Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras
gab Hatteras zeitig das Zeichen zur Abreise; die Hunde wurden vor den Schlitten gespannt; wohl ernährt und ausgeruht, und nach einem sehr bequem verbrachten Winter, waren sie gewiß im Stande, für den Sommer große Dienste zu leisten. Sie ließen sich auch gar nicht bitten, ihr Reisegeschirr wieder anzulegen.
Nach Allem zu urtheilen, sind diese Grönländer Hunde sehr gute Thiere; ihre wilde Natur hatte sich nach und nach verändert; sie verloren ihre Aehnlichkeit mit dem Wolfe und wurden Duk, diesem vollendeten Beispiele aus der Hunderace, ähnlicher; mit einem Worte, sie wurden civilisirt.
Duk konnte sich gewiß einen guten Theil ihrer Erziehung zurechnen; er hatte sie gelehrt, sich gut zu vertragen, und war mit eigenem Beispiele vorangegangen; in seiner Eigenschaft als Engländer und etwas eigensinnig bezüglich der »Kunstsprache«, hatte es lange gedauert, bevor er mit diesen Hunden, »die ihm nicht vorgestellt waren«, vertraulicher wurde, und im Princip sprach er nicht mit ihnen. Da sie aber dieselben Gefahren, dieselben Entbehrungen, dasselbe Loos theilten, vertrugen sich endlich diese Thiere verschiedener Race ganz gut. Duk, der ein gutes Herz hatte, that die ersten entgegenkommenden Schritte, und das ganze vierfüßige Volk war bald eine Heerde Freunde.
Der Doctor liebkoste die Grönländer Hunde, und Duk sah es ohne Eifersucht auf seine Kameraden. In nicht weniger guten Verhältnissen befanden sich die Menschen; wenn Jene tapfer ziehen mußten, so nahmen sich diese vor, gut zu marschiren.
Bei günstiger Witterung reiste man früh um sechs Uhr ab; nachdem man den Umgebungen der Bai gefolgt war und das Cap Washington überschritten hatte, ließ Hatteras die Richtung direct nach Norden einschlagen; um sieben Uhr verloren die Reisenden im Süden den Leuchtthurmkegel und Fort Providence aus dem Gesicht.
Die Reise begann unter guten Anzeichen, jedenfalls unter weit besseren, als die im tiefen Winter zur Aufsuchung von Kohlen unternommene! Hatteras ließ damals an Bord seines Schiffes die Empörung und die Verzweiflung zurück, ohne des Zieles, dem er nachstrebte, sicher zu sein; er verließ eine vor Kälte halbtodte Mannschaft und reiste mit Begleitern, welche durch die Leiden des arktischen Winters geschwächt waren; er, der Mann des Nordens, wandte sich nach Süden zurück. Jetzt dagegen strebte er, umgeben von kräftigen Freunden, im besten Wohlbefinden, unterstützt, ermuthigt, fast gedrängt, nach dem Pol, nach diesem Zielpunkt seines ganzen Lebens. Niemals war ein Mensch näher daran gewesen, diesen für ihn und sein Vaterland hellstrahlenden Ruhm zu erwerben!
Dachte er wohl an alle diese bei den gegenwärtigen Verhältnissen so selbstverständlich erscheinenden Dinge? Der Doctor nahm es gern an, und konnte kaum daran zweifeln, wenn er Jenen so begierig sah. Der gute Clawbonny freute sich über das, was seinem Freunde offenbar Freude bereitete, und seit der Aussöhnung der beiden Kapitäne, seiner beiden Freunde, fühlte er sich als den glücklichsten der Menschen; er, dem die Empfindung des Hasses, der Mißgunst, der Rivalität so fremd war, er, das beste aller Geschöpfe! Was würde aus dieser Reise werden, welchen Erfolg versprach sie? Er wußte es nicht; indeß, sie fing gut an, das war schon viel.
Vorwärts zum Pole! (S. 433.)
Jenseit des Cap Washington verlängerte sich die westliche Küste Neu-Amerikas mittels einer Reihenfolge einzelner Baien; um diese ungeheuren Bogen zu vermeiden, wandten sich die Reisenden, nachdem sie die ersten Abhänge des Mount-Bell erstiegen hatten, gegen Norden, um die höheren Ebenen zu gewinnen. Sie kürzten dadurch den Weg ganz wesentlich ab.
Hatteras wollte, wenn nicht durch Meerengen oder Berge unvorhergesehene Hindernisse dazwischen träten, eine gerade Linie von dreihundertfünfzig Meilen vom Fort Providence bis nach dem Pole ziehen.
Die Reise ging fröhlich vorwärts; die höheren Ebenen boten einen ungeheuren weißen Teppich dar, auf welchem der Schlitten, der mit geschwefelten Kufen versehen war, ohne Mühe dahinglitt, ebenso wie die Menschen mittels der Schneeschuhe einen raschen und sichern Gang hatten.
Das Thermometer zeigte siebenunddreißig Grad (+3° hunderttheilig). Die Witterung war nicht beständig; bald war es klar, bald nebelig; aber weder Kälte noch Wirbelwinde hätten die Reisenden, welche so fest entschlossen waren, vorwärts zu dringen, aufzuhalten vermocht.
Nach dem Compaß war die Richtung leicht inne zu halten; die
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