Reisestipendien
Rasse gibt es nur noch wenige Vertreter auf Martinique und auf Sankt-Vincent. Auf Dominica, wo sie nicht so schonungslos verfolgt wurden, leben heute etwa noch dreißig karaïbische Familien.
Der Kratersee auf dem Mont Pelée.
Hatten sich die Europäer aber auch verschworen, die Karaïben zu vernichten, so verschmähten sie es doch nicht, sich ihrer in ihren gegenseitigen Streitigkeiten zu bedienen. Wiederholt benutzten die Engländer und die Franzosen sie als furchtbare Hilfstruppen, wozu ihre Kampflust sie besonders geeignet machte, obwohl die Europäer entschlossen waren, die Rasse später zu vertilgen.
Seit den ersten Zeiten der Besitznahme hatte Dominica aber genügende koloniale Wichtigkeit, die Eifersucht der Mächte zu erregen und auch Flibustier anzulocken.
Nach den Franzosen, die hier die ersten Ansiedlungen gegründet hatten, kam die Insel erst in die Gewalt der Engländer und dann in die der Holländer. Es war also recht wohl möglich, daß Roger Hinsdale, John Howard, Hubert Perkins, Louis Clodion, Tony Renault und Albertus Leuwen alle hier Vorfahren gehabt hätten, die vor zwei oder drei Jahrhunderten vielleicht… einander getötet hatten.
Infolge des 1745 zwischen England und Frankreich ausgebrochenen Krieges ging Dominica in die Hände Englands über. Vergeblich protestierte die französische Regierung dagegen mit aller Energie und verlangte die Rückgabe dieser Kolonie, für die schon so viele Menschenleben und Kosten geopfert worden waren. Die Regierung erlangte das auch nicht bei dem Friedensschlusse in Paris im Jahre 1763… Dominica blieb zunächst unter der britischen Flagge.
Frankreich konnte das aber nicht hinnehmen, ohne eine Revanche wenigstens zu versuchen. Im Jahre 1778 zog der Marquis de Bouillé, der Statthalter von Martinique, mit einem Geschwader kleinerer Schiffe zur Wiedereroberung der Kolonie aus. Er bemächtigte sich bald der Ville-des-Roseaux und behielt diese auch bis 1783 in seiner Gewalt. Dann erschienen aber die Engländer mit großer Übermacht auf dem Plane, und Dominica kam aufs neue und endgültig unter die Oberhoheit Britanniens.
Natürlich dachten die jungen englischen, holländischen und französischen Preisträger vom »Alert« nicht im entferntesten daran, die alten Streitigkeiten zu erneuern und jeder für sein Vaterland den Sitz der Insel zu beanspruchen. Horatio Patterson, ein Mann mit hoher Achtung für erworbene Rechte, brauchte also nicht als Vermittler in einer Frage dieser Art aufzutreten, einer Frage, die ja sogar das europäische Gleichgewicht zu erschüttern gedroht hätte.
Schon seit sechs Jahren wohnte jetzt die Familie John Howards nach ihrem Wegzuge aus Portsmouth (auf Dominica) in Manchester, in der Grafschaft Lancaster.
Der junge Mann erinnerte sich seiner Heimatinsel aber noch ziemlich deutlich; war er doch schon zwölf Jahre alt gewesen, als seine Eltern aus der Kolonie auswanderten, ohne ein einziges Familienmitglied da zurückzulassen. John Howard fand hier also weder einen Bruder wieder, wie Niels Harboe auf Sankt-Thomas, noch einen Onkel, wie Louis Clodion auf Guadeloupe. Vielleicht begegnete er aber doch einem Freunde seiner Familie, der sich ein Vergnügen daraus machte, den Zöglingen der Antilian School einen freundlichen Empfang zu bereiten.
Fand John Howard jedoch einen solchen nicht und auch keine Personen, die mit seinem Vater in Geschäftsverbindung gestanden hatten, so hatte er sich beim Eintreffen in Portsmouth doch vorgenommen, wenigstens einen Besuch abzustatten, der ihm sehr am Herzen lag, wenn es sich dabei auch nicht um eine so herzliche Aufnahme, wie die bei Christian Harboe auf Sankt-Thomas oder um eine so schrankenlose Gastfreundlichkeit handeln kannte, wie die, die die jungen Reisenden bei Harry Barrand auf Guadeloupe gefunden hatten. John Howard und seine Kameraden würden voraussichtlich aber doch von so manchen braven Leuten gut aufgenommen werden.
Mit ihrem Ehemann lebte hier in Portsmouth nämlich noch eine alte Negerin die früher im Dienste der Familie Howard gestanden hatte und deren bescheidene Existenz durch die Freigebigkeit ihrer einstigen Herrschaft gesichert war.
Wie erfreut, ja mehr als erfreut, wie tief gerührt würde diese sein, wenn sie jetzt den schmucken Jüngling wieder sah den sie vor langen Jahren als Kind auf den Armen getragen hatte! Ja, das war bei Kate Grindah vorauszusehen. Weder sie noch ihr Mann erwarteten einen solchen Besuch. Beide wußten ja nichts davon, daß der
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