Reise ohne Ende
grimmig und entschlossen. „Ich erteile der Brücke den Befehl, einen Kurs anzusteuern, der uns zu der nächsten verzeichneten bewohnten Welt führt. Auf der landen wir für eine Überholung und um herauszubekommen, wo die anderen Späherschiffe sich zur Zeit befinden.“
Sie entließ sie und sagte nichts mehr, aber Gildoran konnte raten, was sie im Sinn hatte. Mit ihrer zu kleinen Mannschaft lag ihre einzige Hoffnung darin, ein anderes Späherschiff zu finden und mit ihm Mannschaft und Mittel zu teilen.
War das die letzte Fahrt, die die Samtfalter selbständig zu Ende brachte? Waren sie einfach zu wenige, um weiterzumachen?
Was geschah mit einem Späher ohne Schiff, wenn seine lange, lange Reise zu Ende war?
Wäre es nicht besser, im Kosmos zu sterben und für ewig in einem unberührten, unvergänglichen Grab zwischen den Sternen zu kreisen, als das Leben an die Zeit eines Planeten, an ihn selbst, gefesselt zu beenden?
Gildoran hatte im Augenblick dienstfrei. Er hatte jedoch keine Lust, in seine Kabine zurückzugehen, die er noch immer mit Gilmerrit teilte – er war dort nur geblieben, weil er befürchtete, daß er sie in tiefe Depressionen stürzen würde, falls er den Versuch machen sollte, sich zurückzuziehen. Die Regelung war nicht gänzlich unwillkommen. Zwischen ihren depressiven Momenten war Gilmerrit eine nette, freundliche Partnerin, und auch sexuell verstanden sie sich noch recht gut.
Es gibt niemanden, den ich lieber will als Merrit. Ich vermute, daß nur die Tatsache mich zur Auflehnung gegen sie treibt, daß ich an sie gebunden bin.
Alte Gewohnheit trieb seine Füße in das hintere Ende der Wohnquartiere, und er fand sich in einem leeren Zimmer wieder. Dort konnte er sich entspannen, von Ramies vertrauten Dingen umgeben, und darauf warten, daß ihre Schicht zu Ende war. Er sagte sich selbst, daß er nicht auf sie warten würde.
Das war nicht nötig, und während des schlimmen Jahres seiner Kapitänswürde hatte er sie oft genug als Vertraute und Taschentuch zum Ausweinen benutzt. Wie üblich entspannte die lockere Atmosphäre in dem Zimmer ihn so sehr, daß er einschlief. Erst das leise Surren der sich öffnenden Tür weckte ihn, um ihm zu sagen, daß Ramie zurückgekehrt war.
Noch etwas benommen richtete er sich auf.
„Tut mir leid, Ramie, ich wollte nicht… Ich gehe sofort.“ Sie lachte. „Warum? Mir bist du nicht im Weg, und Merrit habe ich auf der Brücke gesehen. Sie wird dich also nicht vermissen. Worüber machst du dir Gedanken, Gildoran?“
„Über Raes Entscheidung zu landen“, sagte Gildoran. „Wir heben vielleicht nie mehr ab, das weißt du. Was würden wir dann tun? Ramie, was würde mit uns geschehen, wenn die Samtfalter nie wieder abfliegt?“ Sie kam und setzte sich nahe zu ihm auf die Couch. Sie sah noch immer wie ein Kind aus – schlank, und mit großen, dunklen Augen, die ihn ernst und unverwandt ansahen. Sie sagte: „Das wäre natürlich traurig, aber das Ende der Welt wäre es auch nicht. Das ist eine große Galaxis dort draußen.
Sicher gibt es da einen Platz, zu dem ich gehen könnte, etwas, mit dem ich mich beschäftigen könnte.“
„Aber… ein Erdenwurm zu sein… nie wieder Späher…“ Ramie sagte: „Es gibt noch mehr Späherschiffe. Wenn ich so denken würde, dann wäre es der Kosmos – und nicht die Samtfalter – der mir etwas bedeutet.“ Ihr Lächeln zitterte ein wenig. „Es würde mich allerdings sehr verletzen, dich zu verlieren – euch alle“, verbesserte sie hastig. „Aber darüber können wir uns Gedanken machen, wenn es soweit ist.
Wahrscheinlicher ist wohl, daß wir den Computer und die gesamte Technologie des Schiffs so umbauen werden, daß alles mit einer kleineren Mannschaft betrieben werden kann, wenn wir erst einmal unten sind. Im schlimmsten Fall können wir abwarten, bis die Kinder etwas größer sind – Gilmarina und Rita sind in zwei Jahren in der Klasse B –, und alles ist in Ordnung.“
Gildoran sagte ein wenig säuerlich: „Du bist einfach eine geborene Optimistin, nicht wahr?“
Ramie zuckte die Achseln. „Was soll ich denn machen? Soll ich dir sagen, wie hoffnungslos alles ist? Ich denke doch, davon hörst du von Gilmerrit genug.“
„Du kannst sie nicht leiden, oder? Oder ist es immer noch nur Eifersucht?“
„Es ist nicht so, daß ich sie nicht leiden kann. Ich bewundere sie sogar dafür, daß sie weitermacht – und dazu noch so gut, wie sie das fertiggebracht hat. Es ist empörend, was sie alles
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