Reise mit Hindernissen nach England und Schottland
Kommanditgesellschaften zu gründen mit einem Kapital von etlichen Millionen und jeder beliebigen wirtschaftlichen Nutzung. Man trifft keine jungen Burschen, keine gestandenen Männer, keine Greise, sondern ausschließlich Geschäftsleute, die Baumwollbarone, die Schafwollherzöge, die Rohzuckermarquis, die Talglichtgrafen, mit einem Wort die Handelsfürsten. Diese Citizen-Nabobs kommen ganz geheimnisvoll in ihre kleinen Büros, ihre unauffälligen Ämter, betreiben ihre vielen tagtäglichen Geschäfte und kehren in ihre stattlichen Herrschaftshäuser an der Regent Street oder am Belgrave Square zurück. Es stimmt, daß diese Millionäre ohne jede Zimperlichkeit mit den Nihilionären dieser tobenden City in Berührung kommen; das Elend ist hier so vollkommen wie der Reichtum, und wenn der Reiche dem Armen auf der Straße nichts gibt, dann nur deshalb, weil dieser ihm auf die Million, die er in seiner Tasche hat, nicht herausgeben könnte.
Das General Post Office ist ein griechischer Tempel mit einem Portikus aus dorischen Säulen; die Zeit hat bereits ihre schwärzliche Patina auf den Rippen seines Gebälks und den Skulpturen seines Frontispizes abgelagert. Ohne sich mit den Einzelheiten dieses Gebäudes aufzuhalten, wurde Jonathan sogleich im Büro für postlagernde Sendungen vorstellig und erhielt auf seine Nachfrage eine abschlägige Antwort; nun konnten sie sich also auf schnellstem Wege dem Mittagessen zuwenden. Jacques fiel eine Taverne ins Auge, die nicht besonders einladend aussah; er trat ein und setzte sich mit seinem Begleiter in einen spärlich beleuchteten Raum, zwischen zwei Trennwände aus dunklem Mahagoni. Ein sehr distinguierter Kellner in schwarzem Frack bot ihnen seine Dienste an, und die beiden Freunde verzehrten aus demselben Teller einen winzigen Teil der zweihundertfünfzigtausend Rinder und der eine Million siebenhunderttausend Schafe, die jährlich von der riesigen Kapitale verschlungen werden. Sie tranken gleichfalls zwei Pinten der dreiundvierzig Millionen
gallons
Bier, die nur mit Mühe ausreichen, ihren Durst zu stillen.
Währenddessen wechselten sich an den Nachbartischen Leute ab, die es eilig hatten, nur einen Artikel aus der
Times
oder dem
Morning Chronicle
zu sich nahmen und ein paar Tropfen kaum gezuckerten Tees, der in mikroskopisch kleinen Tassen serviert wurde.
»Wenn sie damit bis zum Dinner durchhalten wollen«, sagte sich Jacques, »dann tun sie mir aufrichtig leid.«
Nach einer etwas konsistenteren Mahlzeit erhoben sich die Reisenden vom Tisch und lenkten ihre Schritte in Richtung Saint Paul’s, dessen Kuppel über die umliegenden Häuser hinausschaute.
Neununddreißigstes Kapitel
Saint Paul’s und die Themse
Saint Paul’s ist eine unvollkommene Nachbildung des römischen Petersdoms; seine wuchtige Masse ist eher beeindruckend als schön; dieser Bau hat die herrliche Kathedrale von Inigo Jones ersetzt, die bei dem Brand von 1666 zerstört wurde. Das Übereinander der Komposit-oder korinthischen Ordnung beherrscht die gesamte architektonische Außengestaltung; es wimmelt von Säulen, die sich bis in die Lüfte erheben, um die Kuppel des Doms zu tragen. In seiner äußeren Erscheinung ist das Bauwerk schwarz von Rauch mit großen weißen Schatten (denn hier wirkt das Weiß wie ein Schatten), die entstanden, weil bestimmte Vorsprünge dem Nordwind ausgesetzt sind; das erweckt einen seltsamen Eindruck: Man vermeint, Schneeschichten zu sehen, die sich symmetrisch auf die Profile der Gebälke, die Rillen der Säulen und die Akanthusblattreliefs der Kapitelle gelegt haben. Zwei kleine, in ihrer Wuchtigkeit recht graziöse Türme erheben sich zu beiden Seiten des Portikus, der eine beherbergt die Uhr, der andere den Belfried. Sie werden von vergoldeten Kiefernzapfen abgeschlossen, die jeglicher Anmut entbehren; die Außenmauern des Gebäudes sind siebenunddreißig Meter hoch, aber diese Höhe ist angesichts der Größe des Baus nicht mehr wahrnehmbar; eine schmucke Galerie krönt das von den Säulen des Doms gestützte Gebälk und trägt die Kuppel, deren Abschluß eine Laterne mit einem kreisrunden Laufgang bildet; Kugel und Kreuz ragen noch siebenunddreißig Meter über diese Galerie hinaus.
Jacques hatte sich die genauen Abmessungen geben lassen und weigerte sich, sie als gültig anzuerkennen. Deshalb beschloß er, dem Zeitmangel, der Müdigkeit und seinem Begleiter zum Trotz, so weit in die Kuppel hinaufzuklettern, wie es nur irgend möglich wäre. Dieses Baudenkmal ist
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