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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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auf einem kleinen Parkplatz ganz in der Nähe abgestellt hatte. Mein Wagen war der einzige weit und breit.
    Sie lehnten an meinem Auto, und sie wirkten cool, wenigstens auf mich. Sie waren um die dreißig Jahre alt, und sie trugen unansehnliche graue Trainingsanzüge zu einfachen Sportschuhen. Außerdem Lederhandschuhe. Sie waren beide blond und sahen aus wie erfolgreiche Karrieristen, die morgens vor dem ersten Zusammenstoß mit der Sekretärin joggten.
    Zuweilen weiß man Sekunden vorher, daß man verprügelt wird. In diesem Fall war es eindeutig. Ich versuche dann immer, irgend etwas zu sagen, um mich abzulenken von meiner Furcht.
    »Sie irren sich, meine Herren«, stellte ich also fest, so fröhlich ich konnte.
    Sie waren nicht beeindruckt. Sie lächelten nicht, sie verzogen nicht das Gesicht, sie schienen nicht einmal zuzuhören.
    »Na gut, was wollen Sie?«
    Sie antworteten immer noch nicht.
    Ich hatte den Geldschein, den ich auf Lilos Tisch gelegt hatte, in die Brusttasche der Lederweste gesteckt. Ich holte ihn heraus und hielt ihn hin. »Tausend Mäuse, wenn Sie mir sagen, warum Sie mich verprügeln sollen.«
    Der Rechte zeigte Wirkung. Er grinste kurz und matt wie eine verhinderte Stall-Laterne.
    Gleichzeitig schien das ein Signal zu sein. Sie setzten sich in Bewegung.
    Der rechts machte einen Ausfall gegen mich, ich taumelte programmgemäß etwas nach links und lief dem Linken in beide Fäuste. Der schlug eine verzögerte Dublette. Das heißt, er traf zunächst mein linkes Ohr, dann eine hundertstel Sekunde später mein rechtes. Dann sprang er hoch und traf mit dem rechten Schuh meine linke Hüfte. Ich wurde nach rechts transportiert und dort bereits erwartet. Der zweite Mann schlug schnell und traf meinen Oberkörper zweimal frontal. Ich kann mich an meine maßlose Verblüffung erinnern, aber auch an meine maßlose Wut: Ich reagierte wie eine Aufziehpuppe. Ich fiel nach vorn und konnte mich gerade noch mit beiden Händen abstützen. Ich sah nichts mehr, es rauschte in meinem Kopf. Jemand traf hart meinen Nacken, und ich knallte endgültig nach vorn auf den Asphalt.
    Jemand sagte befriedigt: »Gut, erledigt.«
    Ich wollte auch etwas sagen, aber ich spürte selbst, daß es nur ein Brabbeln wurde.
    »Er ist immer noch wach«, sagte jemand. Diesmal war die Stimme hoch vor Verwunderung.
    »Warte mal«, sagte eine andere Stimme.
    Dann wurde ich ruckweise herumgedreht.
    »Paß auf, Baumeister«, sagte ein Mund dicht vor meinem Gesicht. »Du mußt dich aus der Sache raushalten. Wir sollen dir sagen, daß es nicht angeht, wenn du immer wieder in der Watermann-Sache rumstocherst. Watermann war ein Schwein. Du bist der einzige, der das noch nicht kapiert hat. Weil du es nicht kapiert hast, sind wir hier. Jetzt verpasse ich dir eine Erinnerung, die du nicht vergißt!«
    Seine Stimme troff vor Befriedigung. Er nahm meine Hand, meine rechte. Er bog sie flach, nahm den kleinen Finger und brach ihn mitten durch.
    Ich wurde sofort bewußtlos, weil der Schmerz wie der Schnitt eines Messers kam, daß er den kleinen Finger brach, begriff ich nicht.
    Ich habe keine Ahnung, wie lange ich so bewußtlos neben meinem Auto lag.
    Als ich wach wurde, starrte ich in Minnas Gesicht, und sie weinte. »Du bist ein Arsch«, sagte sie schluchzend.
    »Wieso? Wo kommst du her?«
    »Ich habe ein Taxi genommen, ich habe gerochen, daß so etwas passieren würde. Ich bin für hundert Franken durch die Gegend gefahren, ehe ich deinen Jeep fand. Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen. Wie fühlst du dich?«
    »Phantastisch«, murmelte ich. »Gibt es hier irgendwo ein Krankenhaus?«
    »Ja«, sagte der Taxifahrer im Hintergrund. »Gleich kommt ein Wagen.«
    »Was waren das für Kerle?« fragte Minna.
    »Ich weiß es nicht. Deutsche jedenfalls.«
    »Wissen wir denn genug, daß sie dich verprügeln?«
    »Eigentlich nicht. Kannst du mir irgend etwas unter den Kopf legen, und oohhh … paß auf, sie haben mir den Finger gebrochen. Nein, nicht den, den kleinen rechts.«
    »O Scheiße! Laß uns aufhören damit, Baumeister. Laß uns einfach in Urlaub fahren.«
    »Jetzt fange ich erst an«, murmelte ich. Dann nahm mich eine neue Schmerzwelle auf ihren Kamm und trug mich fort. Nebelhaft begriff ich, daß weißgekleidete Leute mich hochhoben, auf eine Bahre legten und dann in ein Auto schoben. Minna hockte neben mir und heulte und sagte mehrere Male: »Du bist ein dummer Held, Baumeister.«
    »Aber Klasse, nicht wahr?« murmelte ich. Da lachte

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