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Reise mit Hindernissen nach England und Schottland

Reise mit Hindernissen nach England und Schottland

Titel: Reise mit Hindernissen nach England und Schottland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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diesen Zwischenfall, um so herzlich zu lachen, wie vielleicht nie zuvor in Schottland gelacht worden ist.
    Über einem der Terrassendächer reckte sich ein mächtiges Fernrohr in die Luft, das zu diesem Zeitpunkt mit einer Lederhülle überzogen war; es drehte sich auf einem schwenkbaren Fuß und konnte auf alle Punkte am Horizont gerichtet werden. Von dieser Höhe aus konnte der Blick über einen unendlichen Raum schweifen, der von kargen und unberührten Flecken Erde zu bestellten Landstrichen wechselte. Hinter dem Schloß, ungefähr zwei Meilen entfernt, bliesen die Schornsteine einer Steinkohlengrube friedlich Rauch in die Luft. Dieses Bergwerk gehört Mister S. und liefert ihm durch einen beachtlichen Kohleabbau das Gas, mit dem Schloß und Park beleuchtet werden, denn seine Alleen sind von Pfählen gesäumt, die elegante Laternen tragen. In England wie auch in Schottland gibt es kein kleines Dorf und keinen ordentlich ausgerüsteten Bauernhof, die ihr Licht nicht aus der Verkokung von Steinkohle gewinnen: Auf diesem vorteilhaften Gelände reicht es sozusagen, ein Loch zu graben, damit Wärme und Helligkeit unversiegbar daraus hervorsprudeln.
    Die Außenfassade des Schlosses, vor dem sich ein üppiger grüner Rasen ausdehnte, erzielte mit seinen bizarren Unregelmäßigkeiten, seinen vielen, verschiedenförmigen Dächern, seinen gotischen Giebeln und Türmchen eine bezaubernde Wirkung. Diese Fassade wurde mit besonderer Sorgfalt gepflegt, und man hätte meinen können, eines jener nagelneuen Puppenhäuser vor sich zu sehen, das eben erst aus seiner Schachtel geholt worden ist. Die Laune, die es eines schönen Tages an diesen Ort gestellt hatte, schien es mühelos an jede beliebige andere Stelle versetzen zu können, wenn dem Besitzer der Sinn danach stünde.
    »Mein guter Jonathan«, sagte Jacques, »würdest du nicht gerne ein solches Kleinod in diesen herrlichen Gefilden bewohnen! Wie vergnüglich die Arbeit hier wäre! Wie süß das Leben! Wie unbeschwert das Glück!«
    »Ich finde dich recht gewagt, mein guter Jacques, für einen eingefleischten Pariser, der alles Ländliche verabscheut!«
    »Ich verabscheue das Land rund um Paris, weil es im Grunde genommen immer noch die Stadt ist, mit etwas weniger Bäumen, weil man es zugunsten der Boulevards entwaldet! Aber hier! Schau dir diese Natur an, diese dichten Wälder; atme diesen Wind ein, der schwer ist vom wilden Duft des Heidekrauts und durch die tiefen Täler braust; lausche seinem klagenden Lied in den Dudelsäcken des Strathdearie, um ein Wort von Walter Scott zu zitieren, und sage mir, ob das etwas mit jener geleckten, kahlgeschorenen und zurechtgestutzten Landschaft des Departements Seine gemein hat. Dort sind mir die Gerüche allzu zivilisiert, und die schwindsüchtige Luft hat nicht mehr die Kraft, diesen rauhen Hochlandwind auszustoßen! Wenn mir jemals das Glück lächeln sollte, kaufe ich hier ein erfrischendes Cottage und will als echter Highlander darauf leben!«
    »Eitle Hoffnung!« antwortete Jonathan. »Da mußt du anderswo suchen, lieber Jacques, Ausländer haben nicht das Recht, auch nur einen Zoll vom Boden des alten England zu besitzen!«
    »Traurig, traurig!«
    Nachdem sie um das Schloß herumgegangen waren und die langen, gesandeten Parkwege abgeschritten hatten, steuerte der Aufseher die Gewächshäuser an, unmittelbar neben den
lodges,
in denen die Pferdeställe untergebracht waren. Diese Gewächshäuser in fabelhafter Anordnung und Lage enthielten die schönsten, voll ausgereiften Früchte der Welt; die Reben bogen sich unter dem Gewicht phänomenaler Trauben; es war ein natürliches Laboratorium, in dem frühes Obst und Gemüse in allen erdenklichen Zusammenstellungen zum größten Vergnügen der Bewohner dieses Ortes heranwuchsen.
    Als sie diesen Kristallpalast verließen, schlug der Aufseher den Besuchern vor, noch zu den Kohlengruben zu gehen, doch es war spät geworden, und so kehrten sie ins Schloß zurück. Jacques und Jonathan schälten sich aus den Kleidern von Mister S. und konnten nicht verhindern, daß sich Gelächter unter ihre Dankesworte mischte, dann zogen sie ihre vollkommen trockenen Sachen wieder an. Der Verwalter führte sie in den Speisesaal und bot ihnen, in Gestalt eines Whiskys, den
doch and dorroch
an, den schottischen Abschiedstrunk. Um die simpelsten Gesetzte der Höflichkeit nicht zu verletzen, nahmen sie an, und machten sich anschließend auf den Weg zum Bahnhof von Ockley, wo der Zug aus Dunfermline sie

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