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Reise ohne Ende

Reise ohne Ende

Titel: Reise ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Licht, das zum erstenmal seit Jahrhunderten durch das gebrochene Dach der Einbruchstelle schien, warf ein blasses Licht auf die Steinsärge und den vertrockneten Körper in jenem Sarkophag, den Ramie und Gildoran geöffnet hatten. Kleine Särge. Die jüngsten. Und die davor waren größer…
    „Es hat ihr Wachstum gehemmt“, sagte er. „Als die Meere austrockneten, hatten sie keine Fische mehr, und damit fehlten ihnen auch die Mineralien aus dem Meer. Dann hatte der Mangel an Regen zur Folge, daß sie außer dieser Pflanze hier nichts mehr zu essen hatten, und das für Jahrhunderte.“ Er deutete auf die Knollen, die auf dem Boden lagen, und dann auf die Bilder an der Wand. „Keine Nährstoffe aus dem Boden
    – nur das, was sie aus der Luft bekamen. Im Verlauf der Jahrhunderte wurden sie kleiner und kleiner…“ Ramie deutete auf die kleine Leiche in dem Sarg. „Aber was ist aus den anderen geworden? Der Letzte, der am Leben geblieben ist, konnte sich ja wohl schlecht selbst begraben haben, oder?“
    „Natürlich nicht. Was aus den Letzten geworden ist, das werden wir nie herausbekommen. Wahrscheinlich hat die Leistungsfähigkeit ihres Gehirns ohne das Jod und die Mineralien aus dem Meer nachgelassen, bis sie kaum noch intelligenter als die Heuler da draußen waren, und die letzten Generationen sind wahrscheinlich wieder Wilde geworden, die vor sich hin vegetierten und nicht einmal wußten, woher sie kamen.“ Er stellte sich mit einem Schaudern nackte Wilde vor, die letzten Überlebenden der großen Rasse, die diese Stadt gebaut hatte, wie sie in den Ruinen kauerten und wie es ihnen nicht klar war, daß ihre Rasse zum Aussterben verurteilt war.

    Wir alle werden einmal sterben. Eines Tages wird selbst der Kosmos zu seinem Ende kommen, und die Späher werden der Geschichte angehören, wir alle, selbst meine Kleine aus der Kinderstation, und nicht einmal ihre Namen werden mehr leben. Verschwunden wie Gilmarin. Wie Giltallen, der auf der Welt geblieben ist, von der wir abgereist sind, und der nun tot ist, schon lange tot. Wir werden nie wissen, wie lange er schon tot ist und wo und wie er sein Ende gefunden hat.
    Was blieb Rae anders übrig, als zu trauern, als es Zeit zum Trauern war, und dann jemanden zu finden, den sie lieben konnte, jemanden, der für die Liebe noch da war? Giltallen nämlich ist für sie tot, selbst wenn er noch lebt, für uns alle tot, so tot wie all jene vergessenen Könige, die dort in den Stein eingemeißelt sind.

    „Wahrscheinlich hast du recht“, sagte Rae. Er war so tief in seine Gedanken versunken, daß er einen Augenblick lang nicht wußte, was er vorhin gesagt hatte. „Früher einmal, vor dem Transmitter-Zeitalter, gab es noch keine Späherschiffe, sondern nur Kolonien, die mit Lichtgeschwindigkeit zwischen den Sternen flogen. Da gab es eine verlassene Kolonie, und als diese Tausende von Jahren später wiederentdeckt wurde, waren die Menschen dort so mutiert, daß man sie kaum noch erkennen konnte. Weil ihnen ein wesentlicher Nährstoff fehlte
    – an die Einzelheiten kann ich mich jetzt nicht mehr erinnern –, entwickelten sie sich als Rasse zurück. Sie wurden so kleinwüchsig, daß die größten unter ihnen nicht mehr als einen Meter groß waren.“
    „Während ihr euch Gedanken über die Ursache des Aussterbens von toten Rassen macht“, sagte Ramie, während sie zitternd aus den Decken kroch, „dürfte ich euch vielleicht darauf hinweisen, daß wir hier auf das Verhungern nicht generationenlang zu warten brauchen. Gildoran, hast du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie wir hier herauskommen?“
    Er stand auf und schaute sich den Erdrutsch an. „Ich glaube, ich könnte aus dem Einbruch hier herausklettern“, sagte er und setzte einen Fuß darauf, aber das lose Geröll rollte herab und übergoß ihn mit Steinen.
    „Das hat keinen Zweck“, sagte Ramie. Sie ging in den nächsten Raum und leuchtete mit Gildorans Handscheinwerfer umher, um die Dunkelheit zu durchdringen. „Seht mal… hier, wo der Unterteil der Statue steht. Da ist ein Lichtschimmer – seht ihr ihn? –, wo sich die Felsen um die Statue gesenkt haben. Da kann ich hochklettern und herauskommen…“
    „Aber Rae nicht“, sagte Gildoran. „Wir beide müssen herausklettern und Hilfe holen.“
    „Rae sollte nicht allein hierbleiben“, sagte Ramie.
    „Da hast du recht. Bleib hier bei ihr, und ich klettere hoch.“ Mit diesen Worten setzte Gildoran seinen Fuß auf den Fuß der Statue und

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