Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras
zurück.
Hatteras sah ihn an, ohne ihm jedoch irgend welchen Vorwurf zu machen.
»Das ist bitter, sagte er zum Doctor.
– Ja wohl, erwiderte dieser.
– Wir haben nun gar kein Instrument, nicht einmal ein Fernrohr, aus dem wir eine Linse nehmen könnten, um uns Feuer zu machen.
– Ich weiß es, meinte der Doctor, und das ist besonders traurig, da die Sonnenstrahlen leicht hinreichen würden, um mit ihrer Hilfe Schwamm zu entzünden.
– Nun, sagte Hatteras, so werden wir unseren Hunger mit rohem Fleische stillen müssen; dann nehmen wir den Marsch wieder auf und suchen das Fahrzeug zu erreichen.
– Ja, sagte der Doctor nachdenklich, das wäre der letzte Ausweg. Aber warum? – Man könnte versuchen …
– Woran denken Sie? fragte Hatteras.
– Da kommt mir ein Gedanke …
– Ein Gedanke! rief Johnson erfreut, ein Gedanke von Ihnen! O, dann ist uns geholfen.
– Ob er ausführbar sein wird, versetzte der Doctor, ist freilich noch eine Frage.
– Was denken Sie zu thun, sagte Hatteras.
– Wir haben keine Brennlinse, nun gut, so werden wir eine machen müssen.
– Was? fragte erstaunt Johnson.
– Von einem Stück Eis, das wir zuschneiden.
– Wie? Sie glauben …?
– Warum nicht? Es kommt ja nur darauf an, die Sonnenstrahlen auf einen Punkt zu sammeln, und dazu kann uns Eis so gut dienen, wie der schönste Krystall.
– Ist das möglich? sagte Johnson.
– Gewiß; ich hätte nur gern Süßwassereis dazu, das ist durchsichtiger und härter.
– Nun, wenn ich mich nicht täusche, sagte Johnson, indem er nach einem kaum hundert Schritte entfernten Spitzhügel wies, so verräth jener dunklere Block mit grünlichem Schimmer …
– Ja wohl, Sie haben Recht; kommen Sie, Freunde, und Sie, Johnson, nehmen das Beil mit.«
Die drei Männer verfügten sich nach dem Schollenhaufen, den sie wirklich aus Süßwassereis bestehend fanden.
Der Doctor ließ ein Stück von etwa einem Fuß Durchmesser ablösen, das er erst im Groben mit dem Beil, später mit dem Eismesser bearbeitete; endlich polirte er es noch nach und nach mit Hilfe der Hand und erhielt so eine große durchsichtige Linse, die mit dem besten Krystall wetteiferte.
Dann ging er vor den Eingang des Hauses, nahm ein Stück Zündschwamm und begann sein Experiment.
Die Sonne stand in reinstem Glanze am Himmel; der Doctor hielt seine Eislinse in geeigneter Lage gegen ihre Strahlen, welche er auf dem Schwamme sammelte.
In wenigen Secunden schon fing dieser Feuer.
»Hurrah! Hurrah! rief Johnson aus der kaum seinen Augen traute. O, Herr Clawbonny! Herr Clawbonny!«
Der alte Seefahrer konnte seine Freude gar nicht zügeln; wie närrisch lief er hin und her.
Der Doctor war in’s Haus zurückgegangen; in wenigen Minuten prasselte es im Ofen und bald weckte der köstliche Geruch eines Rostbratens auch Bell aus seinem Halbschlafe.
Es versteht sich wohl, daß mit dieser Mahlzeit ein wahres Fest gefeiert wurde, doch rieth der Doctor seinen Genossen, ihre Begierde zu mäßigen, ging ihnen selbst mit gutem Beispiele voran und sprach noch beim Essen also:
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»Wir haben heute einen Glückstag und ausreichende Provision bis zu Ende der Fahrt. Dennoch dürfen wir uns nicht durch lucullische Mahle einschläfern, sondern werden gut thun, bei Zeiten wieder aufzubrechen.
– Vom Porpoise können wir nur noch gegen achtundvierzig Stunden entfernt sein, sagte Altamont, der mehr und mehr der Sprache wieder Herr
– Ich hoffe, wir finden da Etwas, um Feuer machen zu können, bemerkte lächelnd der Doctor.
– Gewiß, erwiderte der Amerikaner.
– Wenn mein Brennglas aus Eis auch ganz gut ist, so dürfte es an sonnenlosen Tagen doch den Dienst versagen, und solche Tage sind kaum sechs Grad vom Pole nicht eben selten.
– Wahrlich, seufzte Altamont, kaum sechs Grade! Mein Schiff ist soweit hinausgekommen, wie vor ihm noch kein anderes.
– Brechen wir auf! befahl Hatteras kurz.
– Ja, vorwärts!« wiederholte der Doctor, der mit unruhigem Blicke die beiden Kapitäne musterte.
Schnell hatten die Reisenden ihre Kräfte wieder gewonnen; die Hunde waren reichlich mit den Abfällen vom Bären gefüttert worden, und muthig wandte man sich wieder gen Norden.
Unterwegs versuchte der Doctor von Altamont einigen Aufschluß über den Zweck seiner Reise, die ihn soweit nach dem Pole geführt hatte, zu erhalten; doch der Amerikaner gab nur ausweichende Antworten.
»Da giebt es zwei Männer zu überwachen, sagte Clawbonny dem alten Rüstmeister
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