Reise mit Hindernissen nach England und Schottland
dritter Klasse zwei unbesetzte Plätze; gefolgt von seinem Freund, stürzte er trotz der Nörgelei der anderen Fahrgäste auf sie zu, und er mußte sogar von der Sprache der Fäuste Gebrauch machen, die in der ganzen Welt verstanden wird. Doch schließlich setzte sich der Zug in Bewegung und schleppte diese ungeheure Menschenmenge mit sich fort in die englische Hauptstadt.
Dieser grauenhafte, dröhnende, endlose Zug war – leider Gottes! – ein Vergnügungszug, er schaffte eine Meute englischer Gaffer nach London zurück! Mit Entsetzen blickte Jacques seiner Lage ins Auge: Fünfzehn Stunden mußten in dieser Gesellschaft verbracht werden, eine ganze furchterregende Nacht!
Der gesamte Waggon bildete ein einziges Abteil, in dem vierzig Personen wie Handelsgüter zusammengepfercht waren. Die Holzbänke, mit Rückenlehnen so weich wie der Kern einer Eiche, boten den erschöpften Gliedmaßen ein zermürbendes Ruhekissen; die hohen und schmalen Fenster erlaubten der Luft nicht, sich den hygienischen Bedingungen entsprechend zu erneuern; diese Mißlichkeiten waren jedoch von geringer Bedeutung neben der Zusammenrottung dieser lärmenden Cockneys, dieser würdigen Söhne John Bulls, dieser klobigen und unbequemen Individuen. Fette, dickbäuchige Männer, aber dickbäuchig wie man es nur in England ist, mit groben, geröteten und aufgedunsenen Gesichtern, einer selbstgefällig-hämischen Miene und einer derben Ausgelassenheit, die sie aus den Strömen von Whisky und Gin schöpften. Große und schlaksige Frauen in Kleidern, deren Formen und Farben nicht weniger verwelkt waren als sie selbst; Kinder in jedem Alter, angefangen beim Säugling bis zum verständigen Knirps, plärrend, flennend und wimmernd, das war die Gesellschaft in einem englischen Vergnügungszug. Da saßen ganze Familien, bestehend aus zwei kratzbürstigen Eheleuten, jungen Misses mit blauen, aber einfältigen Augen und Burschen mit zu wenig Hirn. All das aß, schlief, kreischte, ohne sich um den Nachbarn zu kümmern, mit der Dreistigkeit und Unverfrorenheit jener Leute, die sich zu Hause fühlen: Es war eine Arche Noah mit ihrer ganzen Vielfalt an Zweifüßern, nur der Berg Ararat lag noch in weiter Ferne!
»Falls das hier die Baumwollbarone und die Handelsfürsten sein sollen«, sagte Jacques, »dann kann ich ihnen wahrhaftig nicht dazu gratulieren! Wenn man das Pech hat, in solcher Begleitung zu reisen, ist es das beste, man schläft! Laß uns also schlafen!«
Siebenunddreißigstes Kapitel
Im Reich der Kohle
Schlafen ist eine schwierige Sache, wenn der Körper keinen anderen Stützpunkt hat als eine harte Bank, und wenn man erzittert bei dem Gedanken, daß einem der Kopf auf die Schulter solcher Nachbarn sinken könnte. Doch Jacques kapselte sich inmitten dieses ohrenbetäubenden Lärms ab, und es gelang ihm, den Kopf auf seine Hutschachtel gebettet, ein wenig zu schlummern. Von Zeit zu Zeit wachte er mit heftigen Kreuzschmerzen und Muskelkrämpfen in den Gliedmaßen auf, dann schob er seinen monströsen Nachbarn von sich, der ihn mit seinem Gewicht zu erdrücken drohte. Er fühlte sich von diesem Zug, den keine Station zwischen Edinburgh und London aufhielt, mit erschreckender Geschwindigkeit davongetragen; der Railway fuhr in Richtung Küste und überquerte die schottische Grenze in Berwick, um dann durch die Grafschaft Northumberland zu rollen. In Newcastle konnte Jonathan, der nicht schlief, durch ein halb geöffnetes Fenster einen Zipfel jener Landschaft gewahren, die in einer finsteren Nacht beängstigend wirkt: Dieses Reich der Kohle steht buchstäblich in Flammen; brennende Rauchfahnen wehen an den Spitzen der hohen Fabrikschlöte hin und her, das sind die Bäume dieser schmutzigen und schwarzen Gegend, und zusammen bilden sie einen unübersehbaren, von fahlrotem Lichtschimmer erleuchteten Wald. Ein dumpfes, ununterbrochenes Stöhnen dringt aus der ausgehöhlten Erde; der unterirdische Abbau wird in den Eingeweiden dieses Steinkohlenbeckens pausenlos vorangetrieben; die Gruben ziehen sich bis unters Meer hin und trotzen diesen ohnmächtigen Fluten. Newcastle, die Stadt der Kohle, versorgt mit den zweihunderttausend Registertonnen ihrer Handelsschiffe die ganze Welt.
Der Zug setzte seine phantastische Reise fort, und schon bald verschwand diese lodernde Erde in der Dunkelheit; die Stunden der Nacht neigten sich dem Ende zu, ohne diese unausstehlichen Engländer zu besänftigen oder gar einzuschläfern.
Jacques erholte sich gerade, so gut es
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