Reisestipendien
die üble Lage, in die Will Mitz kommen könnte; dieser war ja nur ein erfahrener und tatkräftiger Matrose, doch außer Stande, ein hinreichend genaues Besteck zu machen. Wurde die Lage kritisch, trieben westliche Winde den »Alert« aufs hohe Meer hinaus, drohte ein Sturm diesen zu entmasten oder völlig zu zerstören, so würde sich – meinte er – Will Mitz wohl genötigt sehen. Markel und dessen Leute um Hilfe anzugehen, und dann…
»Was halten Sie vom Wetter, Will?« (S. 363.)
Doch nein… nimmermehr! Will Mitz hoffte, mit Hilfe der jungen Passagiere in jedem Falle auszukommen. Er wollte nur so viele Segel führen, daß sie leicht geborgen werden könnten, selbst wenn das die Fahrt des »Alert« etwas verlangsamte. Nein, eher zu Grunde gehen, als die Unterstützung jener Elenden anrufen, als wieder in ihre Hände fallen!
Soweit war man jedoch noch nicht, und was verlangte denn Will Mitz? Sechsunddreißig, höchstens achtundvierzig Stunden einen mäßigen Ostwind mit halbwegs ruhigem Meere. War das zuviel gehofft in einer Gegend, wo doch gewöhnlich ein Passatwind herrscht?
Es war jetzt gegen acht Uhr. Beim Überwachen der Treppenkappe und der beiden Luken hörte man die Mannschaft im Frachtraume hin-und hergehen und ihrer Wut in greulichen Flüchen und abscheulichen Verwünschungen Luft machen. Von den zur Ohnmacht verurteilten Burschen war indes nichts mehr zu fürchten.
Tony Renault schlug nun vor, endlich zu frühstücken. Nach der Anstrengung und Aufregung der vergangenen Nacht machte sich der Hunger mahnend fühlbar. Alles Nötige lieferten die Vorräte der Kambüse: Zwieback, konserviertes Fleisch und Eier, die der junge Mann in der Küche wo er alle Kochgeräte und dergleichen vorfand hart sott. Der Kambüse entnahm man auch etwas Whisky und Gin, die dem Süßwasser aus den Fässern in geringer Menge zugesetzt wurden. Durch dieses erste Frühstück gewannen alle Teilnehmer wieder neue Kräfte.
Auch Patterson hatte sich nicht davon ausgeschlossen; trotz seiner gewohnten Redseligkeit kamen ihm jetzt jedoch nur wenige Worte über die Lippen. Er begriff wohl vollständig den Ernst der gegenwärtigen Sachlage und die Gefahren des Meeres erschienen ihm jetzt in ihrer ganzen erdrückenden Schwere.
Gegen halb neun Uhr schien etwas Wind aufkommen zu wollen, und glücklicherweise ein solcher aus Osten. Auf dem Wasser zeigten sich lange Streifen kleiner Wellen, zwei Meilen von Backbord aber war zuweilen schon weißlicher Schaum zu sehen. Übrigens war alles ringsum öde und leer… kein Schiff zu sehen, soweit der Blick reichte.
Will Mitz entschloß sich nun abzufahren. Die Bram-und Oberbramsegel, die bei starkem Winde gleich geborgen werden mußten, wollte er gar nicht führen.
Das große und das kleine Marssegel, das Fock-, das Brigg-und die Klüversegel würden ja hinreichen, schnell genug vorwärts zu kommen. Da alle diese Segel nur loszubinden, zu halfen und richtig einzustellen waren, mußte der »Alert« bald in westlicher Richtung davongleiten.
Will Mitz rief die jungen Leute zusammen. Er erklärte ihnen, was er von ihnen erwartete und wies jedem seinen Posten an.
Nachdem er Louis Clodion gesagt hatte, wie er das Steuer halten sollte, erstieg er die Marsen mit Tony Renault und Magnus Anders, die darin mehr geübt waren als ihre Kameraden.
»O… das macht sich!… Die Sache macht sich! rief Tony Renault mit der bei seinem Alter so natürlichen Vertrauensseligkeit, die ihn zu allem fähig zu machen schien.
– Ich hoffe es… mit Gottes Hilfe!« sagte Will Mitz.
Binnen einer Viertelstunde war der Dreimaster segelfertig und leicht geneigt glitt er dahin und ließ einen langen Streifen weißen Kielwassers hinter sich.
Bis ein Uhr wehte der Wind als leichte Brise, doch nicht ohne Unterbrechungen, die Will Mitz einige Unruhe verursachten. Im Westen türmten sich auch dicke, graublaue Wolken mit scharfem Rande auf, ein Beweis für den gewitterhaften Zustand der Atmosphäre.
»Was halten Sie vom Wetter, Will? fragte Roger Hinsdale.
– Es ist nicht ganz so, wie ich wünschte. Wir haben wahrscheinlich ein Gewitter oder mindestens starken Wind zu erwarten.
– Und wenn er von dieser Seite kommt?
– Ja, mein junger Freund, antwortete Will Mitz, wir haben einfach hinzunehmen, was uns beschert wird. Wir werden, bis der Passat wieder durchbricht, mehrfach kreuzen müssen, und wenn es nicht allzuhart weht, wird die Sache gut ablaufen. Das wichtigste für uns bleibt es nach wie vor, in
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