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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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er in den drei Stunden tat. Die Maschine kam etwa um fünfzehn Uhr zehn auf dem Flugplatz Cointrin in Genf an. Um sechzehn Uhr dreißig ist Watermann im Hotel. Da fehlen also rund siebzig Minuten. Dann hat ihm um achtzehn Uhr dreißig ein Etagenkellner namens Vergori eine Flasche Rotwein mit zwei Gläsern gebracht. Angeblich ist Vergori der letzte, der Watermann lebend gesehen hat.«
    »Das heißt, daß er am Samstag und Sonntag mit Ausnahme von ein paar Minuten unbeobachtet war?«
    »Richtig. Was hältst du von einem Kaffee? Übrigens noch etwas: Dieser Fall ist unglaublich vertrackt. Was spricht etwa dagegen, daß er sich Wasser in die Wanne einließ, um zu baden? Daß er dann stürzte?«
    »O nein, Baumeister. Wie kamen dann die Medikamente in ihn rein?«
    »Richtig«, lobte ich. »Aber da die Medikamente ziemlich lange brauchen, um volle Wirkung zu zeigen, kann es ebensogut sein, daß er die tödlichen Pillen gar nicht in seinem Apartment schluckte, sondern außer Haus war. Dann wurde er als Toter in sein Apartment geschleift …«
    »Hör auf, das sind doch Spekulationen. Schließlich wirst du noch behaupten, daß der Tote, der in der Badewanne lag, gar nicht Watermann war.«
    »Das nicht gerade, aber behauptet worden ist auch das schon.«
    »Stimmt es eigentlich, daß die Badewannenarmaturen ohne Fingerabdrücke waren?«
    »Ja, das scheint zu stimmen. Es kann aber sein, daß die Hotelleitung, um das Apartment schnell weiterzuvermieten, eine Putzfrau schickte, die gründlich aufräumte. Putzfrauen haben etwas gegen Fingerabdrücke.«
    »Ja, und was hat die Genfer Polizei getan?«
    »Nicht sehr viel und nicht sehr gründlich. Sie haben eigentlich darauf gewartet, daß ihnen von deutschen Behörden Hinweise auf mögliche Täter oder Tätergruppen zugehen. Diese Hinweise kamen nie, statt dessen schloß die Staatsanwaltschaft die Akte.«
    »Aber die Genfer ermitteln doch weiter.«
    »O ja, die bleiben dran. Es wird heute noch ermittelt.«
    »Du suchst also jemand, der ihn nach Genf lockte?«
    »Ja. Aber im wesentlichen suche ich den, dem vorher aufgetragen wurde, es wäre schön, wenn Watermann plötzlich zu leben aufhörte.«
    »Der Kaffee ist fertig, Baumeister. Das ist mir alles zu kompliziert.«
    »Aber du bist fasziniert, nicht wahr? Und eigentlich ist es dir auch nicht zu kompliziert, eigentlich hast du ein wenig Angst.«
    »Komm Kaffee trinken.«
    Sie stand halbnackt, nur mit einem Hauch von Slip bekleidet, vor ihrem Herd und brutzelte irgend etwas. Ihre Rückseite war ein verlockender Anblick.
    »Ich komme«, warnte ich.
    »Ja, ja, der Kaffee wird kalt.« Dann drehte sie sich herum und hauchte: »Du lieber Gott«, und wurde fast rot dabei. Ehrlich gestanden ärgerte mich das etwas, denn wenn sie sich gedankenlos hüllenlos vor dem Herd produzierte, nahm sie mich als Mann wohl nicht ganz ernst. Aber ich sagte es nicht, ich wahrte meine Interessen.
    Sie hatte Spiegeleier auf Speck fabriziert und war erheblich in meiner Achtung gestiegen. »Dies ist ein Arbeitsfrühstück«, erklärte sie. »Erzähl mir, was du jetzt machen willst. Willst du bei diesen Kielern vom Verfassungsschutz weiterbohren?«
    »O nein, die wollen nur ihren Hinterhof sauberhalten. Geheimdienstarbeit ist reine Interessenarbeit, keine Spur von Edelmut.«
    »Was machst du also?«
    »Du hast es bereits erraten. Ich gehe nach Genf, ich sehe mir den Tatort an.«
    »Hättest du etwas dagegen, wenn ich mitkomme?« Da stand sie voller Unschuld und meinte es so.
    »Das geht nicht. Ich recherchiere immer allein. Außerdem mußt du deine Kneipe am Laufen halten.«
    »Muß ich nicht, ich kann Ferien machen, ich habe eine Vertretung.«
    »Das ist keine Ferienfahrt.«
    »Das ist mir klar. Ich wollte immer schon mal in Journalismus machen.«
    »Man kann nicht mal eben einfach so in Journalismus machen. Deswegen gibt es so einen Haufen mittelmäßiger Journalisten.«
    »Also, du willst nicht?«
    »Ich will nicht. Ich hab gerade einen Versuch in Zweisamkeit hinter mir. Es ging schief.«
    »Deshalb beschäftigst du dich mit Watermann, nicht wahr?«
    Sie war richtig boshaft.
    »Das hätte ich ohnehin getan.« Ich wurde wütend.
    »Was war denn so schlecht an ihr?« Sie hatte schmale Augen.
    »Wir haben uns in Freundschaft getrennt. Sie will nur noch kommen, wenn ich Heftpflaster brauche. Bei der Recherche zu Watermann hilft alles mögliche, nur keine Analyse von Beziehungskisten.«
    Sie schwieg eine Weile, biß auf der Oberlippe herum. Dann sagte sie:

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