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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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okay?«
    »Gut«, sagte sie, aber ihre Stimme klang ängstlich. Ich öffnete die Tür und lief in ein Tuch oder eine Decke, die sie vor die Tür gehängt hatten. Ich schlug die Decke zurück, und da hockten sie auf dem Fußboden um ein Tablett herum, auf dem zwanzig oder dreißig Kerzen brannten. Sie waren entweder betrunken oder bekifft, genau war das nicht auszumachen. Es roch unbeschreiblich, eine Mischung aus Essensresten, Urin, Schweiß, Tabak, Haschisch. Ich sagte: »Hallo, zusammen. Karl-Heinz, draußen ist Minna und will dich sprechen.«
    Er saß mit dem Rücken zu mir. Er drehte sich herum und sagte: »Ich bin aber nicht im Dienst.«
    Das Mädchen, das links von ihm saß, kicherte albern. »Wir warten draußen«, sagte ich und drehte mich wieder zum Eingang herum. »Vielleicht kommt er«, sagte ich zu Minna.
    Wir warteten. Nach einer Minute tauchte er auf.
    »Ich bin verprügelt worden. Vor Minnas Haustür«, erklärte ich. »Warum hast du den Bullen gesagt, daß ich bei ihr bin?«
    »Habe ich nicht.« Sein Gesicht zeigte keine Regung.
    »Ich bin sauer«, sagte Minna. »Ich wette, du bist bei mir im Harlekin nur aufgetaucht, weil sie gesagt haben, du sollst mich ein bißchen überwachen.«
    »Die hatten nichts damit zu tun«, sagte er. Er trat von einem Bein auf das andere.
    »Der dicke Ältere, den sie Opa nennen, hat mir aber gesagt, daß sie gut mit dir zusammenarbeiten«, bluffte ich.
    »Das stimmt ja auch«, sagte er heftig. »Ich arbeite nur mit ihnen zusammen, wenn es um Recht und Ordnung geht.«
    »Wieviel hast du ihnen denn über Minna erzählt?« fragte ich.
    »Nichts«, sagte er störrisch.
    »Du lügst«, sagte ich heiter, »aber du warst mir sehr nützlich. Du hast den Hund ersetzt, der bissig wird, wenn man Finanzamt schreit.«
    »Ha?« sagte er.
    »Das verstehst du nicht«, erklärte Minna. »Tja, tut mir leid, Karl-Heinz, du hast Lokalverbot, ich will dich nicht mehr sehen.«
    »He, warte mal, so geht das nicht«, sagte er plötzlich ängstlich.
    »Laß die Scheißer doch laufen«, sagte jemand hinter Karl-Heinz. »Die haben kein Dope, die haben nicht mal Dosenbier.«
    »Lauf zum Taxi«, sagte ich zu Minna, und sie verstand, drehte sich herum und lief zum Taxi.
    »Das war nicht gut«, sagte ich zu Karl-Heinz, »du hast mich gelinkt.«
    »He Macker, nicht so«, sagte der im Schatten scharf.
    Karl-Heinz stand da mit hängendem Kopf, dann trat er zu. Er traf mich hoch oben am rechten Hüftknochen, und der Schmerz kam so jäh, daß mir die Luft zum Schreien fehlte. »Hau ab«, sagte er schnaubend, »sonst mache ich dich alle.«
    »Das war richtig gut«, sagte die Stimme im Schatten voller Heiterkeit.
    Es war feucht und schlammig, und ich konnte das rechte Bein nicht anziehen. »Du könntest ihn eigentlich den ganzen Platz lang treten«, sagte die Stimme.
    »Minna meint, er ist ein alter Bekannter«, wandte Karl-Heinz ein.
    »Minna meint, er ist ein alter Bumser«, sagte die Stimme.
    »Tritt ihm in die Eier, oder so was. Es muß weh tun, sonst lernen’s diese Opas nie. Es muß richtig weh tun.«
    »Ja, ja«, sagte Karl-Heinz, aber er bewegte sich nicht. Seine nackten stämmigen Beine waren direkt vor meinem Gesicht.
    »Hilf mir mal hoch«, sagte ich.
    Er beugte sich vor. »Du mußt dich bei mir entschuldigen.«
    »Wofür?«
    »Na ja, du hast gesagt, ich bin link. Ich bin aber nicht link. Ich will nur die Bewegung stützen, daß es vorwärts geht mit Recht und Ordnung. Und daß solche Schweine wie Watermann, na ja also, daß sie nicht mehr ans Ruder kommen.«
    »Ich entschuldige mich.«
    Karl-Heinz griff nach mir, wie man nach einem Päckchen greift. Er stellte mich mühelos auf, und ich mußte mich an ihm festhalten.
    »Hast du gehört, er hat sich richtig bei mir entschuldigt«, sagte er verwundert.
    »Der wird auch deine Scheiße fressen«, sagte die Stimme. »Die kriechen alle, wenn sie merken, daß du der Stärkere bist.«
    Der Taxifahrer ließ den Motor an, der Wagen war ungefähr dreißig Meter entfernt.
    »Deine Kumpels hauen ab«, sagte die Stimme vergnügt. Der Taxifahrer schaltete die Scheinwerfer ein und kam sehr schnell herangefahren. Minna schrie: »Spring schon rein.«
    Der Einfachheit halber ließ ich mich so fallen, daß ich den Türrahmen des Autos erwischte. Und dann ging alles ganz schnell. Ich tastete nach der Rückenlehne des Fahrersitzes, zog mich hinein und schloß die Tür hinter mir.
    »Hör mal«, begann Karl-Heinz empört. Den Rest hörten wir schon nicht mehr, unser

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