Reise mit Hindernissen nach England und Schottland
sagte Jacques, »können wir über die Treppe am Waterloo Place zum Paradeplatz der Horse Guards hinuntergehen; bitte achte auf die Säule des Herzogs von York, für den Betrag von sechs Pence ist es dir gestattet hinaufzuklettern, und wenn du dein drittes Lebensjahr noch nicht vollendet hättest, würdest du überhaupt nichts bezahlen.«
»Aber was sollte ich mit zweieinhalb Jahren da oben suchen?«
»Das weiß ich auch nicht, so sind eben die Vorschriften; es erinnert mich an einen in den Omnibussen von Nantes angeschlagenen Hinweis: ›Unbegleitete Kinder unter drei Jahren zahlen nicht, vorausgesetzt, sie sitzen auf dem Schoß.‹ So schreibt man im Departement Loire-Inférieure.«
Einundvierzigstes Kapitel
Der Buckinghampalast, Hyde Park, Piccadilly, der Strand
Der freie Platz zwischen den Gebäuden der Horse Guards dient diesen verschiedenen Regimentern zum Exerzieren; jeden Morgen ist dort eine Musik zu hören, die man in den Pariser Vorstadtschenken auspfeifen würde. Nachdem es dafür aber bereits zu spät war, konnte Jonathan die von englischen Künstlern ausgeführten Variationen auf irgendein Thema aus dem
Trovatore
nicht miterleben. Der Saint James’s Park bietet den Spaziergängern recht schöne Rasenflächen und ein wenig Schatten; er wird von einem Flüßchen durchzogen, über das sich eine schwerfällige Hängebrücke ohne jede Anmut spannt. Am anderen Ende des Parks stößt man auf den Buckinghampalast, die Residenz der Königin Victoria, und an der Nordseite auf den Saint-James-Palast. Der Letztgenannte ist für den Altertumsforscher von geringem Interesse, er wird für Feierlichkeiten, Empfänge und Galaveranstaltungen des Hofes genutzt. Der andere hingegen kann überaus schön sein, vor allem in jenem Teil, der zu den privaten Gärten hin liegt; aber von außen kann man seine Ornamentik nicht beurteilen. Der Green Park ist genau genommen die Verlängerung des Saint James’s Parks; sein grüner Rasen bedeckt eine weite Fläche und ist mit hübschen Schafen übersät, die städtisches Gras fressen und sich dennoch mitten auf dem Land wähnen können. Die Londoner Metzger pachten hier das Weiderecht für ihre riesigen Herden. Im allgemeinen sind diese so nützlichen, angenehm kühlen und friedlichen Parks inmitten dieser uferlosen Stadt ziemlich schlecht gepflegt, doch jeder schlendert, wie es ihm beliebt, über diese Grünanlagen, die durch keine Absperrung geschützt werden.
Der monumentale Eingang zum Hyde Park und der davor stehende Triumphbogen liegen am äußersten Ende des Green Park.
»Mein guter Jonathan, beachte die Reiterstatue, mit der die Plattform dieses Triumphbogens geschmückt ist, sie überbietet an Lächerlichkeit und Häßlichkeit alles, was man sich vorzustellen vermag. Man kann behaupten, daß sie die Grenzen des schlechten Geschmacks erweitert hat. Ich weise dich daraufhin, daß dieses Pferd betrunken ist und den Herzog von Wellington auf seinem Rücken trägt, dessen Palais sich hier befindet; auf diese Weise konnte sich der alte Held vom Speisesaal aus sehen, und er war wirklich ein Held, wenn ihm dieser Anblick nicht den Appetit verschlug. Aber da er sich auch aus seinem Schlafzimmer sehen mußte, haben ihn die Damen von London als riesigen Achilles im Hyde Park aufstellen lassen: Warum sie die Gestalt dieses Wichtigtuers aus der Antike gewählt haben, dem kein Verdienst an seiner Tapferkeit zufiel, das weiß ich nicht; aber dafür ist Wellington nackt, von einer Nacktheit, die einen erschauern läßt. Überdies wimmelt es auf den ganzen Britischen Inseln von diesen Statuen, Büsten und Porträts. Die Engländer sind zu weit damit gegangen, so wie sie mit Waterloo zu weit gegangen sind!«
Hyde Park ist ein unermeßlich großer Garten mit breiten Alleen, weitläufigen Rasenflächen, hohen Bäumen, einem ernstzunehmenden Fluß und einer prachtvollen Steinbrücke; er ist der Treffpunkt der gesamten englischen
fashion.
Man sieht zahlreiche Equipagen, obwohl bürgerliche Wagen nicht zugelassen sind, und häufig werden sie von Mitgliedern des Clubs
four in hand
gelenkt, die sich damit brüsten, die besten Kutscher der Welt zu sein. Während der Saison, das heißt, wenn die sommerliche Hitze die gesamte Gentlemanschaft und den Adel vom Land in die Stadt treibt, dann herrscht hier ein kurioser Andrang von Fußgängern und Reitern: Ganze Familien, Vater, Mutter, Töchter und Söhne galoppieren auf wertvollen Pferden dahin; alte Lords fuhren hier ihren alltäglichen Überdruß
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