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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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»Ich wollte nicht privat werden, tut mir leid.«
    »Schon gut«, sagte ich. »Macht ja nichts. Paß auf, daß sie dir nicht einen neuen Karl-Heinz an die Bar stellen.«
    »Was heißt das? Gehst du jetzt?«
    »Ich muß mir etwas ansehen«, sagte ich. »Ich melde mich.«
    »Mein Interesse am Fall Watermann ist ehrlich«, sagte sie mutlos.
    »Das glaube ich. Bis später.« Ich stand auf, ging hinaus zu meinem Auto, fuhr erst einmal eine Weile ziellos durch die Gegend und atmete erleichtert durch. Nach Theresa sofort Minna? Das hätte nur Ärger bereitet. Wieso reagierte ich so gereizt? Minna hatte einmal ein Baby mit Watermann, war ihr Interesse nicht normal? Wahrscheinlich war ich nur neurotisch oder, freundlicher formuliert, nervös. Es war nicht mein Jahr, dieses Jahr, beziehungsmäßig jedenfalls.
     
    Ich trudelte über Plön und Eutin in Richtung Lübeck, machte hier und dort halt, um einen Kaffee zu trinken oder ein Eis zu essen. Ich wußte nicht, ob Genf eine gute Entscheidung war.
    Ich kannte in Genf niemanden, nicht einmal eine Kollegin oder einen Kollegen.
    Seit wann, Baumeister, machst du deine Recherchen davon abhängig, ob du am Tatort jemanden kennst oder nicht? Wahrscheinlich war ich krank, irgendein Virus.
    Auf krummen Wegen landete ich gegen Abend in der schönen Gemeinde Timmendorfer Strand und mietete mich im Hotel Dryade ein. Vermutlich hatte ich Angst, mit mir alleine in meinem Jeep zu schlafen. Ich aß bei irgendeinem Italiener, der mir für dreiundzwanzig Mark fünfundsiebzig genügend Nudeln für einen hohlen Zahn servierte und hockte mich dann in einem Straßencafe an einen Tisch, um trübsinnig vor mich hinzustarren.
    Ich marschierte an einem Minigolfplatz vorbei, auf dem verbiesterte Bürger kleine unschuldige Bälle in irgendwelche Löcher zu schlagen versuchten und dabei genauso verklemmt aussahen wie ich. Ich dachte: Du hast dich irgendwo am Straßenrand verloren, Baumeister, du solltest versuchen, wieder zu Bewußtsein zu kommen. Ich rief also Minna im Harlekin an, und jemand sagte muffig: »Hat keine Zeit, macht Toast.«
    »Sagen Sie ihr, Baumeister ist dran. Ich warte.«
    Nach einer Weile hob sie den Hörer auf. »Ich dachte schon, du seist auf ewig verschwunden. Wo bist du?«
    »Timmendorfer Strand, in einem Hotel. Ist Karl-Heinz bei dir an der Bar?«
    »Nein. Er hat sich nicht sehen lassen.«
    »Kannst du feststellen, ob er zu Hause ist?«
    »Ich kann jemanden hinschicken.«
    »Tu das, bitte.«
    »Warum?«
    »Ich hab da so eine Ahnung. Und wenn ich eine Ahnung habe, will ich wissen, ob sie richtig ist.«
    »Kommst du hierher?«
    »Nein. Ich fahre erst einmal zurück in die Eifel. Ich muß mich um Krümel kümmern, ich muß eilige Geldsachen erledigen. Dann fahre ich nach Genf.«
    »Und? Kann ich mit?«
    »Ja. Aber ich kann dich nicht ernähren.«
    »Getrennte Kasse?«
    »Das wäre mir recht.«
    »Wann muß ich antreten?«
    »Sagen wir in drei Tagen? Du fährst die Autobahn Köln-Brühl-Euskirchen. Bis ans bittere Ende. Dann links ab nach Hillesheim.« Ich gab ihr die Adresse. Später lag ich in meinem Bett und wußte plötzlich, daß ich nichts anderes tat, als wortlos um Theresa zu trauern.
    Watermann interessierte mich nicht wirklich, Watermann war ein Phänomen weit draußen am Horizont meines Lebens, dort wo Traum und Wirklichkeit sich berührten. Ich schlief fast bis Mittag, frühstückte dann und rief Minna an.
    »Ist Karl-Heinz da?«
    »Nein. Er ist verschwunden, seit wir ihn nachts besucht haben. Wieso willst du das wissen?«
    »Es interessiert mich eben. Ich werde es dir irgendwann einmal erklären. Bis dann.«
    In Höhe Osnabrück erwischte mich auf der Rückfahrt ein grandioses Gewitter von fast tropischen Ausmaßen. Es dauerte nicht einmal drei Minuten, bis die Autobahn gesperrt war, weil wie üblich einige Trottel sich eisern auf die Kunst der Autokonstrukteure verließen und sich vom Gaspedal nicht trennen wollten. Jetzt hatten sie Beulen am Blech und Blessuren am Körper und sahen so aus, als würden sie alle naselang anfangen, bitterlich zu weinen.
    Ich verlor auf diese sympathische Weise etwa zwei Stunden und erreichte die Eifel erst, als es schon dunkel war und auf Mitternacht zuging.
    Normalerweise erwartet mich meine Katze Krümel vor der Haustür. Sie kann den Motor des Autos über Kilometer hören. Aber diesmal war Krümel nicht da.
    Ich zog das Leichtmetalltor auf, das meine Garage dichtmacht, hockte mich in den Jeep, schaltete das Licht ein und wollte ihn

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