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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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in’s Ohr.
    – Ja wohl! bestätigte Johnson.
    – Hatteras hat nie ein Wort für den Amerikaner, und dieser scheint auch wenig erkenntlich zu sein. Zum Glücke bin ich noch zur Vermittlung da.
    – Herr Clawbonny, antwortete Johnson, seit dieser Yankee wieder lebendig geworden ist, verspricht mir seine Miene nicht viel Gutes!
    – Entweder täusche ich mich arg, versetzte der Doctor, oder er muthmaßt unseres Hatteras’ Zwecke.
    – Glauben Sie, daß der Fremde die nämlichen Absichten gehabt hat, wie wir?
    – Wer weiß es? Johnson! Die Amerikaner sind unternehmend und kühn, und was ein Engländer ausführen wollte, konnte Jener ja wohl auch versuchen.
    – Sie glauben, daß Altamont …?
    – Ich glaube gar Nichts, fiel der Doctor ein, aber die Lage seines Schiffes auf dem Wege zum Pole giebt doch zu denken.
    – Altamont sagt aber, er sei wider Willen dahin verschlagen worden.
    – Ja, er sagte es, aber er schien mir dabei verstohlen zu lächeln.
    – Zum Teufel! Herr Clawbonny, eine Rivalität zwischen zwei Männern dieses Schlages könnte unter unseren Umständen eine schlimme Sache werden.
    – Gott gebe, daß ich mich täusche, Johnson, aber das kann schwere Verwickelungen nach sich ziehen, die vielleicht gar zu gewaltsamer Lösung führen.
    – Hoffentlich wird Altamont nie vergessen, daß wir ihm das Leben gerettet haben.
    – Und er jetzt uns, nicht wahr? Ich gebe zu, daß er ohne unsere Hilfe jetzt nicht mehr lebte, was wäre aber ohne ihn, ohne sein Schiff, und die Hilfsquellen, die es birgt, aus uns geworden?
    – Nun, Herr Clawbonny, Sie sind ja bei der Hand; Sie werden hoffentlich Alles zum Besten lenken.
    – Ich hoffe es wenigstens auch, Johnson.«
    Der Marsch ging ohne besondern Zwischenfall weiter; Bärenfleisch gab es ja genug, und so hielt man reichliche Mahlzeiten. Durch des Doctors Scherze und seine liebenswürdige Weltanschauung belebte sogar ein gewisser Humor die kleine Truppe. In seinem wissenschaftlichen Quersack fand er immer Anknüpfungspunkte, aus Dem und Jenem Belehrungen abzuleiten. Seine Gesundheit blieb immer gut; trotz aller Anstrengungen und Entbehrungen war er nicht besonders abgemagert; an der unverwüstlich guten Laune hätten ihn seine Freunde in Liverpool allemal wieder erkannt.
    Als der Sonnabend Morgen herankam, änderte sich die Natur der ungeheuern Eiswüste merklich. Uebereinander geworfene Schollen, einzelne häufigere Erhöhungen und Spitzhügel bewiesen, daß das Eisfeld hier unter den Einwirkungen anderer Elementarkräfte stand; offenbar hatte ein unbekanntes Land, vielleicht eine neue Insel, hier das Fahrwasser verengt und dadurch jenes Durcheinander erzeugt. Blöcke von Süßwassereis, die häufiger und größer sich fanden, deuteten auch auf eine nahe Küste.
    Sicher existirte in geringer Entfernung noch ungesehenes Land, und der Doctor brannte vor Begierde, die Karten der Umgebungen des Nordpols mit dessen Einzeichnung zu bereichern. Man kann sich wohl vorstellen, welches Vergnügen es gewähren muß, unerforschte Küsten aufzunehmen und mit dem Bleistifte ihre Form und Lage zu fixiren; das war, während Hatteras nur seinen Fuß auf den Pol der Erde setzen wollte, des Doctors Absicht, und mit Freude dachte er schon im Voraus an die Namen, die er den Meeren und Meerengen, den Baien und kleineren Einbuchtungen des neuen Continentes verleihen würde. Sicher würde er in diesem glorreichen Verzeichniß weder seine Gefährten, noch seine Freunde, »Ihre huldreiche Majestät« oder die königliche Familie vergessen, aber auch sich selbst wollte er nicht ganz übergehen, und bereits sah er mit einer gewissen berechtigten Befriedigung auch schon etwa ein »Cap Clawbonny« vor seinem geistigen Auge.
    Den ganzen Tag über fesselten ihn derlei Gedanken. Abends wurde das Nachtquartier in gewohnter Weise bereitet, und Alle nach der Reihe thaten ihre Wache, in der letzten Nacht vielleicht, die sie vor der Entdeckung eines neuen Continentes verbrachten.
    Am folgenden Tage, dem Sonntage, zogen die Reisenden nach einem tüchtigen Frühstück von Bärentatzen, welche vortrefflich mundeten, weiter nach Norden mit etwas Abweichung nach Westen; zwar wurde der Weg beschwerlicher, doch schritt man rasch vorwärts.
    Mit fieberhafter Anspannung beobachtete Altamont von dem Schlitten aus den Horizont. Seine Gefährten waren ebenso die Beute einer unwillkürlichen Unruhe. Die letzten Sonnenbeobachtungen hatten genau eine Breite von 83°35’ und einer Länge von 120°15’

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