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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Oktoberwochenende, als Watermann krepierte, waren wichtige Leute in der Stadt, fast alles Waffenhändler aus Südafrika, dem Iran, Israel, USA. Wie werden diese Leute in den Hotels behandelt? Laufen deren Gespräche alle über die Hotelcomputer?«
    Sie lachte. »Ich habe mit großem Interesse deutsche Zeitungen und Magazine nach Watermanns Tod gelesen. Da steht viel über Telefonate, die vom Hotelcomputer registriert wurden. Das gilt doch nur für den Normalsterblichen. Wenn Gerber eine Suite bezieht, ist ganz klar, daß vorher ein Telefonapparat installiert wird, der nicht über den Computer läuft. Der hat nur eine Gebührenuhr. Niemand kann wirklich kontrollieren, mit wem diese Leute sprechen und wer sie anruft. Alle diese Suiten haben Telefonstecker und eine Extraleitung. Davon leben die Hotels doch. Und Watermann …«
    »Hatte er ein Extratelefon?«
    »Nein, hatte er nicht. Aber die Frage ist doch, ob er so ein Telefon überhaupt brauchte. Ein Teil seiner Gespräche ist auf dem Hotelcomputer verzeichnet worden. Sagen wir mal: die harmlosen Gespräche. Er muß Leute im Hotel gehabt haben, die auf ihn warteten und mit ihm sprachen, denn sonst wäre doch nicht für ihn gebucht worden, oder? Diese Leute, die wir noch nicht kennen, haben allesamt ein Telefon, das nicht über den Computer läuft. Das ist das erste, was der technische Dienst ihnen bringt, wenn sie das Zimmer beziehen. Wenn Watermann ein unkontrolliertes Telefon brauchte, hatte er garantiert eines.«
    »Direkt gefragt: Kann bei Ihnen an der Bar ein Killer ungefährdet auf Aufträge warten?«
    »Na locker. Anschließend könnte niemand etwas beweisen, weil unsere Telefone nicht über Computer laufen. Ich führe meine Bar auf Provisionsbasis, ich könnte mir ein Telefon, das über Computer läuft und alle Nummern registriert, gar nicht erlauben, das wäre mein wirtschaftlicher Ruin.«
    »Zurück zu Paolo. Er ist Italiener …«
    »Nehmen wir das einmal an«, sagte sie mit einem Lächeln.
    »Na gut, nehmen wir das an. Nehmen wir weiter an, er hat begriffen, daß da so etwas lief wie ein bestellter, sorgsam bedachter Mord. Nehmen wir weiter an, er hatte eine Verbindung zu Gerber im ›Richemond‹, was technisch gesehen sehr simpel war. Nehmen wir weiter an, er hatte Zugang zum Computer, er veränderte bestimmte Eintragungen und löschte bestimmte andere. Das ist sehr einfach und konnte in zehn Minuten über die Bühne gehen. Nehmen wir weiter an, er war gerissen genug, sich vorher einen kompletten Ausdruck des Computers zu besorgen. Er besitzt also Dokumente, die ohne Übertreibung für bestimmte Menschen Millionen wert sind – nämlich ihre Existenz. Was macht Paolo damit?«
    »Auf diese Frage warte ich seit einigen Minuten«, sagte sie bissig. »Ich weiß, daß er vom Hotel aus zu einer bestimmten Adresse fuhr. Mit dem Taxi. Von dort ist er im gleichen Taxi abgefahren. Der Taxifahrer behauptet, ihn zum Bahnhof gebracht zu haben. Paolo erwähnte, er müsse den Nachtschnellzug nach Deutschland erreichen. Der fuhr damals zwischen Mitternacht und ein Uhr. Der Zug geht über Bern nach Basel. In Basel ist er nicht vom Zoll registriert worden. Aber das heißt nichts.«
    »Wohin ist er vom Hotel aus gefahren?«
    »Es ist eine Adresse in Versoix. Natürlich ist es ein Italiener, ein höchst ehrenwerter Mann, der im Ruf steht, irgend etwas mit der Mafia zu tun zu haben. Er ist ein Padrone mit einem Herz für Landsleute in Not. So weit ich weiß, besitzt er Kalksteinbrüche im Süden Italiens, etwa ein Dutzend Speditionen und sechs Dutzend Cafeterias und Pizzerias. Er ist so etwas wie der Onkel aller Italiener hier. Er ist ein Mann, der Frauen wie mich nicht mag. Er hat sich geweigert, mich zu empfangen.«
    »Was speziell hat er denn gegen Frauen?«
    »Er ist mit einer wirklich schrecklichen verheiratet«, sagte sie.
    »Sie dürfen Ihr Geld wieder mitnehmen, falls Sie mir sagen, ob Paolo ihm etwas gegeben hat oder nicht. Er heißt Emilio Vascetto, aber nennen Sie ihn nur Padrone. Das mag er. Und lassen Sie sich nicht umbringen.«
    »Ich werde meine Lebensversicherung erhöhen. Ich danke Ihnen.«
     
    Sie kam nicht mit an die Tür, ich ging allein die Treppe hinunter auf die Straße. Der Tag war gekommen, es war nach vier Uhr.
    Schräg gegenüber in einer Toreinfahrt versuchte jemand, rückwärts mit dem LKW auf die Straße zu setzen. Ich winkte ihn heraus, er setzte zurück und bedankte sich mit einem fröhlichen Bonjour. Dann ging ich zu meinem Wagen, den ich

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