Reisestipendien
an eine menschenleere Küste Afrikas geworfen und Monate, vielleicht Jahre lang verlassen. Er gedachte seiner Gattin, die, in dem Glauben, Witwe geworden zu sein, um ihn gewiß lange trauern und weinen würde… Ja, solche peinigende Gedanken stiegen in ihm auf, und weder bei Horaz noch bei Virgil fand er einen Trostspruch für seinen Schmerz. Er dachte sogar gar nicht mehr daran, Tony Renaults merkwürdiges lateinisches Citat zu übersetzen.
Am Vormittag trat keine Änderung der Windrichtung ein. Zu Mittag entschloß sich Will Mitz, wieder zu lavieren. Da der Seegang jetzt aber stärker war, konnte der »Alert« nicht durch einfaches Halsen wenden, sondern mußte dazu über Stag segeln.
Als das Manöver endlich gelungen war, legte sich Will Mitz, von der Anstrengung übermannt, auf dem Hinterkastell nahe dem Kompaßhäuschen nieder, während Louis Clodion das Steuer führte.
Kaum hatte er eine Stunde geschlafen, als er durch Rufe vom Vorderdeck her, wo Roger Hinsdale und Axel Wickborn auf Ausguck standen, schon wieder geweckt wurde.
»Ein Schiff!… Ein Schiff in Sicht!« wiederholte der junge Däne, während er die Hand nach Osten ausstreckte.
Wirklich zeigte sich auf dieser Seite ein Schiff, das den gleichen Kurs wie der »Alert« einhielt. Es war ein Dampfer, von dem man vorläufig nur den Rauch sah. Er fuhr sehr schnell und bald erhob sich auch sein Rumpf über den Horizont. Aus seinen beiden Schornsteinen wirbelten dicke, schwarze Wolken, er mochte also sehr scharfe Feuer haben.
Die Aufregung unter den jungen Leuten bei der Annäherung dieses Schiffes kann man sich wohl leicht vorstellen. Vielleicht wurde dadurch das Ende einer Lage herbeigeführt, die sich durch die Andauer widriger Winde schon ernstlich verschlimmert hatte.
Alle Fernrohre richteten sich auf den Dampfer, dessen Bewegungen keiner aus dem Auge ließ.
Will Mitz achtete vorzüglich auf die Richtung, der er nach Westen hin folgte. Er überzeugte sich dabei aber, daß jener, wenn er seinen Kurs beibehielt, den des »Alert« nicht kreuzen und wenigstens in der Entfernung von vier Seemeilen an ihm vorüberfahren würde. Er beschloß deshalb sich treiben zu lassen, um dem Schiffe so nahe zu kommen, daß seine Signale bemerkt werden könnten. Man braßte also die Raaen der beiden Marssegel und des Focksegels, ließ auch die Schoten des Briggsegels und der Klüversegel nach, und der »Alert« drehte danach um mehrere Viertel in den Wind.
Nun ging es an die gefährliche Arbeit. (S. 373.)
Eine halbe Stunde später war der Dampfer noch drei Meilen entfernt. Nach dessen Form und Größe mußte es ein französisches oder englisches transatlantisches Paketschiff sein. Luvte es jetzt nicht weiter an, so müßten die beiden Fahrzeuge bald miteinander in Verbindung treten können.
Auf Anordnung des jungen Seemanns hißte Tony Renault am Fockmaste die blau und weiße Lotsenflagge, und gleichzeitig stieg an der Gaffel des Besanmastes die britische Flagge empor.
Eine Viertelstunde verging. Der »Alert«, der jetzt Rückenwind hatte, konnte nichts weiter tun, sich noch mehr dem Dampfer zu nähern, der von ihm immer drei Meilen im Norden entfernt blieb. Da sie auf ihre Signale keine Antwort erhalten hatten, holten Roger Hinsdale und Louis Clodion zwei Gewehre aus der Kajüte und gaben mehrere Schüsse ab. Da der Wind nach dem Dampfer zu stand, konnten sie auf diesem vielleicht gehört werden.
Harry Markel, John Carpenter und die übrigen hatten ohne Zweifel erraten, was da vorging, der Dreimaster hatte seinen Kurs gewechselt und rollte mehr als vorher, wo er scharf am Winde segelte. Dann krachten an Bord auch noch mehrere Gewehrschüsse.
Jedenfalls war also ein Schiff in Sicht, mit dem der »Alert« sprechen wollte.
Da sie sich nun verloren glaubten, verdoppelten die Gefangenen ihre Bemühungen, aus dem Frachtraum zu entkommen, und donnerten mit aller Gewalt an die Wände des Volkslogis und an die Deckluken. Dabei brüllten sie vor Wut. Übrigens hätte Will Mitz dem ersten, der etwa sichtbar wurde, gleich eine Kugel in den Kopf gejagt.
Leider nahm der so froh begrüßte Zwischenfall für den »Alert« ein klägliches Ende. Auf dem Dampfer hatte man weder die Signale gesehen, noch die Schüsse gehört. Eine halbe Stunde später lag dieser schon fünf bis sechs Meilen weit entfernt und verschwand dann bald unter dem Horizonte.
Will Mitz ließ wieder gegen den Wind anlaufen und aufs neue einen Schlag nach Südwesten machen.
Den ganzen
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