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Reise zu Lena

Reise zu Lena

Titel: Reise zu Lena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Neven DuMont
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alles andere würde sich ergeben. Mehr erfuhr der beflissene Thomas nicht, eine geheime Kommandosache. Ich strich im Voraus mit meiner Rechten liebevoll über seine runden Wangen und zog in Erwägung, dass er je nach Einsatz nach vollendetem Auftrag einen Kuss darauf zur Belohnung erhalten würde. Mehr auf keinen Fall, denn allzu große Hoffnungen wollte ich ihm nicht machen.
    Ich zog mich einfach an, so wie ich gewöhnlich zur Schule ging, ein ordentlicher Rock, grober Pullover, das war es. Kein Make-up.
    Die Person sollte nicht denken, dass ich mich für sie schön gemacht habe. Zum Treffen kam ich eine Viertelstunde zu spät, aus Berechnung. Sie saß in einem Restaurant eines abgelegenen Hotels nicht gerade erster Ordnung, wo zu dieser Stunde wenig Menschen verkehrten, an einem Tisch, der letzte einer Reihe, und schien mich gleich zu erkennen, als ich von der Straße hereintrat und Thomas auf seinen Platz dirigierte. Eine Überraschung für mich war, dass neben ihr ein Mann saß, der aufsprang, als ich hereinkam, untersetzt und ziemlich rundlich, viel Haare auf dem Kopf hatte er nicht. Sie kam mir, die Hände weit ausgestreckt, mit vorgebeugtem Oberkörper entgegen und stammelte, so als wollte sie eine innere Erregung zähmen:
    >Mein liebes Kind, mein liebes . . .<
    Ich blieb wie angewurzelt stehen, stieß hervor:
    >So nicht! Entweder Sie benehmen sich oder ich verschwinde auf der Stelle und Sie sehen mich nie wieder!<
    Ich war zufrieden mit meinem Auftritt.
    Die Person wand sich vor mir hin und her:
    >Bitte verzeih, die Aufregung, dass wir endlich . . .<
    Ich sah sie streng an:
    >Ich glaube, Sie tun gut daran, jede Auffälligkeit zu vermeiden und sich wieder hinzusetzend <
    Sie lenkte sofort ein, huschte wieder auf ihren Platz, sie schien ziemlich verzweifelt. Sie hatte in etwa meine Größe und eine zierliche Figur. Ihr Gesicht wirkte älter, verhärmter, als ich es aus der Entfernung wahrnehmen konnte. Eine Frau, die schon viel erlebt hatte. Ihr Makeup fand ich übertrieben, und die Haare waren eine Katastrophe, wild, ungepflegt und viel zu lang für ihr Alter. Sie wollte wohl als junge Frau durchgehen, zum Frisör hatte es auf alle Fälle nicht gereicht. Alles in allem, so war mein erster Eindruck, eine raffinierte Person. Aber, da war ich mir sicher, ich konnte es mit ihr aufnehmen.     Meine Stimme war spitzer, unfreundlicher als ich mir vorgenommen hatte.
    >Um Gottes Willen, warum sagst Du >Sie< zu mir?! Das ist doch nachgerade . . . also geradezu unnatürlich, meinst Du nicht auch?<
    Ihre Stimme überschlug sich.
    >Ich werde Sie so anreden, wie ich für richtig halte. Ich hatte etwas gefragt?<
    >Was hattest Du gefragt, bitte?<
    Ihre Verwirrung erschien echt.
    Nun meldete sich der Mann selbst, in einer sonoren Stimme mit fremdländischem Akzent. Auch der Name, mit dem er sich vorstellte, klang wie der eines Ausländers:
    >Nur ein Begleiter, der sich zufällig in der Stadt aufhält. Wir sind Durchreisende. Ihre Frau Mutter hat mich gebeten, ihr heute Nachmittag wegen des besonderen, höchst persönlichen Anlasses beizustehen. Ihre Mutter ist eine sehr gefühlvolle, zarte Frau, müssen Sie wissen.<
    >Genau so ist es<, pflichtete sie ihm bei, >uns verbindet nichts weiter, bestimmt nicht. Mit den Männern bin ich ziemlich fertig, obwohl ich im besten Alter bin und viele Anträge bekomme. Ich kann Dir nur raten, hüte Dich, Kleines, vor Männern! Sie sind nichts wert, ich habe es erfahren. Lässt Du Dich mit einem ein, gibst ihm Dein Bestes, schon hat er Dich am Wickel und saugt Dich aus wie eine Auster, bis nichts mehr von Dir übrig ist. Nur Dein Vater war eine Ausnahme, stammte auch aus einer besseren Familie. Ein Gentleman. Zu Beginn wenigstens.<
    In der Zwischenzeit hatte ich neben den beiden Platz genommen, wir musterten uns mit unverhohlener Neugier. Ein Kellner bat um unsere Wünsche. Die Frau übernahm umständlich die Initiative.
    Alle möglichen Tees und Softdrinks wurden vorgeschlagen, ausführlich diskutiert und wieder verworfen. Die Frau beharrte darauf, dass ich einen bestimmten Schokoladenkuchen nahm, in einer Tonart, als wolle sie mir damit eine besondere Gunst erweisen.
    Es stellte sich heraus, dass das Restaurant diesen bestimmten Kuchen nicht im Angebot hatte. Trotz allem Palaver bestellte ich am Ende genau das, was ich mir vorgenommen hatte: ein Glas Wasser.
    Dies war kein Tag für Kompromisse.
    Die Frau fing nun an, vor mir ihre

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