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Reise mit Hindernissen nach England und Schottland

Reise mit Hindernissen nach England und Schottland

Titel: Reise mit Hindernissen nach England und Schottland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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er seinem Freund mitteilte.
    »Die Engländer haben phantastische Namen« sagte er beispielsweise, »mit vollen und wohltönenden Silben, die für Auge und Ohr bekömmlich sind; ich finde sie unseren französischen Namen überlegen.«
    »Das empfindest du so, weil du Ausländer bist«, antwortete ihm Jonathan, »aber für sie ist der Effekt ein ganz anderer. Möchtest du etwa Mister Taylor, Mister Bacon oder Mister Fox heißen?«
    »Das will ich meinen, was könnte wohl vornehmer klingen?«
    »Es ist aber so, als würdest du Herr Schneider, Herr Speck oder Herr Fuchs heißen! Höchstwahrscheinlich wäre ein Franzose mit irgendeinem banalen Namen in England überaus beliebt, und Monsieur Cucheval würde ausgesprochen hübsch wirken.«
    »Was du mir da sagst, mein guter Jonathan, verunsichert mich!«
    »Aber das gilt doch für alle Sprachen, denk nur an Namen wie Aquado im Spanischen, Buoncompagni im Italienischen oder Zimmermann, Schneider, Schuhmacher im Deutschen! Nicht einmal Monsieur de Rothschild, der in Wirklichkeit Mayer heißt, bleibt verschont, denn für die Germanen ist er schlicht und einfach der Herr Baron vom roten Schild!«
    »Ich habe nichts mehr hinzuzufügen«, entgegnete Jacques, »dein Polyglottismus verschlägt mir die Sprache.«
    Während die Reisenden so über dieses und jenes plauderten, kamen sie an einem Metzgerladen vorüber, in dem eine merkwürdige, dampfbetriebene Maschine arbeitete. Es handelte sich um einen höchst raffinierten Apparat: Man schob ein lebendiges Schwein an einem Ende hinein, und es kam am anderen in Gestalt von appetitlichen Würsten wieder heraus!
    »Was für ein Volk! Und welch geniale Anwendung des Dampfes in der Metzgerkunst!« rief Jacques. »Und dann wundert man sich, wenn eine solche Nation die Welt beherrscht! Wir werden es noch erleben, daß es ihnen eines Tages gelingt, eine Maschine mit fünfhundert Pferdestärken zu bauen, die dazu taugt, die Wilden in Ozeanien zu bekehren!«
    »Die könnte es dann immerhin mit ihren Missionaren aufnehmen«, erwiderte Jonathan.
    »Nach einem derartigen Schauspiel«, fuhr Jacques fort, »können wir eigentlich nur noch abreisen; ich möchte Glasgow mit diesem lieblichen Eindruck verlassen!«
    Gesagt, getan; sie begaben sich zum Bahnhof des Edinburgh and Glasgow Railway, ein Zug würde sie über Dumbarton und Balloch an den südlichsten Zipfel des Loch Lomond bringen.
    Jonathan nahm für elf Pence Plätze in der dritten Klasse und bestieg ein Abteil, in dem sich nicht gerade anspruchsvolle Tiere unwohl gefühlt hätten: Es gab keine Türen und noch weniger Fenster, so daß die Reisenden, nachdem der Regen wieder stärker geworden war, unter ihren halb geöffneten Schirmen Schutz suchen mußten.
    »Im übrigen«, sagte Jonathan, »sind die Engländer so wenig daran gewöhnt, sich an Sonnenstrahlen zu erfreuen, daß für sie Regenschirme Vorrichtungen sind, die Schatten spenden, und deshalb nennen sie diese auch
umbrellas!
«
Zweiunddreißigstes Kapitel
An Bord der ›Prinz Albert‹
    Die Fahrt dauert zum Glück nicht lange, denn von Glasgow nach Balloch sind es nur ungefähr zwanzig Meilen. Der Railway rollt durch Dumbarton, königlicher Marktflecken und Hauptort der Grafschaft, der im Mündungsgebiet von Clyde und Leven nicht stolzer daliegen könnte; sein Schloß, das dem Unionsvertrag entsprechend immer noch befestigt ist, sitzt hoch oben auf den zwei Spitzen eines Basaltfelsens. Von Dumbarton zog Maria Stuart aus, um Königin Frankreichs zu werden. Eine historische Besonderheit weckte das Interesse der beiden Franzosen für dieses Schloß. Hier plante das englische Kabinett, Napoleon nach 1815 einzusperren: Dumbarton oder Sankt Helena, immer war es ein Felsen, den Englands Haß für den Feind bereithielt, der seiner Ehrlichkeit vertraut hatte.
    Kurze Zeit später hielt der Zug in Balloch, unweit einer Holzmole, die zum Loch Lomond hinabführte.
    »Das wäre also der erste See, den ich in meinem Leben erblicke!« rief Jacques.
    »Und der erste Berg!« entgegnete Jonathan, »denn bisher hast du nur lachhafte Berge gesehen, Berge für Pariser, Taschenberge!«
    Sie stürmten sogleich aus dem Bahnhof hinaus, liefen die Mole hinunter und nahmen an Bord des Dampfschiffes
Prinz Albert
Platz; hier lösten sie Fahrkarten nach Inversnaid, am anderen Ende des Sees, und bezahlten für jede zwei Shilling und sechs Pence.
    »Ganz schön teuer für eine Überfahrt von dreißig Meilen. Aber was für eine Überfahrt! Lieber Jonathan, vergiß

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