen empfangen. Jacques griff in den Aufgabenbereich seines Freundes ein und murmelte einige Worte, die sich mit der ehrenwerten Absicht trugen, Englisch zu sein. Die freundlichen Misses legten gütige Nachsicht an den Tag, sie verstanden, daß es um ein Zweibettzimmer ging und ließen ihre Gäste in den ersten Stock des Hauses führen.
Nach sorgfältigen Waschungen gingen sie in den Salon hinunter und setzten sich an einen großen Tisch, nachdem sie zu essen bestellt hatten. Während der Vorbereitungen für diese Mahlzeit vergnügte sich Jacques damit, ein paar Ansichten von Edinburgh zu betrachten, die an der Wand hingen. Es gefiel ihm, von diesen vertrauten Straßen umgeben zu sein, und stolz sagte er zu sich:
»Auch ich bin in Edinburgh gewesen!«
Während er die Reihe seiner Betrachtungen fortsetzte, wurde seine Nase von einem merkwürdigen, um nicht zu sagen ekelerregenden Geruch gekitzelt.
»Was kann das nur sein, Freund Jonathan?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete dieser, »aber es ist höchst unangenehm, man könnte sich an Bord eines Dampfschiffes
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